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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Heinrich zur Burg ausbauen ließ. Er ließ auch einen Dom errichten und auf seinem Vorplatz einen bronzenen Löwen aufstellen, sein Wappentier.«
    »Also eine schöne Stadt!«, freute sich Amra.
    Magnus lächelte. »Eine sehr komfortable Burg. Sie hat sogar eine Art Fußbodenheizung. Jedenfalls die ebenerdigen Räume. Herzog Heinrichs Ritter werden seltener an Gicht erkranken.« Die Ritter einer Burg schliefen oft im großen Saal der Burg oder in Nebengelassen.
    »Ein nicht zu verachtender Vorteil«, bemerkte Mariana, die ihre Knochen auch schon häufig spürte, denn die Burg Arkona, ein Holzbau, war im Winter äußerst schwer zu beheizen.
    »Schaut, wir legen ab!«
    Amra sah begeistert zu, wie ein Matrose die schweren Leinen löste, die das Schiff am Anleger hielten. Die Anlegestege führten weit aufs Meer hinaus, die Ostsee rund um Rujana war eher flach. Aber dann trieb der Wind das Schiff rasch aufs offene Meer. Amra blickte mit leuchtenden Augen zurück auf die Kreidefelsen und die grünen Wälder ihrer Insel.
    Magnus konnte sich kaum sattsehen an ihrem schönen Gesicht und dem wachen Blick, an den Wangen, die jetzt leicht gerötet vom Wind waren, und an der sichtlichen Freude über die scheinbare Freiheit. Die junge Frau trug in diesen Tagen zum ersten Mal die Kleidung des Adels – Baruch von Stralow hatte es erkennbar Freude gemacht, sie so reich auszustatten, wie der König befohlen hatte. An diesem sonnig warmen Tag im späten Juni hatte sie sich für ein seidenes Unterkleid in hellem Braun und einer Surcotte aus leichter Wolle entschieden. Sie war schlicht und nicht mit Halbedelsteinen besetzt wie das zweite Kleid, das Baruch ihr hatte anpassen lassen, aber sie war von einem solch leuchtenden Grün, wie Amra es noch niemals zuvor gesehen hatte. Baruch hatte ihr und Mirnesa oft Kleiderstoffe mitgebracht, die hochwertiger waren als das Tuch, das die Frauen auf Rujana webten, aber so frische Farben und derart leichte Stoffe waren dem Adel vorbehalten. Amra trug ihr Haar offen, wie es adligen Jungfrauen zukam, und hielt es mit einem schmalen goldenen Reif aus dem Gesicht. Ein fürstliches Geschmeide, das ihr allerdings nicht gehörte. Der König hatte ausdrücklich betont, dass aller Schmuck zu seinen großzügigen Geschenken für Herzog Heinrich gehöre. Magnus dachte im Stillen, dass der Wert des Geschmeides an den des Tempelschatzes Svantevits nicht im Entferntesten heranreichte, aber das mussten die beiden Fürsten unter sich ausmachen.
    Mariana schien sich nun, da das Schiff aufs Meer hinausfuhr, an ihre Pflichten zu erinnern.
    »Amra, wir sollten uns nun zurückziehen. Man wird uns doch einen Raum unter Deck zur Verfügung stellen, in dem wir ungestört sind, oder, Herr Magnus?«
    Die Edelfrau wandte sich an den jungen Ritter, der rasch versicherte, es sei für alles gesorgt. Dabei hatten die Frauen Baruch und den Kapitän vor beträchtliche Probleme gestellt. Unterkünfte für Passagiere waren nicht vorgesehen, die Söldner, die das Schiff beförderte, schliefen einfach im Bauch der Galeere. Man ließ mehr Männer in die Kriegsschiffe, als gleichzeitig liegen konnten, deshalb wechselten sie sich mit dem Schlafen ab. Schließlich hatte der Kapitän grummelnd seine eigene Kabine geräumt, was Baruch etliche Münzen kostete. Aber die Fahrt von Rujana nach Lübeck dauerte nur wenige Tage, und das Wetter war schön. Der Schiffsführer konnte an Deck schlafen.
    Auch Magnus tat das. Wenn der Himmel klar war wie in diesen Tagen, liebte er die Nächte auf See. Er streckte sich im Schatten des Steuerstandes aus, blickte zu den Sternen empor und träumte … wobei er in den schönsten Sternen Amras Gesicht zu erkennen meinte und das Strahlen ihrer Augen.
    Doch gleich in der ersten Nacht dieser Überfahrt schreckte Magnus, kurz nachdem er eingedämmert war, sofort wieder aus dem Schlaf. Ein seltsam schleifendes Geräusch auf der Leiter zum Unterdeck ließ ihn aufmerken. Wachsam griff er nach seinem Schwert. Ein ärgerliches Murmeln erklang, es raschelte, als ob jemand Seidenstoff zusammenraffte – und dann schob sich Amras schlanke Gestalt ins Freie. Es musste schwierig gewesen sein, die steile Stiege in dem langen Gewand hinaufzuklettern, dazu noch im Dunkeln und ohne Lärm zu machen. Aber jetzt richtete sich die junge Frau auf und schaute triumphierend in die mondhelle Nacht. Magnus sah den verträumten Ausdruck auf ihrem Gesicht, als sie sich zur Reling wandte und fasziniert beobachtete, wie der Mond sich im

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