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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Blut geflossen, wofür wir dem Herrn nicht genug danken können. Lasst uns jetzt diese beiden Frauen in die christliche Gemeinschaft aufnehmen, damit sie mit reinen Seelen an Eurem Fest der Freude teilhaben können!«
    Der Bischof strahlte, als er nun der gesamten Hochzeitsgesellschaft die Türen des Doms öffnete. Amra und Mariana wies er als Erste hinein. Auch er schien diese Taufe zu Beginn des Hochamts und der Trauung für eine hervorragende Idee zu halten.
    Mathilde wirkte dagegen weniger angetan. Die kleine Prinzessin sah genau, dass plötzlich alle Augen auf die fremden Frauen gerichtet waren, statt sich ganz auf die Braut zu konzentrieren. Dabei wäre ihr Mariana wahrscheinlich egal gewesen, aber Amra mit ihrem leuchtend roten Haar und ihrem edelsteinbesetzten Kleid war ein Anblick, der die Zuschauer fesselte. Mathilde folgte dem Bischof und den Frauen bereitwillig und voller Demut vor dem Sakrament zum Taufbecken, aber ihre Augen schienen Funken zu sprühen.
    Amra versuchte, es nicht noch schlimmer zu machen, indem sie den Kopf betont gesenkt hielt und sich klein machte, als sie nun vor dem Bischof niederkniete. All das fiel ihr schwer, nahm es ihr doch die freie Sicht auf das christliche Gotteshaus, das so viel größer war als die Burgkapellen, die sie während der Reise schon zu Gesicht bekommen hatte.
    Der Mindener Dom war wie eine riesige Halle. Im Eingang befand sich das Taufbecken, am Ende des langen, rechteckigen Raums der Altar. Dazwischen gab es Platz für die Gläubigen, aber an den Seiten reihten sich auch Heiligenstatuen und Bilder, vor denen Kerzen brannten. Amra hatte noch nie so viele entzündete Kerzen gesehen – es erschien ihr fast als Verschwendung, zumal draußen ja heller Tag war. In der Kirche war das Licht jedoch gedämpft, es fiel nur durch hohe, bunte Glasfenster hinein. Mit Herzog Heinrichs Gefolge und den vor ihm bereits eingetretenen Gästen war das Gotteshaus bereits mehr als zur Hälfte gefüllt. Es war verständlich, dass Mathilde sich über ihren misslungenen Auftritt ärgerte.
    Der Bischof begann nun, die Gebete zu sprechen, auf die der Priester die Frauen eben vorbereitet hatte. Amra versicherte brav, dass sie ihre Sünden bereue, ohne genau zu wissen, was darunter zu verstehen war. Sie meinte, Mathildes prüfenden Blick im Rücken zu spüren, als sie auf Lateinisch antwortete. Immerhin hatte sie das Interesse der kleinen Braut erregt. Nach ein paar kurzen Gebeten und Fragen übergoss der Bischof Amras Haupt mit Wasser.
    »Ich taufe dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes auf den Namen …«
    »Amra«, antwortete Amra schüchtern.
    Auf die Frage hatte man sie nicht vorbereitet, aber natürlich kannte sie ihren Namen.
    Der Bischof schüttelte unwillig den Kopf. »Kein heidnischer Name, Kind.« Er dachte kurz nach. »Ich taufe dich auf den Namen Anna Maria«, endete er schließlich, um sich dann Mariana zuzuwenden.
    Die Edelfrau war leicht errötet, als sie Amras neuen Namen hörte, antwortete auf die Frage am Ende der Taufzeremonie aber trotzdem mit ihrem alten Taufnamen.
    »Maria Anna, Exzellenz.«
    Der Bischof runzelte die Stirn. »Wollt Ihr alle gleich heißen?«, brummte er, aber dann schien es ihm egal zu sein.
    Auch Mariana erhielt das Sakrament der Taufe, und die Trauungsfeierlichkeiten konnten weitergehen.
    Mathilde, die den Täuflingen keinen weiteren Blick schenkte, ließ wieder ihre weiß gekleideten Ehrenjungfrauen vorausschreiten, dann folgte sie in gewissem Abstand. Gemessenen Schrittes durchquerte sie die Kirche, die kleinen Hände fromm gefaltet. Amra konnte ihr hier nur Respekt zollen. Das kleine Mädchen schien nicht im Geringsten befangen zu sein, es trat auf wie eine leibhaftige Königin. Die ersten Brautjungfern bildeten vorn im Dom ein Spalier, durch das Mathilde zu dem erhöhten Sitz für das Herrscherpaar schritt. Herzog Heinrich hatte hier bereits Platz genommen, und Mathilde setzte sich neben ihn, ohne ihm einen Blick zu gönnen. Der Herzog und die künftige Herzogin blickten ernst und gesammelt in den Altarraum und warteten, bis auch das bunte Gefolge der Prinzessin Platz genommen hatten.
    Amra und Mariana schlüpften als Letzte in eine der Kirchenbänke, und Amra atmete auf. Jetzt sah sie niemand mehr an, sie hatte nur nachzumachen, was Mariana und die anderen taten, sich also zum Beten abwechselnd hinzuknien, zu erheben und sich zwischendurch auch mal entspannt zu setzen. Dafür hatte sie freie Sicht auf Bischof und

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