Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)
Frau.
»Ich konnt ihn grad noch glauben machen, dass ich’s wirklich nicht absichtlich machte, um ihm und seinem Gott zu trotzen. Sie haben mich nicht gezüchtigt, aber ich musste versprechen, dass ich bis zum nächsten Jahr alles lerne. Unseren Pfarrer haben sie auch gerügt, dass er uns nicht zum richtigen Feiern der Messe anhält. Er sollte strenger mit uns sein. Aber der weiß doch selbst nicht, wie das geht. Du dagegen, du kannst das doch, oder nicht?«
Zwonimir bedachte Magnus mit einem Blick zwischen Furcht und Bewunderung.
Magnus nickte. »Doch, natürlich. Ich bin von Kindheit an Christ. Am Beten sollte es nicht scheitern. Aber sonst …«
»Sonst gibt’s gar nicht so viel zu tun«, meinte Zwonimir eifrig. »Du stehst dem Fürsten Rede und Antwort über den Zehnten, sagst ihm, wer bezahlen kann und wem man die Abgaben stunden muss. Da ist er nicht schwierig, er hat immer auf das gehört, was ich ihm vorgeschlagen hab. Wenn er Gericht hält, sitzt du neben ihm und sagst ihm, wer Recht hat.«
Magnus musste lachen. »Kann ich dann nicht auch gleich selbst Gericht halten?«
Zwonimir schnaubte. »Sicher. Aber da gibt’s ja immer so Streithähne und Neunmalkluge, denen es nicht reicht, wenn ich ihnen sag, wo der Grenzstein steht oder dass man seinem Nachbarn nicht die Hühner stiehlt. Die wollen das Urteil vom Fürsten selbst hören. Wohl, weil sie hoffen, dass der nichts davon versteht. Beim alten Tetzlav ging das sogar manchmal gut, aber Jaromar hört auf die Dorfvorsteher. Er ist ein guter Herr, wirklich … Wenn nur das mit dem Beten nicht wär.«
»Meinst du nicht, dass es zu riskant ist?«, fragte Amra am Abend, als sie und Magnus satt, zufrieden und müde vom Tanzen in ihrem Bett lagen. Magnus hatte sich Bedenkzeit erbeten, war aber bereit, Zwonimir und den Dörflern den Gefallen zu tun und das Amt des Ortsvorstehers zu übernehmen. »Wenn uns einer erkennt …«
Magnus zuckte die Achseln. »Der Fürst kennt mich nicht«, meinte er. »Und dich höchstens flüchtig, oder?«
Amra überlegte. »Jaromar war meist in Karentia, die Familie seiner Mutter hielt die Burg. Jedenfalls lebte er nicht auf Arkona, als ich dich damals befreit habe. Später war er wohl eine Zeit lang bei den Knappen, er hat auf Arkona seine Schwertleite gefeiert. Aber ich war den ganzen Tag in der Küche, ich glaube nicht, dass er mich je bemerkt hat.«
»Da siehst du’s«, nickte Magnus. »Also besteht keine Gefahr. Natürlich werden wir ihm sagen müssen, dass ich Däne bin und mit einer Ranin verheiratet, aber er wird unweigerlich denken, du wärst ein Mädchen vom Schwarzen See und hättest die Insel nie verlassen.«
»Wenn sich keiner von seinem Hofstaat an mich erinnert …«, gab Amra zu bedenken. »Ich müsste doch wohl mit zur Messe kommen, oder?«
»Glaubst du, er reist mit einem so großen Hofstaat?«, fragte Magnus. »Also, üblich ist das nicht, wenn ein Fürst über Land zieht, um Gericht zu halten. Wahrscheinlich bringt er nicht mehr als zehn Ritter mit. Es ist ja auch nicht weit.«
Das stimmte. Fürst Jaromar konnte den Gerichtstag sogar ohne Übernachtung auf der Burg abhalten, ein schnelles Pferd brachte einen Reiter in nur zwei Stunden von Arkona zum Schwarzen See.
Amra seufzte. »Irgendwie habe ich kein gutes Gefühl. Aber du hast natürlich Recht, wir können Zwonimir nicht absagen. Der zittert ja richtig vor Jaromars Messe. Na ja, und ich werde mich natürlich auch kleiden wie eine brave Gevatterin und mein Haar unter einem Gebände verstecken. Dann wird mich ganz sicher keiner erkennen.«
Magnus zog sie in die Arme. »Dann wird man sich nur fragen, wo eine Bäuerin die feine Kleidung herhat«, neckte er sie. »Leg nur einen Schal über dein Haar, das sollte reichen.«
Amra kleidete sich denn auch wie eine Bäuerin, band das Tuch aber so fest wie nur möglich um ihr streng zurückgekämmtes, aufgestecktes Haar, bevor sie ein paar Tage später wirklich vor Fürst Jaromar knickste. Die Wachen, die den Dorfvorsteher und seine Gattin am Eingang der Burg empfingen, hatten ihnen gleich den Weg zur Burgkapelle gewiesen, wo Jaromar und seine Ritter die Messe feiern würden. Der Dorfpriester hielt gleichzeitig einen Gottesdienst in der Dorfkirche. Der Fürst bestand darauf, an diesem Tag gemeinsam mit all seinen Untertanen zu beten, doch für die ganze Siedlung war die Burgkapelle zu klein.
»Und zur Dorfkirche runter will er nicht, er hat’s eilig heute«, verriet der Burgwächter Magnus, während Amra
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