Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)
weiter so, und halte deine Leute vor allem dazu an, gute Christen zu bleiben. Gott wird schon alles richten!«
Damit entließ er Magnus, der erneut das Knie vor ihm beugte. Jaromars Hofgeistlicher segnete ihn und beschloss dann den Gerichtstag mit einem Gebet, das Magnus artig mitsprach.
Er war ebenso zufrieden mit dem Ablauf des Gerichtstages wie sein Fürst. Zwonimir hatte Recht, Jaromar war ein guter Herr.
Den grimmigen Ritter mit dem vernarbten Gesicht, der in der letzten Reihe der Zuhörer gestanden und ihn zunächst verwirrt und dann ungläubig gemustert hatte, bemerkte Magnus nicht.
Vaclav musste sich zur Ruhe zwingen, als der junge Dorfvorsteher die Versammlung schließlich verließ. Er kämpfte gegen den Wunsch an, ihm sofort zu folgen, damit hätte er sich jedoch Ärger beim Fürsten eingehandelt. Der wollte schließlich möglichst schnell zurück. Und es war auch sicher besser, Magnus auf dem offiziellen Weg zu erledigen, als sich womöglich auf eine Prügelei mit ein paar Bauern einzulassen. Zumal er bislang ja nicht einmal wusste, ob sich eine Intervention wirklich lohnte, es gab da doch einige offene Fragen …
Auf der Suche nach jemandem, der ihm hier Auskunft geben konnte, ließ er die Blicke über den Burgplatz schweifen und entdeckte Vater Jozef, den Dorf- und Burggeistlichen. Der Priester strebte dem Ausgang zu und wirkte zufrieden. Auch für ihn war es diesmal wohl glimpflich abgegangen, keins seiner Schäfchen war unangenehm aufgefallen. Jaromars Hofgeistlicher hatte ihn zwar streng über die Fortschritte seiner Gemeinde befragt, aber er konnte die Burg ungeschoren verlassen.
Vater Jozef blieb sofort stehen, als Vaclav ihn ansprach.
»Was macht der Kerl hier?«, fragte der Ritter rüde und ohne Umschweife. Er wies auf Magnus, der eben durch das Haupttor der Burg schritt.
Der Geistliche runzelte die Stirn. »Wer? Der Magnus? Der ist Bauer, neuerdings Dorfvorsteher. Ihr habt ihn doch mit Fürst Jaromar gesehen.«
»Sicher. Und früher habe ich ihn auch schon das eine oder andere Mal gesehen«, brummte Vaclav. »Wo kommt er her? Wieso taucht er plötzlich hier auf?«
Der Priester zuckte die Schultern. »Er ist Däne«, gab er Auskunft, obwohl Vaclav das eigentlich auch schon an Magnus’ Akzent gehört haben musste. »Aber er ist mit einer Ranin verheiratet. Sie hat hier einen Hof geerbt, und den bearbeiten sie.«
Vaclav horchte auf. Er war also auf der richtigen Spur. »Mit einer Ranin verheiratet? Mit so einer rothaarigen Hexe?«
Vater Jozef lachte. »Nein, nein, unsere Dorfhexe heißt Katica«, scherzte er. »Die Amra hext nicht, die ist eine brave Frau und eine gute Christin. Seit der Magnus und die Amra da sind, haben sie keinen Gottesdienst versäumt, und das Kind ist getauft.«
Vaclav hörte gar nicht mehr hin. Der Priester hatte eben seine Annahmen bestätigt. Magnus war mit Amra geflohen, und die beiden waren immer noch zusammen – ein braves Paar Bauern im äußersten Winkel von Rujana … aber nicht mehr lange!
Der Ritter drehte sich auf dem Absatz um und begab sich zu seinem Fürsten. Jaromar war immer noch im Palas. Er saß mit seinem Verwandten Graf Borvin zusammen, der ein rasches Mittagsmahl hatte auftischen lassen, und hörte sich nun nach den Klagen der Dörfler die des Burgherrn an. Sie waren weitaus gravierender, die Festung am Schwarzen See war in vielerlei Hinsicht erneuerungsbedürftig. Die Ländereien des Grafen reichten nicht aus, um sie aus eigenen Einkünften zu unterhalten, doch hier gab es ja jetzt einen Hoffnungsschimmer. Wenn die Bauern sowieso rodeten, konnten sie auch zusätzliche Ackerfläche für den Grafen schaffen und obendrein Holz für die Reparatur der Wälle stellen. Jaromar verurteilte die Bauern wie nebenbei zu einer zusätzlichen Steuer und ein paar mehr Tagen Fronarbeit und machte den Grafen damit glücklich. Er trank zufrieden seinen zweiten Becher Wein, als Vaclav herantrat.
»Mein Fürst! Ich muss dringend mit Euch reden. Dieser Mann, dieser Magnus …«
Jaromar gebot ihm mit einer Handbewegung Schweigen. »Ich esse mit meinem Verwandten«, beschied er ihn streng. »Alles andere kann warten. Aber da Ihr nun gerade hier seid, Vaclav – macht Euch doch schon mal mit den Abgaben auf den Weg. Nehmt acht Ritter mit, um darauf aufzupassen. Mir lasst Ihr zwei, mit kleiner Eskorte reite ich schneller.«
»Aber ich muss …«
Vaclav setzte erneut an, aber Jaromar schüttelte den Kopf. »Was immer Ihr vorzubringen habt, kann bis morgen
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