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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Ankunft ja kaum erwarten.«
    Relana öffnete eine Tür, die in ein abgeschlossenes Schlaf- und ein Wohngemach führte. Amra sollte die Räumlichkeiten wohl mit Niklot teilen, der Gedanke, dass ihr künftiger Gemahl sie für sie vorbereitet hatte, tröstete sie. Vielleicht brachte er ihr ja wirklich zärtliche Gefühle entgegen, wo auch immer er sie schon einmal gesehen hatte.
    Sehr persönlich wirkte die Einrichtung nicht, aber es gab einen Tisch und Sitzgelegenheiten, Truhen und ein Lesepult, auf dem bereits eine Bibel auf Amra wartete. Das Bett war mit Fellen und weichen Kissen ausgestattet. Frieren musste sie also nicht, auch wenn die Tücher, die man vor die Fenster gehängt hatte, die Winterkälte sicher nur ungenügend abhielten. Eine Dienstmagd war eben dabei, den Kamin anzuheizen, und lächelte, als Wuff sich sofort auf dem Fell davor niederlegte, zufrieden, den wilden Spielen der Knaben entkommen zu sein. Zwei andere Mägde füllten den schon bereitgestellten Badezuber mit warmem Wasser. Amra bemerkte glücklich, dass es duftende Seife gab, Rosenblätter schwammen auf dem Wasser. Die Tür wurde erneut geöffnet, und eine Dienerin brachte einen Krug Wein. Relana mochte mit ihren Kindern überfordert sein, sie war jedoch eine gute Gastgeberin.
    Amra konnte jedoch nicht lange entspannen. Als sie sich eben auskleiden wollte, stürzte eine Magd ins Zimmer. Ihre Wangen waren vor Aufregung gerötet.
    »Fürstin«, wandte sie sich gleich an Relana, »der Herr Niklot hat mich aufgehalten. Er möchte seine zukünftige Gattin unbedingt sehen. Ich hab ihm gesagt, das ginge nicht, sie müsse erst ein Bad nehmen und dann … Aber er wurde sehr ungehalten. Jetzt spricht er mit Eurem Gatten.«
    Fürstin Relana rang die Hände. »Was machen wir denn da bloß? Er kann doch nicht … er kann doch nicht vor der Hochzeit in ihre Kemenate kommen, das wäre nicht schicklich … Wenn er nur nicht … Ich weiß gar nicht, was da zu tun ist.«
    Amra wunderte sich. Sie schwankte zwischen Neugier auf ihren angehenden Gatten, Unwillen und Müdigkeit. Ganz sicher wollte sie Niklot nicht gegenübertreten, bevor sie sich gesäubert und umgezogen hatte. Danach dürfte es nicht zu aufwendig für Relana sein, nach höfischer Sitte ein abendliches Bankett zu arrangieren, zu dem auch die Frauen geladen waren. Vielleicht war das auf dieser Burg bislang nicht üblich, doch Pribislav würde an diesem Tag sicher eine Ausnahme machen. Man konnte Amra ganz selbstverständlich und zwanglos am Tisch der Fürsten platzieren, sie konnte mit Niklot Artigkeiten tauschen und den Teller teilen. Unter einander Versprochenen war das durchaus üblich und gesellschaftlich anerkannt. Relana schien auf diese Idee jedoch nicht zu kommen. Sie wirkte eingeschüchtert und ängstlich. Ganz sicher mangelte es ihr an höfischer Erziehung. Vor ihrer Christianisierung hatten die Slawen schließlich kaum Kontakte zu größeren Höfen gehabt. Auch Königin Libussa auf Rujana hatte nicht einmal lesen und schreiben können.
    »Bestellt dem Herrn, ich werde mich jetzt erst einmal frisch machen«, ergriff Amra die Initiative. Sie wollte nicht selbst ein Bankett vorschlagen, Relana sollte nicht denken, sie wolle die Herrschaft über die Burg an sich reißen. Aber sie musste den ungeduldigen Fürsten beschwichtigen. »Danach wird die Fürstin Relana vielleicht ein Treffen in höfisch angemessenem Rahmen einrichten. Vorerst möge sich der Herr in Geduld fassen. Die hohe Minne fordert Langmut und Hingabe. Überschwang löscht die Glut, statt sie zu entfachen.«
    Die Fürstin und die Magd starrten sie gleichermaßen verblüfft an.
    »Dann … dann sag ihm das mal«, beschied Relana die Magd, die sich daraufhin rasch entfernte.
    Die Dienerin half Amra beim Ablegen ihrer Kleidung und legte ein Tuch zum Trocknen bereit. Der Zuber war nun ausreichend gefüllt, das dampfende Wasser duftete einladend. Amra atmete auf, als sie hineinglitt. Wenn man ihr ein bisschen Zeit gab, würde sie gefasst genug sein, um ihrem künftigen Gatten gegenüberzutreten. Und sie würde schön für ihn sein. Sie schloss die Augen und schäumte ihr Haar mit Seife ein.
    Eine lange Zeit der Ruhe und Schönheitspflege sollte ihr allerdings nicht vergönnt sein. Als sie eben ihr Haar ausspülte, hörte sie Stimmen und die Tritte schwerer Stiefel auf dem Wehrgang vor den Kemenaten.
    »Was soll das höfische Gerede? Gehört sie mir nun oder nicht, Relana?«
    Amra hörte eine Frauenstimme zaghaft etwas erwidern, dann

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