Die Geishas des Captain Fishby
ist längst dabei. Nur, es
dauert eine Weile, bis die Gruben fertig sind. Aber wir werden unsere Schuld
bestimmt bald bezahlen können.“
Fisby beruhigte sich wieder. „Gut. Nur
— ob sie uns noch einen Webstuhl überlassen werden, wenn wir den anderen
bezahlt haben?“
„Das glaube ich kaum. Sie haben selber
nur noch ganz wenige.“
„Aha. Und woher könnten wir dann noch
welche bekommen?“
„Das wird sicherlich sehr schwer
halten. Es gibt nicht viele Webstühle auf Okinawa. Früher wurden sie auf Amami
O’shima hergestellt, aber wie es jetzt damit steht, weiß ich nicht.“
Eine neue Sorge tauchte vor Fisby auf.
Wenn er nun noch mehr von dem weißen Stoff benötigte? Dann müßte er wieder zu
jenem Fähnrich gehen. Wenn er ihm jetzt aber nicht die versprochenen Matten
beschaffte, so sähe das ziemlich übel aus. „Sakini“, sagte er nach einigem
Überlegen, „wir wollen uns den Webstuhl einmal ansehen.“
Eine Zeitlang beobachteten dann er und
Sakini die Frau beim Weben. Es ging alles recht langsam voran. Zuerst mußte sie
auf ein Pedal treten, um eine einzige Binse durch die senkrecht gespannten
Binsen zu ziehen. Dann trat sie auf ein zweites, wodurch diese Binse wiederum
eng an die bereits durchgezogenen gepreßt wurde. Und obwohl die Arbeit flink
voranging, konnte man kaum wahrnehmen, daß die Matte größer wurde. „Sakini“,
meinte Fisby daraufhin, „wenn wir hundert solcher Webstühle hätten, so könnten
wir jeden Tag hundert Tatamis fertigstellen, nicht?“
„Aber wie sollen wir zu hundert
Webstühlen kommen?“ fragte Sakini.
Fisby achtete überhaupt nicht auf
diese Entgegnung, weil er völlig in den Anblick des Webstuhls vertieft war. Er
musterte sehr genau das Holzgestell, die Pedale und das hin und her eilende
Schiffchen. „Sakini“, sagte er dann, „ich glaube, wir müssen den Webstuhl ganz
auseinandernehmen.“ — Fassungsloses Entsetzen spiegelte sich in Sakinis Augen.
„Aber Chef, das ist doch der einzige,
den wir haben!“
„Schadet nichts. Hol sofort zwanzig
Männer her und frag einmal auf dem Bauplatz des Cha ya, ob sie ein paar Bretter
zwei mal vier und vier mal vier haben, die sie mir leihen können.“
Während Sakini davonrannte, begann
Fisby den Webstuhl in seine einzelnen Teile zu zerlegen. Selbst als er die
erschrockenen Blicke der inzwischen herbeigeholten Männer bemerkte, ließ er
sich in seiner Arbeit nicht stören. „Hier, Sakini“, sagte er und legte einen
Teil des Rahmens auf eins der Bretter, „sag Ihnen, ich mache es ihnen jetzt
vor, und sie sollen genau aufpassen.“ Mit einem Bleistift fuhr er behutsam an
den Außenkanten entlang. „Sie werden das doch wohl können?“ — „Sicher, Chef.“
„Okay. Nun bekommt jeder von ihnen
einen Teil des Rahmens und zeichnet ihn auf die Bretter ab. Dann brauche ich
noch fünfzig Männer, die die verschiedenen Teile aussägen. Ich möchte bis heute
abend noch fünfzig Webstuhlrahmen aufstellen.“
Nachdem Sakini wieder davongeeilt war,
ergriff Fisby ein Stück Holz, aus dem er die notwendigen Stifte schnitzen
wollte. Er setzte sich auf ein Brett, holte sein Taschenmesser heraus und fing
an.
Er war so in seine Arbeit versunken,
daß er Dr. McLeans Kommen gar nicht bemerkte.
„Ach, da sind Sie ja, Captain“,
begrüßte ihn der Doktor. „Wo waren Sie bloß heute morgen? Ich habe Sie überall
gesucht.“
„Ich habe eine kleine Autofahrt gemacht,
Doktor. Na, was macht Ihre ethnologische Arbeit?“
„Danke. Heute vormittag habe ich
allerdings nicht viel getan, ich — hm, ich habe ziemlich lange geschlafen. Aber
— was machen Sie denn da eigentlich?“
„Ich schnitze. Doch nun erzählen Sie
erst einmal, was Ihnen an den Leuten hier besonders aufgefallen ist.“
Der Doktor zuckte leicht zusammen.
„Offen gestanden, Captain — ich glaube, es mangelt ihnen an
Verantwortungsgefühl.“
Fisby tat einen überraschten Pfiff:
„Meinen Sie?“
„Es ist nur so mein erster Eindruck,
Captain. Ich will damit nicht bezweifeln, daß sie den besten Willen haben, aber
sie lassen die Zügel etwas schleifen. Vielleicht können sie das Wichtige nicht
von dem Unwichtigen unterscheiden. Das ist jedoch nur eine ganz allgemeine
Vermutung.“
Fisby machte ein nachdenkliches
Gesicht. „Wissen Sie, Doktor, soweit ich’s beurteilen kann, will man hier alles
gern so haben, wie es früher in Naha war, in der Hauptstadt. Dies hier war ja
immer nur ein kleines Dorf, und Naha scheint von jeher das erträumte
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