Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
Vom Netzwerk:
Beweis für den Aufenthalt der Neunten Legion in der Festung, mußte aus dem frühen zweiten Jahrhundert stammen. Eine von der Neunten zurückgelassene Topfscherbe müßte etwa vierzig Jahre jünger sein als die, die wir bisher gefunden hatten. Wäre Robbie in der Lage, den Unterschied zu erkennen?
    Da ich zu neugierig war, um noch länger auf eine Antwort zu warten, hatte ich mir ein kleines Experiment ausgedacht: Unter die Scherben aus der Römerzeit hatte ich ein Stück eines viktorianischen Blumentopfs gemischt, das Wally im Garten gefunden hatte. Die Lasur war rot und hatte fast dieselbe Farbe wie die antike samische Töpferware, so daß die Stücke für ein ungeübtes Auge beinahe gleich aussahen. Robbie jedoch pickte die untergeschobene Scherbe mit Leichtigkeit heraus. Seine Hand schloß sich kurz darum und öffnete sich sofort wieder.
    »Hey, Opa, fühl mal die hier – sie ist heiß!«
    Wally am anderen Ende des Tischs sah von seiner Zeitung auf, nahm bereitwillig die Scherbe in die Hand und befühlte sie einen Augenblick, ehe er sie dem Jungen zurückgab. »Ja«, stimmte er zu, »du hast recht.«
    Jeannie, die ihren freien Donnerstagabend dazu nutzte, ihre Gebäckvorräte aufzufüllen, drehte sich von der Arbeitsfläche neben dem Herd um, einen Mehlfleck über dem Grübchen in ihrer Wange. »Du lügst doch, du alter Teufel«, beschuldigte sie ihren Vater. »Du fühlst überhaupt nichts.«
    »So, tu ich das nich?« fragte Wally herausfordernd. »Was weißt du denn schon, der Junge könnte seine Gabe schließlich auch von mir ham.« Mit einem Augenzwinkern in meine Richtung schüttelte er seine Zeitung aus, zündete sich eine neue Zigarette an und nahm die Lektüre wieder auf.
    »Sie fühlen es doch, Miss Grey, oder?« Robbie sah mich mit seinen treuen Augen an, aber nachdem ich die Scherbe pflichtbewußt einen Moment lang in der Hand gehalten hatte, mußte ich zugeben, daß ich leider gar nichts fühlte.
    »Ist sie sehr heiß?« fragte ich ihn.
    Er legte seinen kleinen dunklen Kopf schräg und überlegte. »Wie eine Teetasse«, entschied er. Er beugte sich über den Tisch und nahm zum Vergleich eine andere Scherbe in die Hand. »Sehen Sie, die hier ist kalt. Das heißt, daß sie richtig ist. Sie gehört zum römischen Teil.«
    »Zur Festung.«
    »Genau. Aber die heiße gehört zum Haus.«
    Ich grübelte eine Minute über diese Aussage nach, bis mir klar wurde, daß Robbie damit eine Zeitunterscheidung getroffen hatte. Als die Römer hier gewesen waren, hatte es keine Gebäude in der Gegend gegeben, aber im viktorianischen Zeitalter krönte bereits ein Haus den Hügel. Eine Scherbe, die zum Haus gehörte, mußte demnach jünger sein als eine, die zur Festung gehörte. Zumindest nahm ich an, daß Robbie das meinte. Ich rutschte unruhig auf meinem Stuhl hin und her und wollte ganz sichergehen. »Meinst du damit, daß sie aus einer späteren Zeit stammt? Aus einer Zeit, als die Römer schon längst wieder weg waren?«
    Er sah mich zuerst nur stumm und mit verwirrtem Gesichtsausdruck an. »Weg waren?«
    »Ja, nachdem die römischen Soldaten Rosehill verlassen hatten …«
    »Aber sie haben Rosehill nicht verlassen.«
    Ich hatte inzwischen gelernt, mir nichts anmerken zu lassen, wenn Robbie mal wieder eine Bombe platzen ließ. Sobald ich zu aufgeregt und interessiert wirkte, gab er sich noch mehr Mühe, doch die gesteigerte Anstrengung schien seine Fähigkeiten eher zu blockieren. Daher hielt ich meinen Blick jetzt fest auf die Maserung der Tischplatte gerichtet und fragte ihn ganz ruhig, was er damit meinte.
    »Sie sind nicht weggegangen«, wiederholte er. »Sie sind immer noch hier.«
    Mein Gott, dachte ich, wenn er uns zu den sterblichen Überresten führen könnte … »Wo sind sie genau, Robbie? Weißt du das?«
    Sein Schulterzucken besagte, daß die Antwort auf der Hand lag. »Überall.«
    Wally legte seine Zeitung raschelnd beiseite und blinzelte seinen Enkel forschend an. »Was meinst du damit, sie sind überall? Willst du sagen, daß Feld ist stappit fu mit Leichen?«
    Jeannie drehte sich zu mir um und buchstabierte hilfsbereit: »S-t-a-p-p-i-t f-u«, als ich automatisch nach meinem Wörterbuch griff.
    Randvoll, bis obenhin mit etwas gefüllt , lautete die Erklärung. Befriedigt klappte ich das Buch zu und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf das Gespräch.
    Robbie schüttelte den Kopf. »Nicht mit Leichen.«
    »Du weißt schon, was ich mein«, sagte Wally, der ebenso wie ich wußte, daß Robbie die

Weitere Kostenlose Bücher