Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)
auf dem Brett ab. »Ich dachte, es wird sowieso alles auch in den Computer eingegeben.«
»Ja, normalerweise schon.« Er rieb sich reumütig den Nacken. »Ich fürchte nur, ich bin noch nicht dazu gekommen, meine Notizen vom vergangenen Freitag und Samstag einzugeben.«
Ich ließ meinen Tee stehen und stand auf. »Wenn Sie möchten, werde ich selbst mal nachschauen. Ein zweites Paar Augen sieht manchmal mehr.«
Nachdem ich Quinnells Schreibtisch oben in den Principia ohne Erfolg abgesucht hatte, scheuchte ich Adrian beiseite, um mir den Boden unter Davids Tisch vorzunehmen. »Bist du wirklich sicher , daß du es nicht gesehen hast?«
»Ganz sicher.« Geduldig wartete er, bis ich meine Suche beendet hatte. »Soll ich mich ausziehen, zum Beweis, daß ich das Ding nicht in meiner Hose versteckt habe? Würde das helfen?«
»Möglicherweise.« Ich stieß meinen Kopf am Schreibtisch an, als ich rückwärts wieder darunter hervorkroch, und rieb mir beim Aufrichten fluchend die schmerzende Stelle. »Ehrlich, Adrian, ich kann mir nicht vorstellen, wo dieses verdammte Notizbuch hingekommen sein könnte.«
»Vielleicht hat es dein Freund genommen.«
»Wie bitte?«
»Der Wächter.« Er meinte es natürlich nicht ernst. Ich konnte sein hinterhältiges Grinsen sehen, als er sich über die Tastatur von Davids Computer beugte und mit einem Befehl den Laserdrucker mit einem wimmernden Geräusch zum Arbeiten brachte. »Wenn Peter ihn für fähig hält, unsere Computer zu manipulieren, wüßte ich nicht, warum der Geist davor zurückschrecken sollte, Notizbücher zu stehlen. Da fällt mir ein«, sagte er und schlug sich in gespieltem Entsetzen die Hand an die Wange, »meine Kaffeetasse ist seit neuestem auch verschwunden …« Und er pfiff die Erkennungsmelodie von Akte X .
»Danke, du bist mir wirklich eine große Hilfe«, schnaubte ich, während ich mich, die Hände auf die Hüften gestemmt, umsah. »Ich freue mich, daß du die Sache so ernst nimmst.«
Er lehnte sich mit einem selbstzufriedenen Ausdruck zurück. »Ich habe dich gewarnt, oder? Ich habe dir gesagt, daß etwas geschehen wird, Darling. Das Pech kommt in dreifacher Gestalt – erinnerst du dich?« Als ich ihn ignorierte und meine Suche mit doppeltem Elan fortsetzte, seufzte er und stand auf. »Also gut, ich helfe dir suchen. Laß mich nur zuerst noch eine Tasse Kaffee holen. Möchtest du auch eine?«
»Nein, danke.« Ich ging zu dem hohen Ablageschrank aus Stahl an der gegenüberliegenden Wand und zog die oberste Schublade auf, obwohl mir klar war, daß Peters Feldnotizen kaum versehentlich dort abgelegt worden sein konnten. Die Schublade war so gut wie leer. Ich war gerade dabei, sie wieder zu schließen, als ich Adrian zurückkommen hörte. »Du warst aber schnell«, sagte ich zu ihm. »Sag mal, du könntest nicht vielleicht …«
Ich brachte den Satz nicht zu Ende. Ohne Vorwarnung wurde mir der Griff der Schublade entzogen, und der Ablageschrank wanderte gut dreißig Zentimeter zur Seite, wobei er ein laut kratzendes Geräusch auf dem gestampften Lehmfußboden machte. Erschrocken wirbelte ich zu Adrian herum, aber er war nicht da.
Niemand war da.
Ich versuchte, einen Laut von mir zu geben oder einen Finger zu rühren, irgend etwas zu tun, aber ich war wie gelähmt, weil ich wußte, daß ich nicht allein war. Ich kniff die Augen zusammen und preßte meinen Rücken gegen das kalte, unnachgiebige Metall des Schranks, um etwas Festes, Reales zu spüren, während unsichtbare Schritte mit leisem, aber sicherem Tritt auf mich zukamen … stehenblieben … und schließlich an mir vorbeigingen. Erst als das Geräusch vollständig verklungen war, wagte ich es, wieder Luft zu holen.
Als ich das Klappern eines Löffels in einem Kaffeebecher vernahm, öffnete ich wieder die Augen. »Du wirst dir den Rücken verrenken, wenn du so was alleine versuchst«, sagte Adrian, der offenbar nichts bemerkt hatte.
Ich leckte mir mit der Zunge über die ausgetrockneten Lippen, um sie überhaupt bewegen zu können. »Was meinst du?«
»Du solltest die Möbel nicht alleine verrücken.« Er deutete auf den Ablageschrank. »Der ist doch zu schwer für dich.«
»Ja, schon, aber ich habe ihn nicht …«
»Oh, ich sehe, du hast es gefunden«, rief er fröhlich. »Gut gemacht.«
Immer noch wie in Trance blinzelte ich zu der Stelle, wo der Schrank gestanden hatte, um dann wie versteinert auf das große rote Notizbuch zu starren.
Adrian hob es auf und blätterte mit dem Daumen
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