Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)
tatsächlich. Aber du kannst gern noch ein Pferd über ihre Windel schreiten lassen. Sternvürbe versichert dir bestimmt, dass deine männlichen Nachkommen trotzdem so zahlreich sein werden wie die Sterne des Himmels.«
Jetzt musste Magnus doch lachen und liebkoste die Kleine. »Verzeih mir! Ich war mir nur so sicher … und Herr Baruch auch. Aber sie ist hinreißend. Sie hat rotes Haar, bestimmt wird sie einmal genauso schön werden wie du.«
Amra lächelte geschmeichelt und ließ sich beglückt küssen. »Pack unbedingt einen großen Korb mit Essen ein für Danija und ihre Mutter!«, wies sie Magnus dann an, »und mit Wein, sie sollen auf das Wohl der kleinen Edita trinken.« Sie hatten sich geeinigt, dass das Kind, sollte es tatsächlich ein Mädchen werden, nach Magnus’ Mutter Edita heißen sollte.
Danija bedankte sich strahlend, als sie sich schließlich verabschiedete und die großzügigen Gaben entgegennahm. »Das wollen wir gern tun!«, sagte sie freundlich. »Und die Mutter wird das Kind auch segnen und der Göttin anvertrauen, auf dass es ein langes, glückliches Leben habe.«
Amra sah sie misstrauisch an. »Hast du nicht vor ein paar Wochen noch Gefahr für sie gesehen?«, fragte sie.
Sie sprach die Sorge aus, die sie seitdem hegte, egal, wie oft sie sich sagte, dass all diese Orakel nicht ernst zu nehmen waren.
In Danijas schönen dunklen Augen spiegelte sich jetzt allerdings ehrliche Verwunderung. »Für sie? Nein. Für sie habe ich doch nicht in den Spiegel geblickt. Ich sah Dunkelheit und Blut und Gefahr. Aber nicht für das Kind, das Unheil … folgte dir …«
Kapitel 3
W elches Verhängnis auch immer über ihr schweben mochte – in Amras erstem Frühjahr am Schwarzen See blieb es friedlich. Die kleine Edita entwickelte sich prächtig, und Magnus ging auf in seiner Arbeit als Landwirt. Er pflügte die Felder gekonnt mit seinen zwei Arbeitspferden und half dann den anderen Bauern aus. Die meisten von ihnen besaßen allenfalls ein Ross. Schließlich brachten sie alle die Saat aus, und die ganze Siedlung feierte den Frühling. Der Priester segnete die Felder, und danach nahmen ihn die Männer mit zum Trinken in ihre Häuser, während Danija, von den Frauen feierlich zur Frühlingskönigin gekrönt, das Land noch einmal segnete. Schließlich wollte man die alte Göttin nicht verletzen. Die erwies sich denn auch als gnädig und schenkte ihnen einen warmen, aber doch ausreichend feuchten Sommer, um das Getreide gedeihen zu lassen.
Magnus kümmerte sich derweil vermehrt um den Viehbestand des Hofes. Er nahm Amra das Melken ab, und Zwonimir brachte ihm bei, wie man Schafe schor. Amra päppelte eine Schar piepsender, quirliger Gänse- und Entenküken und legte einen Küchengarten an. Hier konnte sie das Wissen, das sie sich im Kloster angeeignet hatte, gut gebrauchen. Neben Gemüse und Suppenkräutern pflanzte sie Heilkräuter, und Katica wusste vor Freude darüber kaum an sich zu halten. Sie brauchte viele Heilpflanzen für ihre Tees und Salben, aber in ihrem verwunschenen Reich im dunkelsten Wald bekamen die Gewächse zu wenig Sonne. Amra tauschte die Kräuter gegen Beeren, die Danija im Wald pflückte. Sie bildeten eine willkommene Bereicherung des Speisezettels, Edita leckte sich die kleinen rosa Lippen, wenn Amra die Früchte in ihren Brei rührte. Natürlich erinnerten gerade die süßen Beeren Amra an ihr Leben bei den Gauklern, und manchmal dachte sie ein bisschen wehmütig an Graubart, Gesine und die anderen zurück. Aber sie wünschte sich nicht wirklich wieder auf die Straße. Gerade jetzt mit dem Kind freute sie sich über eine feste Bleibe, das regendichte Dach und das weiche Bett – sosehr sie das Lager auf Moos und Farnkraut auch genossen hatte.
Jovica zeigte ihrer neuen Nachbarin, wie man Bier braute, und dann wurde es auch bald Zeit für die Ernte. Magnus arbeitete von morgens bis abends auf den Feldern, ließ die Sichel durch sein Korn fahren, wendete mit Amra zusammen das Heu und band das Stroh zu Garben. Amra konnte sich an ihrem schönen blonden Gatten nicht sattsehen, wenn er in der Sommerhitze über seine Felder schritt, den Oberkörper nackt und die Beine der Brouche hochgebunden. Er war sehnig und stark, sie liebte das Muskelspiel unter seiner Haut, die bald so braun war, als hätte er wieder in Walnusssud gebadet. Amra brachte ihm die Vesper aufs Feld, ihr Kind in einem Tuch auf den Rücken gebunden, und würzte die Brotzeit mit einem Kuss, aus dem oft genug mehr
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