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Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister schweigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Care Santos
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gut?«, fragte die Schwiegermutter.
    »Ja, ja«, brachte die junge Frau hervor. »Sie können ruhig fahren. Und berichten Sie mir alles, wenn Sie zurück sind.«
    Auf dem Weg hinaus bat die ältere Señora zerstreut: »Conchita, bitte hilf mir mit meinem Gedächtnis. Haben wir wirklich keine Enkel?«
    »Nein, Señora. Sie haben keine Enkel.«
    »Ach so.« Doña Maria del Roser schwieg nachdenklich und wechselte urplötzlich das Thema. »Sind die Pferde schon bereit?«
    »Nein, Señora. Die Autos fahren mit Motor.«
    »Ach so! Großartig. Ist Felipe schon fertig?«
    »Julián, Señora, er ist der Sohn von Felipe. Julián steht nun auch schon fast dreißig Jahre in Ihren Diensten. Aber Felipe hat längst aufgehört zu arbeiten.«
    Maria del Roser reagierte zunächst erstaunt und dann genervt.
    »Meine Güte, die Namen von den neuen Hausangestellten kann man sich ja unmöglich merken, Conchita. Aber Hauptsache, wir kommen endlich los, bevor es noch zu regnen anfängt.«
    Mit affektierter Eile machte sich die Matriarchin auf, ihr Programm für den Tag des Buches zu beginnen. Teresa konnte sich in aller Ruhe in der Einsamkeit des Badezimmers ihrer Schwiegermutter übergeben. Danach war ihr etwas wohler zumute, und von der Last des verdammten Tees befreit, ging sie die Treppe hinunter, um ein wenig frische Luft zu schnappen und ihre Rosenstöcke zu besuchen.
    Als sie zum großen Salon gelangte, traf sie dort zu ihrer großen Überraschung Octavio Conde an, der es sich in einem der Lehnsessel mit dem gelben Samtpolster bequem gemacht hatte und mit der größten Selbstverständlichkeit die aktuelle La Vanguardia las.
    Teresa erschrak bei seinem Anblick. Sie hatte zu dieser Tageszeit nicht mit Besuch gerechnet.
    »Man hat mir nicht gesagt, dass Sie hier sind«, entschuldigte sie sich.
    »Natürlich nicht. Ich habe ja auch nach Ihrem Gatten gefragt. Als ich erfuhr, dass er nicht im Haus ist, hat man mich gebeten, im Salon auf ihn zu warten. Aber ehrlich gesagt, ich habe gelogen, Teresa. In Wahrheit wollte ich Sie sehen.«
    Don Octavio war mit der für ihn typischen Eleganz gekleidet. Er trug ein kariertes Sakko, das an seinem Körper so perfekt saß, wie dies nur teure, maßgeschneiderte Kleidung kann. Die frisch polierten Schuhe waren weinrot, passend zu den Handschuhen und dem Taschentuch, das aus der oberen Sakkotasche ragte. Doch das Attraktivste an Don Octavio war sein Charme: sein aufrichtiges Lächeln, seine altmodischen Manieren und sein Auftreten als Mann von Welt, für das die Damen der Stadt immer so anfällig waren.
    Die letzten Worte des Besuchers hatten das Herz der Hausherrin in Aufruhr versetzt. »Mich? Aber warum denn?«
    »Ich möchte Sie gerne etwas fragen.«
    »Können Sie Ihre Frage nicht im Beisein meines Mannes stellen?«
    »Ihr Gatte versteht von den Dingen, die ich mit Ihnen besprechen möchte, nichts. Möchten Sie sich nicht auch setzen?«
    Teresa errötete. Über ihrer Überraschung und der Vorsicht, mit der sie Octavios Worte aufgenommen hatte, hatte sie ihre Pflichten als Gastgeberin vernachlässigt.
    »Aber natürlich. Entschuldigen Sie bitte.« Sie versuchte, ihren Fehler wieder gutzumachen. »Haben sie schon gefrühstückt? Möchten Sie etwas trinken?«
    Octavio lehnte das Angebot mit größter Selbstverständlichkeit ab, ohne dass das Lächeln aus seinem Gesicht verschwand. Teresas Versäumnis maß er keinerlei Bedeutung bei. Ganz im Gegenteil, er fand sie einfach entzückend. Trotz seines Junggesellenstatus hatte er im Verlauf seiner dreiundvierzig Lebensjahre ausreichend Gelegenheit gehabt, so viel über Frauen zu lernen, um in der unterlassenen Gastfreundschaft die Anzeichen einer aufrichtigen Verwirrung zu entdecken. Und nichts schätzte er mehr, als bei ehrenwerten Damen eine aufrichtige Verwirrung zu verursachen. Sein Freund Amadeo konnte sich glücklich schätzen, sagte er sich, während Teresas Wangen ihre natürliche Blässe wiedererlangten und ihre Augen ihn aufmerksam betrachteten.
    »Vor ein paar Tagen habe ich mich noch einmal daran gemacht, die Papiere meines Vaters zu sichten«, begann Don Octavio. »Nicht die Dokumente des Unternehmens, sondern seine persönlichen Unterlagen. All die vielen Jahre hat sich niemand damit ausführlich beschäftigt. Dabei bin ich auf unzählige Überraschungen gestoßen. Unter anderem habe ich viele Papiere über die Aktivitäten dieser Spiritistenvereinigung gefunden, auf deren Mitgliedschaft er so stolz gewesen ist.«
    Teresa war sehr erleichtert,

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