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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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weniger wichtigen Gästen und Angehörigen des Hofes draußen und in den Zelten. Auch Amra, Mariana und Melisande waren nicht in den Saal geladen, aber das war Amra nur recht. Sie schwelgte in ungeahnten kulinarischen Genüssen, es gab Wild und Fisch aus den Wäldern und Teichen des Hausherrn, und alles war gut gewürzt. Allein Salz und Pfeffer für das Fleisch und die Saucen dürften ein Vermögen gekostet haben.
    »Sie hat Recht, der Burgherr hat sich dafür sicher auf Jahre verschuldet«, erklärte auch Mariana beim Anblick der Platten mit den erlesenen Speisen, die von Dienern in das Zelt der Frauen gebracht wurden. Und an der Tafel des Herzogs musste es noch prächtiger zugehen. »Aber mit ein bisschen Glück wird es für Herzog Heinrich und Herzogin Mathilde ein unvergessliches Fest, und sie werden sich immer an ihn erinnern. Das kann wertvoll sein, wer weiß, vielleicht findet sein ältester Sohn heute schon seine künftige Gemahlin unter den Ehrenjungfrauen der Herzogin. Und diese Mädchen kommen alle mit einer großen Mitgift.«
    Amra fragte sich, ob Herzogin Mathilde diese Burg wirklich in so guter Erinnerung behalten würde, wenn hier ihre Hochzeitsnacht stattfand. Melisande berichtete allerdings später, als die Frauen in einem Gemeinschaftszelt auf ihren Decken und Matten lagen, sie habe die Braut allein zu Bett gebracht.
    »Herzog Heinrich zecht noch mit den Rittern, das wird sicher spät«, meinte sie. »Ich denke nicht, dass er heute noch in Frau Mathildes Gemach kommt. Damit wird er warten, bis sie in Braunschweig sind, wo die eigentliche Hochzeit stattfinden wird – wenn der Herzog und die Herzogin sich nämlich im Kreise der Ritter Eide schwören.«
    In dieser Nacht bekamen die Hofdamen nur wenig Schlaf – die jungen Ritter zechten nicht weit von ihrem Zelt. Vor der Unterkunft der Frauen hatte der Herzog zwar sicherheitshalber Wachen aufstellen lassen, aber Amra überlegte, dass es leicht sein musste, sich hinten hinauszuschleichen. Wenn Magnus nur gewollt hätte – sie könnten sogar jetzt noch fliehen. Dann hätte Magnus zumindest König Waldemar nicht verraten, schließlich hatte er Heinrich die Geisel ja weisungsgemäß zugestellt. Amra versuchte angestrengt, nicht an eine mögliche Flucht zu denken. Die Worte, mit denen Magnus sie Heinrich vorgestellt hatte, kamen ihr wieder in den Sinn. Magnus hielt so viel auf Treue gegenüber Heinrich und Waldemar, aber sie, Amra, hatte er bedenkenlos verraten. Erst in den Morgenstunden fand sie in einen unruhigen Schlaf.
    Am nächsten Tag ging die Reise weiter, und am Abend erreichten sie endlich ihr Ziel, die Burg Dankwarderode in Braunschweig. Herzog Heinrichs Residenz lag auf einer Insel im Fluss Oker und war die größte Burg, die Amra bislang gesehen hatte. Gleich neben dem trutzigen Bau lag der Dom, man konnte ihn vom Obergeschoss der Burg aus durch einen Gang trockenen Fußes erreichen. Äußerst komfortabel vor allem für die Burgherrin und ihre Frauen. Melisande erklärte Amra und Mariana, die über die ständige Unterkunft in zugigen Zelten und Küchenhäusern klagte, dass sie als Mitglieder des Hofstaats der Herzogin sehr bald Kemenaten im Frauentrakt der Burg beziehen würden. Ein Großteil der Ehrenjungfrauen würde schon in zwei Tagen abreisen.
    »Mit einigen von ihnen will die Herzogin noch zusammen sein, deshalb hat man ihnen zunächst die besseren Räume zugewiesen«, meinte die junge Frau. »Doch Ihr rückt bald nach, keine Sorge.«
    Sie selbst hatte ihre Kemenate im oberen Geschoss der Burg bereits bezogen. Sie lag direkt neben den Zimmern der Herzogin, und sie teilte sie mit anderen jungen Frauen, die der Herzogin aufwarteten. Amra fiel auf, dass keine von ihnen besonders schön war. Ihr erster Eindruck beim Blick auf Melisande war also richtig gewesen. Die Königin musste Vorsorge getroffen haben.
    Amra und Mariana verbrachten noch zwei Tage in einer Remise, in der man den Frauen provisorische Schlafplätze gerichtet hatte. Von den Hochzeitsfeierlichkeiten, in die ganz Braunschweig einbezogen wurde, bekamen sie nicht viel mit, abgesehen von den erlesenen Speisen, mit denen man sie verwöhnte. Auch das zum Fest stattfindende mehrtägige Turnier durften sie besuchen, doch Amra fand keinen besonderen Gefallen daran, Männer dabei zu beobachten, wie sie miteinander kämpften. Jedenfalls so lange, bis sie erfuhr, dass Magnus auch dabei sein würde. Sie sah mit wild klopfendem Herzen zu, wie der junge Ritter gleich am ersten Tag drei

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