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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
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einem solchen Mann die Stirn bieten zu kön-
    nen?
    Er schluckte mühsam.
    »Sie langweilt sich nicht nur, Monsieur Sirchos«, ver-
    besserte er leise. »Sie wird neurasthenisch.«
    Mit einem Mal gab sich Sirchos interessierter, beugte
    sich leicht nach vorn und stützte sich mit den Ellbogen
    auf der Schreibtischplatte ab.
    »Ist das nicht bei den meisten Genesenden der Fall?«
    Russel schüttelte den Kopf.
    »Nein«, entgegnete er. »Neurasthenie ist eine Krank-
    heit für sich. Und bei Ihrer Frau häufen sich die Sym-
    ptome dieser Krankheit.«
    Sirchos schien sich zu entspannen und lehnte sich in
    seinem Sessel zurück.
    »Sehen Sie, Doktor Russel, Pamela ist eine Frau, die
    es gewohnt war, intensiv zu leben, von Fotografen um-
    geben zu sein, sich auf prächtigen Cocktailpartys zu
    amüsieren und von männlichen Bewunderern um-
    schwärmt zu werden. Ich glaube ganz einfach, daß
    sie ...«
    »Es handelt sich keineswegs um eine bloße Laune Ih-
    rer Frau«, erwiderte Russel. »Wegen einer solchen Lap-
    palie hätte ich mich nicht an Sie gewandt! Pamela ...«
    Sogleich bereute er es, ihren Vornamen genannt zu
    haben.
    » . . . Pamela leidet an einer Störung des Nervensy-
    stems. Schlaf- oder Beruhigungsmittel können absolut
    nicht dagegen helfen. Wie in den meisten Fällen tau-
    chen erst einmal somatische Störungen auf. Sie klagt
    über Schmerzen, in erster Linie natürlich über Herzbe-
    schwerden.«
    Sirchos begann nervös mit den Fingern gegen die
    Schreibtischkante zu trommeln, so als wollte er schnell
    zum Ende ihrer Unterredung kommen.
    »Hatten wir nicht vereinbart, daß Sie bei Komplika-
    tionen Doktor Zorski zu Rate ziehen sollten?« murmelte
    er wie beiläufig.
    Russel räusperte sich verlegen. Sein Mund war völlig
    ausgetrocknet, und er fühlte sich immer unwohler in
    seiner Haut.
    »Ihre Frau braucht einen Psychotherapeuten, keinen
    Chirurgen«, sagte Russel. »Außerdem möchte ich Sie
    darauf hinweisen, daß Pamela die Absicht hat, ihren
    Geburtstag mit einem großen Fest zu feiern. In zwei
    Wochen ...«
    Sirchos lächelte spöttisch.
    »Ich danke Ihnen, daß Sie mich an den Geburtstag
    meiner Frau erinnern«, knurrte er.
    »Sie will alle ihre Freunde zu diesem Fest einladen«,
    fügte Russel hinzu, »eine große Party geben. Meiner
    Meinung nach ist das eine großartige Idee, vorausge-
    setzt natürlich, Pamela bleibt vernünftig.«
    »Vernünftig?« schrie Sirchos mit wütendem Blick.
    »Kennen Sie die Leute, die wie Parasiten um meine Frau
    kreisen, Doktor Russel? Diese berühmten Hollywood-
    stars? Diese zwielichtigen, mit Kokain und Tequila voll-
    gestopften Wracks, diese unkultivierten Gigolos und
    diese alten brünstigen Playboys ... Ich hasse Künstler,
    Russel, und ich haßte den Beruf meiner Frau. Ich habe
    sie absichtlich von der Westküste weggeholt, um sie von
    diesen Leuten fernzuhalten, und nun bitten Sie mich, all
    diese Leute hierher einzuladen?«
    Er legte beide Hände flach auf den Schreibtisch.
    »Diese Leute sind es, die ihr Herz kaputtgemacht ha-
    ben, begreifen Sie das immer noch nicht?« brüllte er.
    »Aber seien Sie unbesorgt, Pamela wird sie schnell wie-
    der vergessen.«
    Russel war eher vom Gegenteil überzeugt. Aber was
    Sirchos' Motive anging, so begann er, deren Umrisse
    allmählich zu erkennen. Pamelas Krankheit war für ihn
    der willkommene Vorwand, seine Frau in einen Käfig
    einzusperren.
    Der Milliardär schaute kurz auf seine Armbanduhr.
    »Ist das alles, was Sie mir zu sagen haben, Doktor
    Russel?«
    Sichtlich enttäuscht nickte der Arzt mit dem Kopf.
    »Sind diese somatischen Störungen, von denen Sie
    vorhin sprachen, wirklich gefährlich für Pamelas Ge-
    sundheit?«
    Russel zuckte mit den Schultern.
    »Alle Neurasthenien können Symptome von Tetanie
    und Tachykardie aufweisen«, murmelte er. »Aber im
    Moment sind Herzrhythmus und Blutkreislauf völlig
    normal.«
    Seltsamerweise hielt Russel es nicht mehr für nötig zu
    kämpfen. Er fühlte sich völlig leer, erschüttert, voll-
    kommen kraftlos. Am Ende hatte er nur mehr einen
    einzigen Wunsch: diesen Mann und diese krankhafte
    Faszination loszuwerden, die er für ihn empfand.
    »Ich werde Ihnen den besten Psychiater in die Villa
    schicken«, sagte Sirchos und erhob sich. »Und sagen Sie
    Pamela, daß ich ihren Geburtstag nicht vergessen und
    mir eine Überraschung für sie ausgedacht habe.«
    Damit war die Unterredung beendet. Russel reichte
    dem Milliardär zögernd die Hand und ging die

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