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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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dem Ritter heraus, als sie vor ihm stand. »Ich … ich würde …«
    »Still jetzt, Herr Magnus«, sagte Mariana würdevoll. »Setzt ihr nicht noch mehr Rosinen in den Kopf. Was ist mit dem Herzog? Warum eine Audienz zu so unchristlicher Zeit?«
    Magnus riss sich los von Amras Anblick. »Verzeiht die frühe Störung«, meinte er artig und forderte die Frauen auf, ihm zu folgen. »Aber der Herzog will wissen, was König Waldemar ihm zu sagen hat – und was er ihm schickt. Und da ist es zweifellos besser, ihm gleich alles … alles zu zeigen, nicht nur …« Er biss sich auf die Lippen.
    »Nicht nur das Gold, sondern auch das Fleisch«, sagte Amra kalt. »Ich verstehe schon.«
    Sie sah ihre Lage zwar jetzt klarer und urteilte milder über Herrn Baruch und Frau Mariana. Aber sie war weit davon entfernt, Magnus zu verzeihen. Wenn er wirklich wollte – er könnte jetzt noch mit ihr fliehen.
    »Amra …« Magnus Stimme klang tonlos, aber Amra beachtete ihn nicht mehr.
    Inzwischen hatten sie den Bischofspalast neben dem Dom erreicht. Der Herzog würde sie hier empfangen. Amra erzitterte, als sein Leibdiener ihnen die Privaträume öffnete, die der Bischof ihm während seines Aufenthalts zur Verfügung gestellt hatte. Das große, mit Fellen und Kissen bedeckte Bett fiel ihr ins Auge, bevor sie die prunkvollen Sitzmöbel, die mit gedrechselten Ornamenten verzierten Truhen und das Betpult wahrnahm. Magnus wies die Träger an, die Truhe mit Waldemars Geschenken neben dem Betpult abzustellen. Dann winkte er die Männer hinaus und beugte das Knie vor seinem Herzog, der in der Mitte des Raumes stand, als wäre er eben unruhig darin auf und ab gegangen.
    »Herr Heinrich … ich erbiete Euch die Grüße Eures Waffenbruders König Waldemar. Sein Zug gegen die Ranen war von Gott gesegnet. Die Götzenbilder sind zerstört, Rujana ist in christlicher Hand.«
    Der Herzog nickte ihm huldvoll zu und wies ihn an, sich zu erheben. Magnus tat es und bot Amra damit einen unverstellten Blick auf den Mann, den man bewundernd »den Löwen« nannte. Herzog Heinrich war jedoch nicht, wie Amra erwartet hatte, so groß wie der Dänenkönig und hatte auch keine besonders ansprechenden Züge. Sein Gesicht war oval, noch nicht von Falten durchzogen. Die braunen Augen wirkten wach, überschattet von dichten Augenbrauen. Auch das braune Haar war dicht, der Löwe trug es kurz geschnitten, nicht lang wie Magnus und die meisten Ritter. Ein sorglich gestutzter Bart umrahmte Kinn und Wangen, die Lippen wirkten voll und fleischig. Der Herzog trug bereits seinen Hochzeitsstaat, einen langen Mantel aus edelstem, schwerem Brokat, in das aufwendige Muster in Braun- und Goldtönen gewebt waren. Amra erkannte ein Löwenmotiv. Unter dem Gewand verbarg sich ein schlanker, aber kräftiger Körper.
    »Ich hörte davon.« Eine voll klingende, dunkle und befehlsgewohnte Stimme. »Gott gewährte unseren Truppen einen Sieg ohne Blutvergießen. Sehr erfreulich. Und nun sendet Herr Waldemar mir meinen Anteil an der Beute?« Der Herzog fixierte die Truhe. »Viel kann es dann wohl nicht gewesen sein.«
    Magnus rieb sich die Schläfe. »König Waldemar war … in der Tat … eher enttäuscht von dem Tempelschatz. Das Orakel des ranischen Götzen war wohl nicht so einträglich, wie alle annahmen … sicher auch aufgrund Eurer unermüdlichen Bemühungen um die Bekehrung der slawischen Stämme. Der König lässt Euch nochmals seinen Dank für die Unterstützung dieses Feldzuges übermitteln.«
    Der Herzog machte eine wegwerfende Handbewegung. »Schon gut, also ist das mein Anteil an dem Schatz? Nun, dann öffnet mal die Truhe, sie ist ja klein, aber wenn sie voller Silber und Gold ist …«
    Begierig wandte er sich der Truhe zu. »Und dann gibt es noch Geiseln, hörte ich. Da müssten mir zwanzig zustehen …« Er ließ seinen Blick kurz über Mariana und Amra schweifen. Auf der Jüngeren verweilte er, aber nicht sehr interessiert. Die Frauen standen allerdings auch im Halbdunkel. Die Sonne ging gerade erst auf, und Heinrich hatte nur eine Kerze entzünden lassen.
    »Ich sehe nur zwei«, meinte er unwillig. »Habt Ihr den Rest gleich in Lübeck zu Geld gemacht?«
    Magnus wirkte peinlich berührt. Er machte auch keine Anstalten, die Truhe zu öffnen. Schnell sprang der Leibdiener des Herzogs hinzu und machte sich an den Verschlüssen zu schaffen.
    »Dies sind Geschenke«, gab Magnus schließlich zu, bevor der Mann die Schlösser gelöst hatte. »Nicht direkt ein … Anteil an der

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