Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
Vom Netzwerk:
Amra meint, sie wird nichts sagen. Und vielleicht verschafft sie uns sogar zusätzliche Zeit, indem sie früh aufsteht und mit ›Amra‹ … vielleicht in die Frühmesse geht.«
    »Gut durchdacht«, musste Magnus zugeben. »Aber wie könnt Ihr wissen, dass die Herzogin Amra nicht morgen schon wegschickt?«
    Melisande zuckte die Schultern. »Das können wir nicht wissen«, gab sie zu. Hier lag der Schwachpunkt ihres Plans. »Nur annehmen. So schnell lässt sich solch eine Abreise ja kaum organisieren, und bislang ist nicht mal ein Kloster gefunden. Es kann sein, dass es sich noch Tage hinzieht. Aber natürlich ist es auch möglich, dass morgen schon eine Eskorte bereitsteht. Ihr werdet einfach mal ein bisschen Glück brauchen, Herr Magnus. Es … es liegt alles in Gottes Hand …«
    Magnus lächelte grimmig. »Dann hoffen wir mal«, meinte er schließlich, »dass der Allmächtige den Raub einer ihm versprochenen Frau nicht gar so übel nimmt wie unser Herr Heinrich …«
    Am nächsten Morgen, nach einer unruhigen Nacht neben der schnarchenden Frau Aveline und Mariana, die sich schlaflos und immer wieder seufzend hin- und herwälzte, stand Amra zunächst eine neue Demütigung bevor. Wieder einmal prüfte eine Hebamme ihre Jungfräulichkeit, diesmal eine noch recht junge, die dabei vor Verlegenheit kaum wusste, wo sie hinschauen sollte. Sie war gewöhnlich nur in der Stadt tätig – auf der Burg hatte man schließlich seit Jahren keine Hebamme mehr gebraucht – und fühlte sich nun von der Pracht der Räume, der edlen Kleidung der Frauen und dem hohen Rang der Frau, die sie hier zu untersuchen hatte, wie erschlagen. Bei Amra entschuldigte sie sich unzählige Male, bevor sie unsicher und mit eiskalten Fingern nach ihrer Scham tastete.
    »Ihr könnt es mir auch einfach glauben«, meinte Amra beim Anblick der Röte im Gesicht der jungen Frau.
    Die schüttelte nur entschlossen den Kopf. Wahrscheinlich fürchtete sie, dass es sie denselben kosten könnte, wenn Amra log. Schließlich kam sie dann aber aufatmend zum gewünschten Ergebnis.
    »Ihr seid tatsächlich unberührt«, meinte sie. »Das wird Euren künftigen Gatten freuen.«
    Amra seufzte. »Ich bezweifle, dass der sich darum sorgen würde«, murmelte sie dann.
    Inzwischen hatte sie gelernt, dass eine Klosterfrau sich als Braut Christi zu betrachten hatte. Der Gedanke schien ihr aber widersinnig. Zwar hatte man auch auf Rujana jungfräuliche Priesterinnen gekannt, die waren jedoch stets Dienerinnen von Göttinnen gewesen. Warum man sich für einen männlichen Gott aufsparen sollte, ging Amra nicht ein.
    Sie verbrachte dann einen weiteren Tag frierend in ihrer Kemenate, sorglich bewacht von Frau Aveline.
    »Damit sich an dem erfreulichen, wenn auch eher unerwarteten Ergebnis der Untersuchung nicht noch etwas ändert«, erklärte die alte Hofdame spitz.
    Sie schien es Amra persönlich übel zu nehmen, dass sie sich ihrer Aufsicht entzogen hatte. Dabei war sie Amra sonst nie derart unnachsichtig erschienen. Wahrscheinlich hatten der Herzog und die Herzogin die Anstandsdame streng getadelt.
    Gegen Abend erfuhr Amra dann ihr Urteil, überbracht von Mariana. »Wir brechen morgen auf«, sagte die alte Edelfrau und wirkte dabei nicht halb so deprimiert wie noch am Tag zuvor. »Man schickt dich in ein Benediktinerinnenstift im Herzogtum Bayern.«
    »Das ist Eure Heimat, nicht wahr?«, fragte Amra. »Aber warum brechen ›wir‹ auf?«
    »Ich begleite dich«, erklärte Mariana. »Auf Wunsch des Herzogs sollst du nicht allein mit einer Eskorte von Rittern und Priestern reiten, über deine Unschuld muss gewacht werden. Und ich … nun, es ist ein sehr schönes Land.« Mariana lächelte. »Sehr grün, sehr gebirgig, du wirst die Alpen sehen, ihre schneebedeckten Gipfel … ich habe sie nie vergessen können.«
    »Ihr freut Euch wirklich«, wunderte sich Amra. »Obwohl das doch auch für Euch bedeutet, den Rest Eures Lebens eingesperrt zu werden.«
    Mariana zuckte die Schultern. »Ich bin alt, Kind. Und ich bin glücklich, dass Gott mich zurück in die Gemeinschaft von Christen geholt hat, nach all den Jahren im Schatten des blutigen Schreins eines Götzen. Es hat für mich keinen Schrecken, meine letzten Jahre hinter Klostermauern zu verbringen.« Sie lächelte wieder. »Höchstens das Reiten und die Falkenjagd werde ich vermissen. Aber ganz sicher nicht die Hofintrigen und das ständige Gekicher der Mädchen.«
    Amra seufzte. Es wurde jetzt wohl Zeit, Mariana in den Plan

Weitere Kostenlose Bücher