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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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und sehen zu, dass wir auf diese Burg kommen!« Die erste Nacht der Reise hatten sie in Zelten verbracht, was nicht sehr angenehm gewesen war.
    Die Horeburg lag dann, ähnlich wie Herzog Heinrichs Residenz in Braunschweig, auf einer Insel in einem zu der Zeit reißenden Fluss. Das Land darum herum war flach. Heribert erzählte, es grenze ans Meer und sei deshalb teilweise überflutet. Die Menschen der angeschlossenen Ortschaft mussten sich durch einen Damm vor der oft wild tobenden Nordsee schützen. Das Örtchen Harburg wurde von Handwerkern und Burgbediensteten bewohnt. Wie ein annehmbarer Marktflecken wirkte es nicht, Amra sah schwarz für eine angemessene Aussteuer. Aber die Burg schien einladend, und die Reisenden nahmen aufatmend den warmen Würzwein entgegen, den man ihnen als Begrüßungsschluck reichte. Der Truchsess wies den Rittern Quartiere an und schickte gleich nach der Burgherrin, als er die Dame in der Begleitung der Bewaffneten erkannte.
    Greta von Horeburg nahm die nasse und durchgefrorene Amra freundlich auf und hatte sogar ein Herz für den arg mitgenommenen Wuff, der immer noch nicht von Amras Seite wich.
    »Folgt mir gleich in die Kemenate, das Feuer brennt bereits, es ist ja so kalt in diesem Frühjahr, man hält es auch tagsüber kaum ohne ein Feuer aus. Euer Hund kann sich davorlegen und trocknen. Und für Euch lassen wir das Badehaus anheizen … Was sagt der Ritter, Ihr seid auf Brautfahrt? Wie aufregend.«
    Frau Greta begeisterte sich ehrlich für Amras bevorstehende Eheschließung, ebenso wie ihre beiden halbwüchsigen Töchter. Diethild und Elisabeth von Horeburg waren ungefähr im gleichen Alter wie Mathilde Plantagenet und wollten gleich alles über die Prinzessin wissen, als sie hörten, dass Amra in ihrem Haushalt gelebt hatte.
    »Aber die letzten Jahre habt Ihr im Kloster verbracht?«, fragte Frau Greta schließlich etwas verwundert. »Warum? Um lesen und schreiben zu lernen? Das ist sicher nützlich, aber ob Ihr es da oben auf der Mikelenburg gerade brauchen werdet? Das sind ja wohl noch recht wilde Gesellen, diese Slawenfürsten. Doch verzeiht, Ihr seid selbst Slawin, nicht wahr? Man hört es Euch nicht an, Ihr sprecht unsere Sprache sehr gut.«
    Amra beeilte sich, ihr zu versichern, dass ihr das Kloster auch hier hilfreich gewesen war.
    »Und natürlich hat es Euch zu einer guten Christin erzogen!«, führte Frau Greta weiter aus. »Ihr werdet in Eurer neuen Heimat segensreich tätig werden, da liegt doch sicher noch manches im Argen. Obwohl Herr Pribislav und Herr Niklot ja nun schon seit einiger Zeit getauft sind.«
    Amra wurde ein wenig unbehaglich zumute. All die Leute sprachen so vorsichtig über Pribislav, Niklot und ihre Burg in den Tiefen der Wälder. Sie wusste inzwischen, dass Pribislav und Niklot zu den Eroberern Rujanas gehörten, Heribert hatte sie über die Hintergründe ihrer Vermählung mit dem Fürsten in Kenntnis gesetzt. Was allerdings die schönen Worte bedeuteten, dass Niklot schon seit damals in Liebe zu Amra entbrannt war, wusste auch er nicht zu erklären. Amra konnte sich nicht erinnern, dem slawischen Adligen vorgestellt worden zu sein. Eigentlich erinnerte sie sich überhaupt nur an König Waldemar und die Männer, die damals in das Zelt der Geiseln gekommen waren und Alenka geschändet hatten. Aber Amra hatte dieses schreckliche Erlebnis in die hinterste Ecke ihres Gedächtnisses verbannt, und gerettet hatte sie damals Magnus – ganz sicher kein slawischer Fürst.
    Frau Greta und ihre Töchter kümmerten sich gern um Amras Aussteuer. Die Burg war reich, das Marschland fruchtbar. Die Truhen der Frauen quollen über von edlen Stoffen und Schmucksteinen und Garnen, um sie zu besticken. Allerdings brauchte dies Zeit. Amra und ihr Gefolge blieben schließlich zwei Wochen lang auf der Burg, in denen die Frauen geschäftig Kleider zuschnitten und nähten, Tücher bestickten und Schuhmacher sowie Hutmacher empfingen. Schließlich besaß Amra eine Aussteuer, die auf zwei Maultiere verladen werden konnte. Heribert atmete auf, weil kein Wagen nötig war.
    Als sie dann endlich aufbrachen, hatte sich das Wetter ein wenig gebessert, aber die Wege waren doch noch aufgeweicht. Je näher sie Mikelenburg kamen, desto rauer wurde der Ritt. Es gab weniger Ansiedlungen, der größte Teil der Strecke führte durch tiefsten Wald. Burgen lagen natürlich auch nicht am Weg, geschweige denn Gasthöfe. Die Reisenden übernachteten in Einsiedeleien, meist jedoch in Zelten –

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