Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
Vom Netzwerk:
Auftrag erteilt hatte, die Herrin Relana vom Eintreffen der Braut zu informieren. »Die hätt ich auch gern auf meinem Lager …«
    Amra errötete. Ob den Männern nicht bewusst war, dass sie ihre Sprache verstand, oder war es ihnen einfach egal, dass sie ihre Anzüglichkeiten hörte? Was sie allerdings noch mehr beunruhigte als die losen Reden des Ministerialen, war die erneute Anspielung darauf, dass Niklot sie kannte. Ob er sie als Geisel auf Rujana gesehen hatte? Aber sie war doch gleich nach der ersten Nacht von den anderen getrennt worden.
    Eine kostbar, aber schlicht gekleidete Frau trat nun auf den Burgplatz, gefolgt von zwei jungen Mädchen, wahrscheinlich Hofdamen. Sie lächelte freundlich und begrüßte Amra mit einem schwesterlichen Kuss auf die Wange.
    »Du musst Amra von Arkona sein«, sagte sie. »Willkommen in der Mikelenburg. Ich bin Relana, die Gattin des Fürsten Pribislav. Und die Männer haben Recht. Du bist sehr schön.«
    Die Fürstin schien ihr wohlgesonnen, etwas in ihrem Blick machte Amra jedoch nachdenklich. Sie ist nicht glücklich, dachte sie, die Schwermut scheint auf ihr zu lasten. Relanas Gesichtszüge unter dem strengen Gebände waren ebenmäßig, die Augen graublau. Vielleicht hatten sie früher verträumt gewirkt, vielleicht hatte sich der Himmel über dem Meer darin gespiegelt. Fürstin Relana musste einst eine wunderschöne junge Frau gewesen sein, aber das Leben auf dieser Burg schien für Frauen nicht leicht.
    »Komm mit, ich zeige dir unsere Kemenaten – und ich werde auch Wasser bringen lassen, damit du ein Bad nehmen kannst … vor der Hochzeit.«
    Amra runzelte die Stirn. »Wann soll die Hochzeit denn sein?«, fragte sie.
    Sie wollte mit dem Bad nicht bis dahin warten, es sprach doch wohl auch nichts dagegen, den Zuber vor dem Fest noch einmal zu füllen.
    Fürstin Relana unterdrückte ein Seufzen. »Gleich morgen, Kind … oder spätestens übermorgen. Ja, ich weiß, das geht alles etwas schnell. Die Gäste sind auch noch gar nicht alle da. Aber Niklot will auf keinen Fall länger warten, nun, da du da bist … Es wird natürlich auf den Bischof ankommen. Ohne den Bischof kann die Ehe nicht geschlossen werden, das muss auch Niklot einsehen. Mein Gatte wird ihm da schon den Kopf zurechtsetzen. Es geht alles ganz nach den guten Sitten, keine Sorge. Ganz … ganz christlich auch.« Die Fürstin trug ein schweres goldenes Kreuz um den Hals, aber so ganz schien sie den neuen Glauben noch nicht verinnerlicht zu haben. »Und nun komm, es ist nicht nötig, dass dich noch mehr Männer lüstern anstarren. Das bringt Niklot nur auf …« Sie lächelte gezwungen. »Du bekommst jetzt erst mal dein Bad, und dann werden wir deine Sachen durchsehen, dein Hochzeitskleid ist ja sicher ganz zerdrückt nach der Reise, wir …«
    Amra hatte das Gefühl, als plappere Relana, um sie und vielleicht sogar sich selbst zu beruhigen. Nun war das auch nötig. Amra begann, sich zu fürchten. Was sollte diese überstürzte Eheschließung? Warum konnte Niklot nicht noch ein paar Tage warten, bis alle Gäste da waren, und warum sprach Relana von ihm wie von einem verwöhnten Kind?
    Beklommen folgte sie Relana zu den Frauengemächern, wie immer gefolgt von dem vorwitzigen Wuff, den Relana zwar etwas skeptisch musterte, den sie aber zu dulden schien. Die beheizbaren Wohnräume lagen, wie fast immer, über dem Palas des Burgherrn, aber in diesem Holzhaus waren sie kleiner als in den aus Stein gebauten Burgen. Dazu herrschte in den Räumen der Fürstin ein heilloses Durcheinander. Eine resignierte Kinderfrau räumte hinter zwei lebhaften kleinen Burschen her, die beim Toben über Tisch und Bänke gingen. Eine Glaskaraffe war darüber schon in Scherben gegangen, aber die Dienstmagd machte keine Anstalten, die Kinder dafür zu schelten oder gar zu strafen. Als sie dem Kleineren ein recht spitzes Holzschwert wegnehmen wollte, mit dem er vor den Augen seines Bruders herumfuchtelte, piekste ihr der zweite sein Holzmesser in den Bauch. Amra hätte einem Kind diese Frechheiten nicht durchgehen lassen, und Relana schimpfte denn auch ein wenig, aber die Knaben hatten inzwischen Amras Hund erspäht und stürzten sich johlend auf ihn.
    »Die Männer dieser Familie sind recht übermütig«, entschuldigte Relana. »Meine Söhne, Borvin und Nikolaus.«
    Amra fragte sich ängstlich, ob vielleicht auch Niklots Übermut nie gebremst worden war.
    »Aber nun komm, deine Räume sind bereits vorbereitet, Niklot konnte deine

Weitere Kostenlose Bücher