Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
Vom Netzwerk:
Mindestanforderungen an die Instandhaltung ihrer Verkehrswege: Die Fernstraßen mussten so breit sein, dass ein Reiter mit quer über den Sattel gelegter Lanze darüberreiten konnte. Der von zwei Maultieren gezogene Karren verkeilte sich immer wieder zwischen den Bäumen, was die Reise erschwerte. Außerdem gefielen Magnus die begehrlichen Blicke nicht, mit denen Vaclav die Truhen musterte. Auf dem Schiff hatte er ihn sogar einmal dabei erwischt, als er sie öffnete und neugierig hineinspähte. Magnus hegte den Verdacht, dass der slawische Ritter sich gern ein wenig bereichert hätte.
    Er hatte dem Gespräch zwischen Vaclav und seinen Männern entnommen, dass die Ranen nicht planten, nach der Hochzeit auf der Mikelenburg nach Roskilde zurückzukehren. Vaclav zog es zurück nach Rujana, wo Fürst Tetzlav inzwischen verstorben war. Die Herrschaft über die Insel war auf dessen Bruder Jaromar übergegangen, und der hatte wohl einst gemeinsam mit Vaclav die Schwertleite gefeiert. Wahrscheinlich erhoffte sich Vaclav nun von ihm ein Lehen in seiner Heimat, und eine wohlgefüllte Börse hätte ihm sicher weitere Türen geöffnet.
    Diese Suppe gedachte Magnus ihm allerdings zu versalzen. Der junge Ritter gruppierte des Nachts die Zelte seiner eigenen Männer unauffällig um den Karren mit den Truhen und schaute auch selbst mehrmals nach dem Rechten. Wann immer ein Ritter in der Nähe des Karrens auftauchte, wurde er scharf zur Rede gestellt.
    Das alles belastete natürlich die Stimmung unter den Männern, und Magnus hatte mehr als genug von seiner Mission, als sie sich der Mikelenburg endlich näherten. Obwohl es schon dunkel wurde, sprach er sich dagegen aus, die Zelte noch einmal im Wald aufzuschlagen.
    »In zwei Stunden sind wir da und können am Feuer den Wein der Fürsten trinken, statt hier Zeltstangen in den Schlamm zu rammen«, trieb er die Ritter an.
    »Aber die Tore der Burg werden geschlossen sein«, sprach Vaclav dagegen. Es klang nicht sehr überzeugt, wahrscheinlich drängte es den jungen Ranen genauso unter ein festes Dach wie seinen dänischen Rivalen. »Slawenburgen schließt man bei Sonnenuntergang.«
    Magnus sah seinen Rivalen missmutig an. »Wie alle anderen Burgen und Stadttore dieser Welt«, höhnte er. »Aber man bemannt auch die Zinnen, und für die Männer König Waldemars wird man die Tore wohl wieder öffnen. Die Mikelenburg wappnet sich schließlich nicht für einen Krieg, sondern öffnet sich für eine Hochzeit. Da wird man späte Gäste kaum abweisen.«
    Weder die dänischen noch die slawischen Ritter hatten etwas einzuwenden, und so setzte Magnus sich schließlich durch. Tatsächlich sahen sie noch Licht auf der Burg, als sie eintrafen, obwohl es bereits auf Mitternacht zuging.
    »Die Herren Ritter feiern noch«, erläuterte der Burgwächter, der den Männern ohne allzu viele Fragen das Tor öffnete. »Die Braut ist heute eingetroffen, und morgen soll die Hochzeit sein. Ihr kommt also gerade richtig, der Bischof wird gegen Mittag erwartet.«
    »So schnell?«, wunderte sich Magnus. »Das Mädchen trifft ein und wird gleich am nächsten Tag verheiratet? Ob alle Gäste da sind oder nicht?«
    Vaclav grinste. »Wir Slawen halten uns nicht mit langen Vorreden auf«, bemerkte er. »Wir handeln, Herr Magnus, höfisches Gerede und Minnesang brauchen wir nicht. Fürst Niklot macht das schon ganz richtig.«
    Der Wächter zuckte die Schultern. »Ich hab gehört, er konnt’s schon heut kaum abwarten. Aber sie soll wohl auch sehr hübsch sein. Na ja, morgen werden wir sie ja zu sehen bekommen – wenn sie nicht gar zu prüde ist und sich verschleiert.«
    Der Mann wies den Männern den Weg in den Rittersaal, und tatsächlich gab es noch Wein und zu essen für alle. Dann scheuchte Magnus seine jungen Ritter allerdings in die Ställe, um ihre Rüstungen zu polieren. Auf der Reise waren die Harnische und Helme nass geworden und angelaufen.
    »Damit können wir uns vor der Braut nicht blicken lassen«, erklärte er. »Denkt daran, wir vertreten das Königreich Dänemark. Also lasst Eure Harnische blitzen und Eure Farben leuchten!«
    Amra verbrachte die Nacht schlaflos und in verzweifelter Suche nach einem Ausweg. Sie dachte an Flucht, aber die Burg heimlich zu verlassen war undenkbar. Auch die Überlegung, Herrn Heribert um Hilfe zu bitten, verwarf sie schnell. Der Ritter stand loyal zu seinem Herrn, er würde sich nicht auf ihre Seite stellen. Blieb noch die Trauung nach christlichem Ritus, sie forderte eine

Weitere Kostenlose Bücher