Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)
bis in den letzten Winkel seinen Stempel aufgedrückt. Es wirkte nicht unberührt und aufgeräumt, sondern strahlte eine maskuline Gemütlichkeit aus. Es war die Sorte Zimmer, in die sich Männer früher zurückzuziehen pflegten, wenn ihre Frauen sie durch den Hausputz aufgescheucht hatten. Hier konnte ein Mann bedenkenlos Zeitungen auf Sesseln und Stühlen verteilen, konnte ungestört rauchen und Kekskrümel auf den Teppich fallen lassen.
»Stören Sie sich nicht an den Katzen«, sagte Quinnell, »sie sind ganz harmlos. Dumme Tiere eigentlich, aber ich hänge an ihnen. Murphy – das ist der große schwarze Kater – ist schon seit sieben Jahren bei mir, und seine Freundin Charlie kam letzten Winter zu uns, als ich dieses Haus kaufte.« Plötzlich schien ihm etwas einzufallen, und er runzelte die Stirn. »Sie sind doch hoffentlich nicht allergisch gegen Katzen, oder?«
Ich versicherte ihm, daß das nicht der Fall war.
»Ein Glück. Ich hatte einmal eine Tante, die allergisch gegen Katzen war. Sehr unangenehm für die Ärmste. Nun«, sagte er, als Adrian in der Tür auftauchte, »alles erledigt? Ob Sie wohl so freundlich wären, uns dreien etwas zu trinken zu holen? Ich fürchte, ich habe meine guten Manieren vergessen und Miss Grey noch gar nichts angeboten.«
Ich bemerkte, wie sich Adrians Schultern leicht versteiften, aber wieder überraschte er mich, indem er der Aufforderung ohne Protest nachkam. Peter Quinnells Bezahlung mußte wirklich gut sein, überlegte ich, denn Adrian haßte es, den Butler zu spielen. Jetzt aber schenkte er mir ein gewinnendes Lächeln. »Gin mit ein bißchen Wermut für dich, Darling? Und Sie, Peter? Wodka?«
»Ja, bitte. Und vielleicht etwas Käsegebäck?« Er wartete, bis Adrian sich wieder entfernt hatte, ehe seine schmalen Augen langsam zu mir zurückwanderten. Wieder wurde ich an einen Schauspieler im Theater erinnert, nicht nur wegen der bühnenartigen Umgebung, der elegant plazierten Gestalt im Sessel und ihrer wohlmodulierten, kultivierten Stimme, sondern weil ich den deutlichen Eindruck hatte, daß hinter diesen Augen mehr vorging, als man vermuten sollte.
»Adrian erwähnte, daß Sie und er früher ein Paar gewesen seien«, bemerkte er.
Adrian, dachte ich, verdiente manchmal einen Tritt in den Hintern. Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Ja, mehr oder weniger.«
»Aber jetzt nicht mehr?«
»Nein.«
»Das habe ich mir gedacht. Aber Sie sind noch Freunde?«
»O ja, gute Freunde.«
Er schwieg einen Moment und kniff leicht die Augen zusammen, als versuchte er, sich an etwas zu erinnern. »Sie haben sich in Suffolk kennengelernt, nicht wahr? Bei einer von Lazenbys Ausgrabungen?«
»Ja. Obwohl ich gestehen muß, daß ich selbst nicht viel Zeit auf der Ausgrabungsstätte verbracht habe. Ich hatte gerade erst angefangen, für Doktor Lazenby am Britischen Museum zu arbeiten, und war noch ziemlich unerfahren, was die praktische Außenarbeit betraf.«
»Suffolk«, wiederholte er nachdenklich. »War das das römische Fort?«
»Genau. Sie haben jetzt eine Überführung darüber gebaut.«
»Ah ja.« Der große schwarze Kater hob den Kopf, streckte sich und machte gähnend einen Buckel. Mit einem kurzen Blick in meine Richtung sprang er elegant auf den Teppich und stolzierte ein wenig steif auf Peter Quinnells Ecke zu. Quinnell nahm seine Hand vom Knie, damit der Kater auf seinen Schoß springen konnte, wandte aber seinen ruhigen Blick nicht von meinem Gesicht ab.
»Was hat man Ihnen über die Stelle erzählt?« fragte er.
Ich antwortete ehrlich. »Nicht viel.«
»Und über mich?«
»Noch weniger.«
Die klugen Augen lächelten. »Sie brauchen keine Rücksicht auf meine Gefühle zu nehmen, meine Liebe. Bestimmt hat Ihnen jemand erzählt, daß ich verrückt bin?«
Was sollte ich darauf sagen? Glücklicherweise schien er keine Antwort zu erwarten, denn er fuhr fort, den schwarzen Kater zu streicheln und mich freundlich anzusehen.
»Ihre Arbeit für Lazenby war es, die mich zuerst auf Sie aufmerksam gemacht hat, wissen Sie. Er bildet nur die Besten aus. Adrian sagte mir, Sie hätten den Hauptteil der Katalogisierungsarbeiten für die Suffolk-Ausgrabung geleistet – und auch die Zeichnungen angefertigt. Stimmt das? Beeindruckend«, sagte er, als ich nickte. »Sehr beeindruckend. Ich wäre entzückt, wenn Sie diese Aufgabe auch für uns hier auf Rosehill übernehmen könnten. Natürlich werden wir nicht ganz so viele Fundstücke wie Lazenby zutage fördern – die Römer
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