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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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noch das Gefühl, als ob der Boden unter ihr schwankte. Dann aber schaute sie an Marianas Seite neugierig auf das Treiben im Hafen, hörte auf die Stimmen der Männer, die in den verschiedensten Sprachen miteinander scherzten oder stritten – und blickte verstört auf eine Gruppe Sklaven, die man wie Vieh auslud und zum Markt trieb. Sie sprachen einen slawischen Dialekt, Amra hätte sich mühelos mit ihnen verständigen können.
    »Warum versklaven sie die Leute, wenn sie doch ihre Könige im Amt lassen?«, wunderte sich Amra.
    Inzwischen hatte sie einiges von den Slawenkreuzzügen gehört und wusste, dass es dabei meist weniger friedlich zugegangen war als jetzt bei der Eroberung Rujanas.
    »Nur die Heiden werden versklavt«, antwortete Mariana. »Die Menschen, die von ihren alten Göttern nicht lassen wollen. Und wahrscheinlich auch solche, die in Gegenden wohnen, in denen die Herren Bischöfe gern eigene Residenzen errichten wollen. Die Priester sind auch alle gleich. Ob sie zu Svantevit beten oder zu Sankt Vitus.«
    Amra war inzwischen zu dem Ergebnis gekommen, dass Mariana selbst an gar nichts glaubte. Sie war als Christin aufgewachsen, hatte dann natürlich die ranischen Götter anbeten müssen und kehrte nun zum Christentum zurück. Wobei Magnus ihr nahegelegt hatte, sicherheitshalber nichts von ihrer bayerischen Abkunft zu erzählen, sondern sich erneut taufen zu lassen. Ein Heide wurde immer freudig in der christlichen Kirche begrüßt, aber ein Abtrünniger, gleich, aus welchen Gründen er einer war, musste mitunter mit empfindlichen Strafen rechnen.
    »Ihr solltet nicht solche lästerlichen Reden führen!«, bemerkte Magnus, nur scheinbar tadelnd.
    Der junge Ritter selbst fand durchaus Gefallen an Marianas klaren Worten, an einem christlichen Hof mochte sie damit allerdings Anstoß erregen.
    Amra strahlte Magnus an. Er war eben zu den Frauen getreten, nachdem er Herzog Heinrichs Männer dabei beaufsichtigt hatte, die Pferde zu entladen – und die Geschenke für den Herzog. Die würde man gleich auf Fuhrwerke verstauen müssen.
    Magnus erwiderte Amras Blicke nicht. Es fiel ihm zunehmend schwer, sie höflich distanziert zu behandeln. Er wusste, dass er sie damit enttäuschte, aber es war für beide besser so.
    In Gedanken war er auch schon wieder bei der Aufgabe, die man ihm zugewiesen hatte. »Wir könnten die Geschenke auch auf ein Maultier laden«, überlegte er laut, »so viel ist es ja nicht, und dann kämen wir schneller voran. Wollt Ihr mit auf den Pferdemarkt, Frau Amra und Frau Mariana, oder wartet Ihr hier, bis ich mit den Tieren zurückkehre?«
    Zu seiner Überraschung waren es jetzt Marianas Augen, die unternehmungslustig aufleuchteten. »Ich suche mir mein Pferd gern selbst aus!«, erklärte sie eifrig, woraufhin auch Amra sie verwundert musterte.
    »Könnt Ihr denn reiten, Frau Mariana?«, fragte sie.
    Die alte Adlige zuckte die Schultern. »Als Mädchen habe ich es gern getan. Und es heißt, man verlerne es nicht.«
    »Wir werden natürlich nur die sanftesten Tiere für Euch auswählen«, meinte Magnus. »Wie ist es mit dir, Amra … äh … Frau Amra … Versteht Ihr Euch ein wenig auf den Umgang mit Pferden?«
    Amra nickte. »Füttern und putzen kann ich sie«, erklärte sie freimütig. »Und ihre Ställe ausmisten. Das habe ich immer für Herrn Baruch getan.« Sie lächelte spitzbübisch. »Und ich weiß, wie das Orakel von Svantevit beeinflusst wurde. Das kann ich dir … äh … Euch einmal zeigen, Herr Magnus …«
    Magnus wandte die Augen zum Himmel. »Ich glaube nicht, dass dafür an Herrn Heinrichs Hof Bedarf besteht«, meinte er dann. »Und als Stallmagd seid Ihr auch nicht ausersehen. Aber gut, dass Euch die Tiere zumindest keine Angst einjagen. Wenn Ihr eine Sänfte brauchtet, würde uns das aufhalten. Also gut, gehen wir zum Pferdemarkt.«
    Magnus rief ein paar Ritter hinzu, um die Truhe mit den Geschenken für Heinrich zu bewachen. Dann folgten ihm Amra und Mariana über die gepflasterten Straßen zum Marktplatz – und fragten sich, woher seine plötzliche Eile kam. Bislang schien es dem Ritter ziemlich egal gewesen zu sein, ob sie Herzog Heinrichs Hof ein paar Tage früher oder später erreichten. Er gab bereitwillig Auskunft, als Mariana danach fragte.
    »Es geht um die Hochzeit, Frau Mariana. Der Herzog hat einen Boten gesandt, der mich hier erwartete. Prinzessin Mathilde ist eingetroffen, und der Herzog möchte die Eheschließung so bald wie möglich vollziehen. Die

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