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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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und Heribert dankte dem Himmel erneut für Amras Bescheidenheit. Viele junge Frauen hätten schon den langen Ritt allein mit den Rittern abgelehnt – dies hatte auch die Äbtissin in Walsrode bemängelt, und erst recht Frau Greta. Allerdings fand sich auf der Horeburg keine Frau, die bereit gewesen wäre, Amra als Anstandsdame oder als Zofe nach Mikelenburg zu begleiten. Frau Greta wurde nicht müde, darüber zu lamentieren.
    »Ich vertraue fest auf die ritterlichen Tugenden des Herrn Heribert und seiner Leute«, erklärte Amra dagegen gelassen. Sie vertraute auch auf die Macht Heinrichs des Löwen. Kein Ritter würde es wagen, einer Frau zu nahe zu treten, die der Herzog verheiraten wollte.
    So gelangte sie denn auch unbeschadet nach Mikelenburg, lediglich ihre Glieder schmerzten nach dem tagelangen Ritt und den Nächten in den Zelten auf hartem Waldboden. Sie lechzte nach einem Bad und sauberen Kleidern – während der Reise hatte sie ihre Sachen nicht wechseln können, und die Frühlingskälte war einem Wärmeeinbruch gewichen. Amra war völlig verschwitzt. Sie hoffte nur, dass die Residenz der Slawenfürsten ein Badehaus hatte …
    Als die Wälle der Mikelenburg dann vor ihr aufragten, war Amra jedoch überrascht, welch warme Gefühle der Anblick der slawischen Burg in ihr wachrief. Sie war so sehr an die trutzigen Steinburgen in Sachsen gewöhnt, dass sie verblüfft auf die hölzernen Palisaden blickte, die ihr künftiges Zuhause umgaben. Genau wie Arkona schützte sich Mikelenburg durch Erdwälle und hölzerne Befestigungen. Die ganze Stadt – die um die Burg entstandene Ortschaft war kaum noch ein Dorf zu nennen – bestand aus Holzhäusern, die entlang unbefestigter Straßen lagen. Das mochte weniger bequem sein als die Steinhäuser in Städten wie Lübeck oder Braunschweig, aber es wirkte vertrauter. Die alten Götter und Geister hatten hier in Harmonie mit den Menschen gelebt, und sicher glaubten die Bewohner von Mikelenburg auch noch an Feen, Elfen und Waldgeister. Allerdings beherrschte bereits ein Kirchturm die Siedlung, und auch innerhalb der Burg gab es zweifellos Kapellen. Die Anlage war vor wenigen Jahrzehnten zerstört und dann wieder aufgebaut worden, und so hoffte Amra auch auf Kemenaten, die mehr Bequemlichkeit boten als die primitiven Frauengemächer auf Arkona.
    »Ihr werdet in dieser Kirche heiraten«, erklärte Herr Heribert Amra, als sie, bestaunt von den Bewohnern der Siedlung, durch die Straßen zur Burg ritten. »Der Bischof von Mikelenburg wird Euch einsegnen – eine wahrhaft christliche Eheschließung nach ganz neuem Ritus.«
    Amra nickte. Sie hatte einer solchen Zeremonie ja schon bei der Hochzeit von Heinrich und Mathilde beigewohnt. Es war allerdings immer noch üblich, dass sich adlige Hochzeiter zunächst im Beisein der Ritter Eide schworen und Ringe tauschten. Erst am darauffolgenden Tag ließen sich die Brautleute von der Kirche segnen. Amra betrachtete die Eheschließung jedoch nur als eine mehr als lästige Pflicht, um dem Kloster zu entgehen, und wenn es nicht Magnus sein konnte, dann war es ihr gleich, mit wem und nach welchem Ritus sie sich binden sollte. Ihr zukünftiges Leben würde ähnlich dem der Königin Libussa auf Arkona sein: bequem, aber langweilig, mit einem Gatten, der sie nur selten belästigte. Sie war dafür gern bereit, seine Konkubinen zu dulden. Amra hielt es für unwahrscheinlich, sich ausreichend in ihren Gatten verlieben zu können, um Neid zu empfinden.
    Auch das Innere der Mikelenburg glich Arkona, nur dass es hier natürlich keine Tempelanlagen gab. Dafür einen großen Hof, es wimmelte von Rittern und Pferden, die Übungsplätze und Ställe bevölkerten. Die Fürsten von Mikelenburg waren zweifellos streitbar. Vielleicht hatte Heribert ja sogar Recht, und Niklot war ein stattlicher, durch ritterlichen Kampf gestählter Mann. Was die Sitten anging, so hatten sich Pribislav und Niklot denen der Sachsen und Dänen so weit angepasst, dass auch hier ein Mundschenk bereitstand, der Neuankömmlingen einen Begrüßungsschluck zu reichen und auch sonst für ein angemessenes Willkommen auf der Burg zu sorgen hatte.
    Der mit diesem Hofamt betraute Mann musterte Amra unverhohlen, die Lüsternheit in seinem Blick war kaum zu übersehen. Amra senkte verschämt den Blick. Es wäre besser gewesen, sich zu verschleiern, aber jetzt war es zu spät.
    »Meiner Seel, der Herr Niklot hat nicht übertrieben!«, raunte der Mundschenk einem Knappen zu, dem er eben den

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