Die Geisel
dass euch nichts geschieht. Wenn wir die ganze Gegend abgesucht haben, werden zwei Leute der Einsatztruppe bei euch im Garten Stellung beziehen. Zwei weitere Männer könnten bei euch im Haus bleiben … Oder auch vor dem Haus, wenn euch das lieber ist.« Katrine rang sich eines ihrer seltenen Lächeln ab.
»Wie viel Vorsprung hat er?«, fragte Maja.
»Zwei bis drei Stunden, denke ich.«
»Er kann also schon überall sein.«
»Ich glaube nicht, dass er das Land verlassen hat.«
Maja dachte in ihrer Wut, dass sie einfach aufs Gaspedal hätte treten sollen, als er vor ihrem Auto gestanden hatte. Mit dem Mercedesstern auf ihrem Kühler hätte sie ihn ins Visier nehmen können.
»Hast du immer noch die beiden Patientenakten über ihn?«
»Ja«, antwortete Maja und stand auf. Sie holten die Unterlagen aus dem Arbeitszimmer, wo sie auch die Patientenakte ausgedruckt hatte, die Claus ihr gemailt hatte.
»Danke«, sagte Katrine und nahm sie entgegen.
Stig beobachtete sie wortlos.
»Sollte es ein Problem wegen der Beschaffung der Informationen geben, können wir ja sagen, dass ich dich darum gebeten habe«, sagte sie kühl. »Übrigens vielen Dank für deinen Einsatz.«
Maja nickte und setzte sich wieder aufs Sofa. Stig schaute sie stirnrunzelnd an. »Welcher Einsatz?«
»Ich war der Polizei bei ein paar simplen Informationen behilflich«, antwortete Maja und mied seinen Blick.
»Wirklich? Wann war das?«
»Vor … einiger Zeit«, murmelte sie.
»Und du findest nicht, dass du mir davon hättest erzählen sollen?«
»Doch, natürlich, aber es ging alles so schnell«, antwortete Maja und breitete die Arme aus.
Stig schaute zu Katrine auf, die in der Akte blätterte. »Habt ihr ihn mithilfe dieser Unterlagen gefunden?«
»Äh, was?«, fragte Katrine.
»Habt ihr ihn mithilfe dieser Unterlagen gefunden?«, wiederholte Stig.
»Ja«, antwortete Katrine. »Besser gesagt, Maja hat das getan.«
Stig drehte sich zu Maja um. »Du hast ihn also aufgespürt.«
Maja blickte zu Katrine hinüber. »Vielleicht sollten wir umziehen, bis ihr ihn gefasst habt.«
Katrine nickte. »Das wäre ganz klar die beste Lösung.«
Stig hob die Stimme. »Soll das heißen, dass du in letzter Zeit Privatdetektiv gespielt hast?«
»Stig …«, sagte Maja und legte ihm die Hand auf den Oberschenkel.
Er schob die Hand weg. »Stimmt das?«
»Ich wollte nicht, dass du dir unnötig Sorgen machst.«
Er schüttelte den Kopf. »Du bringst dich also selbst in Gefahr, während du unser Kind erwartest!« Er war so laut geworden, dass ihm der Beamte an der Tür einen langen Blick zuwarf.
»Stig …«, versuchte es Maja erneut.
»Ohne mir etwas zu sagen? Ohne mich um Rat zu fragen?«
Es wurde vollkommen still im Raum.
Maja tastete nach seiner Hand, doch er zog sie weg. »Es tut mir leid, Stig, aber ich wollte doch, dass sie ihn fangen.«
»Dafür werden gewisse Leute bezahlt«, entgegnete er und starrte Katrine durchdringend an.
»Natürlich«, sagte Maja. »Aber wir müssen doch alles tun, was in unserer Macht steht. Du bist doch auch bei der Bürgerwehr«, fügte sie mit vorsichtigem Lächeln hinzu.
Er schüttelte den Kopf. »Das kann man doch überhaupt nicht vergleichen.«
»Aber sie brauchten meine Hil…«
»Maja!« Seine Stimme zitterte, als er ihr in die Augen sah. »Ich würde es weder dir noch mir vergeben können, wenn unserem Kind etwas passiert. Niemals!«
Nie zuvor hatte sie ihn so wütend und ängstlich erlebt. »Nein, das … könnte ich auch nicht.«
Katrine faltete die Patientenakte zusammen und räusperte sich.
»Um auf die Sache mit dem vorübergehenden Umzug zurückzukommen. Habt ihr selbst einen Ort, an den ihr euch zurückziehen könnt? Vielleicht zu irgendeinem Familienmitglied? Ansonsten können wir sicher etwas finden, das …«
»Norwegen!«, unterbrach Stig. »In Norwegen sind wir so sicher wie in Abrahams Schoß.« Er warf Katrine einen kühlen Blick zu. »Da klärt die Polizei ihre Fälle selbst und muss sich nicht von schwangeren Frauen helfen lassen.«
Katrine schwieg.
»Wir können bei Stigs Familie wohnen. Das ist … bestimmt schön und sehr sicher. Wir können morgen die Fähre nehmen.« Maja lächelte pflichtschuldig.
»Okay«, antwortete Katrine.
In diesem Moment knatterte ihr Funkgerät, als sie von der Zentrale gerufen wurde. Sie löste es von ihrem Gürtel und drückte auf den Knopf an der Seite.
»Bergman hier, was gibt’s?«
»Wir haben gerade eine Vermisstenmeldung hereinbekommen«,
Weitere Kostenlose Bücher