Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister schweigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Care Santos
Vom Netzwerk:
Teresa schläft und deckt sie zu. Er zieht sich wieder an, allerdings weniger steife Kleidungsstücke als die, die ihn den ganzen Tag gequält haben. Er verlässt das Haus mit dem Vorhaben, ein Mittel gegen sein Übel zu finden.

    Aber kommen wir nun auf die Folgen von siegreicheren Begebenheiten zu sprechen als der, von der wir gerade berichtet haben.
    Das Schlimmste ist vorüber, als der Señor mit seinem Rolls Royce nach Hause kommt. Concha empfängt ihn mit der Nachricht, dass soeben sein Sohn auf die Welt gekommen ist. Doch das scheint Amadeo nicht sonderlich zu berühren. Er geht, so aufrecht wie immer, die Treppe hinauf, mit seinem Auftreten, das das ganze Personal beeindruckt. Überrascht stößt er auf eine Menschentraube vor dem Zimmer, das einmal das Schlafzimmer seiner Mutter gewesen war. Concha erklärt ihm: »Es ist ein Junge. Alles ist bestens verlaufen.«
    Wenn Sie Teresa fragen würden, wäre sie vielleicht in dem Moment mit dieser Aussage nicht ganz einverstanden. Sie fühlt sich, als hätte ihr das Neugeborene alle Kräfte geraubt. Sie ist erschöpft, ihre Gliedmaßen sind ermattet, und sie hat das Gefühl, wenn sie jetzt auf die Beine kommen wollte, würde sie auf der Stelle umfallen. Elisa hat Teresas Gesicht mit einem feuchten Handtuch erfrischt und bemüht sich nun, ein wenig ihr Bett zu richten. Die Hebamme hat Teresa angewiesen, die Augen zu schließen und auszuruhen.
    Einige Augenblicke zuvor hat Elisa ihr ihren Sohn gezeigt, ein unförmiges, leicht violettes Knäuel, was sie verwirrt und zu Tränen gerührt hat. Wie hat sich in ihrem Körper nur etwas so Perfektes ausbilden können? Sie begreift sofort, dass Maria del Rosers Worte auch in diesem Fall zutreffen: Das Ergebnis zeigt, dass die gewaltigen Schmerzen, die sie heute erlebt hat, die Mühe wert gewesen sind. Sie fragt die Hebamme, wann sie ihr Kind auf den Arm nehmen kann, doch die Frau ist kategorisch: »Wenn Sie genügend Kraft dafür haben, meine Liebe.«
    Teresa schließt die Augen und gibt sich einer süßen Ruhe hin. Ihr Körper ist noch schmerzerfüllt und angegriffen, aber dieses Gefühl ist nichts im Vergleich zu dem, was hinter ihr liegt. Die Ruhe wird ihr guttun. Im Halbschlaf nimmt sie wahr, dass Elisa neben ihrem Bett die Wiege mit den vielen Schleifen und Spitzen aufgestellt hat. Sie weiß nicht, ob ihr Baby darin liegt, denn vor einer Weile hat sie gesehen, wie die Hebamme es auf den Armen hinausgetragen hat, vielleicht um es den ungeduldigen Hausmädchen zu zeigen. Teresa weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, als sie erneut die Augen öffnet und Amadeo erblickt, der – so elegant wie immer – neben der Wiege steht und hineinsieht. Er schaut eine geraume Weile, ohne ein Wort zu sagen, wie ein Insektenforscher auf ein besonders seltenes, noch nicht katalogisiertes Exemplar. Teresa meint, auf seinem Gesicht zwar nicht den Hauch eines Lächelns, so doch einen zufriedenen Gesichtsausdruck zu sehen.
    In der Wiege schläft Modesto. Er ist von der Belastung und den Anstrengungen der Geburt erschöpft und ahnt all das nicht, was wir, die zeitlosen Wesen, bereits über ihn wissen.
Von: Violeta Lax
Gesendet am: 11. April 2010
An: Valérie Rahal
Betreff: Bist du noch da?

Liebe Mama,

ich bin einfach unmöglich. Mein Geständnis über meine große Liebe ist wohl zu brüsk gewesen. Ich muss allerdings zugeben, dass mich die Vorstellung amüsiert hat, welches Gesicht du dabei machst. Aber wenn du nun schweigst, fürchte ich so langsam, dass du einen Herzinfarkt bekommen hast. Falls ich zu weit gegangen bin, tut es mir wirklich leid. Wenn es dir lieber ist, rede ich mit dir nicht mehr über die Sache, ja?
Aber ich muss dir noch von dem Besuch der Italienerinnen berichten. Das offizielle Programm ist nicht zu stressig, also hatten wir etwas Zeit für uns und konnten ein wenig bummeln gehen und uns besser kennenlernen. Du weißt ja, Barcelona ist um diese Jahreszeit traumhaft, und wir haben so ein Glück mit dem Wetter, dass ihnen die Stadtbesichtigung noch mehr Vergnügen bereitete. Mich hat überrascht, wie gelassen Fiorella vor den Journalisten aufgetreten ist, so als gehörten Pressekonferenzen zu ihrem Alltag. Mit ihrer etwas rustikalen Natürlichkeit und mit Emotionen, die immer aus ihren Worten dringen, wenn sie über ihre Mutter redet, hat sie alle für sich eingenommen. Ihre Augen glänzten, als sie sagte, sie sei sehr stolz darauf, den letzten Willen der Verstorbenen zu erfüllen – weil es sich um einen Traum

Weitere Kostenlose Bücher