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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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weckte mich, als die ersten blassen Sonnenstrahlen über das Fensterbrett krochen und zarte Schattenmuster in mein Zimmer warfen. Lächelnd schob ich die schlafenden Katzen beiseite, stand auf, streckte mich und ging hinüber zum Fenster, um den Tag zu begrüßen. Ich sah hinaus in einen wolkenlosen Himmel, der sich weit über einer Welt aus schimmerndem Grün wölbte; sah den blauen Streifen des Meeres am Horizont, die Pfingstrosen unter den tanzenden Zweigen der Kastanie und Peter, der mit dem Rücken zu mir an der Steinmauer lehnte und über das leere Feld blickte.
    Aus der Entfernung betrachtet sah er plötzlich sehr alt aus. Alt und müde und sehr allein.
    Ich brauchte nicht lange, um mich anzuziehen und hinunterzugehen. Meine Füße machten kaum ein Geräusch, als ich über den tauglänzenden Rasen auf die Mauer zuging, aber Peter hörte mich trotzdem. Er wandte sich halb um und sah mir mit einem gedankenverlorenen Lächeln entgegen.
    »Sie werden sich den Tod holen, meine Liebe, so ohne Pullover.«
    »Aber nein. Das ist ein warmes Hemd.« Zum Beweis rieb ich ein Stück des dicken Baumwollstoffes zwischen meinen Fingern. »Außerdem ist es fast Juni. Man sollte um diese Jahreszeit schon aus Prinzip keinen Pullover mehr tragen.«
    Peter nahm meinen Widerspruch mit einem nachsichtigen Nicken hin und richtete seinen Blick wieder auf das Feld. Ich stützte mich mit den Ellbogen neben ihn auf die altersschwache Mauer und sah schweigend in die gleiche Richtung. Lange Schatten lagen auf der gegenüberliegenden Seite der grünen Fläche, wo ein anderer Hügel sich mächtig über einem winzigen weißen Bauernhaus erhob, aber sonst flirrte überall die Sonne auf dem sacht im Wind wogenden Gras. Das Feld machte einen heiteren, unberührten Eindruck.
    Aber wir wußten beide, daß es nicht so leer war, wie es schien. Der Wächter stand vielleicht in dieser Minute auf der anderen Seite der Mauer und beobachtete uns …
    Ich zog das weite Hemd enger um mich und sah Peter forschend von der Seite an. »Machen Sie sich Sorgen?«
    »Hmm?«
    »Wegen dieses Essens mit Doktor Connelly.«
    Er lächelte kaum merklich. »Er denkt, die Neunte Legion sei nach Palästina gezogen.«
    »Verstehe. Aber …«
    »Teile von ihr vielleicht. Das habe ich ihm zugestanden. Teile der Legion, einzelne Einheiten, bestehend aus denen, die nicht umgekommen sind. Aber die Neunte selbst?« Er schüttelte den Kopf. »Sie ist hier. Ich weiß, daß sie hier ist.« Er stieß sich von der Mauer ab und richtete sich seufzend auf. »Ich wünschte nur, wir hätten einen winzigen Beweis. Außer dem Geist, meine ich. Irgendein konkretes Beweisstück, das wir dem alten Connelly vorlegen könnten. Ich hätte die Überzeugungen dieses selbstgefälligen Kerls nur allzugern ein wenig erschüttert.«
    Er sagte es humorvoll und ohne Haß, aber ich hörte dennoch den bitteren Unterton in seiner Stimme. Und auf einmal war ich mir sicher, daß Peter seine Ausgrabung durchführen würde, egal, wie Connellys Entscheidung nach dem heutigen Treffen ausfallen sollte. Er jagte nicht nur einem lebenslangen Traum hinterher, sondern auch dem genauso imaginären Lorbeerkranz des geachteten Forschers und Gelehrten, den er als junger Mann getragen hatte und der ihm irgendwann während seiner Laufbahn abhanden gekommen war. Respekt, dachte ich – das ist es, was er will. Respekt und Anerkennung.
    Ich stützte grübelnd mein Kinn in eine Hand. »Wir finden sicher etwas, ehe die Ausgrabungssaison vorbei ist. Und außerdem«, fügte ich aufmunternd hinzu, »haben Sie zumindest die Genugtuung, Connelly sagen zu können, daß wir höchstwahrscheinlich eine Vexillatio-Festung gefunden haben, obwohl niemand vermutet hätte, daß sich hier eine befinden könnte.«
    »Ja«, stimmte er zu, »die habe ich zumindest. Und Robbie hat mir schon vor einiger Zeit gesagt, daß unser Feld voller Menschen sein wird.«
    »Na, sehen Sie«, ich nickte in froher Gewißheit. »Das müssen die Studenten gewesen sein, die er gesehen hat. Also brauchen Sie sich keine Sorgen mehr zu machen. Denn Robbie«, erinnerte ich ihn, »behält immer recht.«
    »Ja.« Peters träger Blick wanderte wieder hinaus auf die stille grüne Fläche hinter der Mauer. »Allerdings weiß man bei Robbie nie«, sagte er langsam, »ob das, was er sieht, Schatten der Zukunft oder der Vergangenheit sind.«
    »Bemerkenswert.« Doktor Connelly zog säuberlich einen schmalen Graben durch die Mitte seines Kartoffelbreis, drückte ein Stück

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