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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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ließ mich natürlich nicht einfach so wieder gehen – du kennst ja deine Mutter. Ich mußte auf einen Kaffee bleiben.«
    »Tatsächlich?« Er richtete sich ein wenig an der Mauer auf und verschränkte die Arme vor der Brust. »Und, wie hat sie sich so benommen?«
    Ich umging die Frage mit der Antwort, daß sie bei bester Gesundheit zu sein schien. »Wir haben uns gut miteinander amüsiert und alte Schnappschüsse von Peter, deiner Mutter und dir angeguckt.«
    »Sie hat dich bestimmt auf all meine Mängel hingewiesen, oder?«
    Ein provozierendes Lächeln spielte um meine Mundwinkel. »Nun, wir sind nicht ganz bis zu den Bildern von dir in der Badewanne gekommen, aber vielleicht beim nächsten Mal …«
    Er lachte. »Freches Stück. Dafür wirst du bezahlen.«
    Zufrieden, einen Punkt für mich verbucht zu haben, entgegnete ich: »Ich mag deine Mutter.«
    »Sie kann eine liebenswerte Frau sein«, räumte er ein, »wenn sie einem nicht gerade auf den …«
    »Sie hat gesagt«, fiel ich ihm ins Wort, »daß Männer eine Frau gern als schwierig bezeichnen, wenn sie meinen, daß sie einen unabhängigen Geist hat.«
    »Ach, tatsächlich?« David lächelte und sah mich mit einem warmen, vertrauten Blick an. »Und was hat meine Mutter noch so gesagt?«
    Ich senkte den Kopf und fuhr die Ritzen zwischen den Steinen mit einem Finger nach. »Sie scheint zu glauben«, sagte ich, »daß du eine Schwäche für mich hast.«
    »Na großartig«, antwortete er mit einem Achselzucken, »das wird mich lehren, ihr keine Geheimnisse mehr anzuvertrauen.« Er sah wieder zum Feld hin. »Mist.«
    »Was ist?«
    »Sie haben etwas gefunden.«
    Ich grinste. »Das ist ja eine tolle Einstellung für einen Archäologen.«
    »Ich gehe mal besser nachsehen, was es ist.« Er seufzte und gab sein schattiges Plätzchen an der Steinmauer auf, um sich langsam in der brütenden Nachmittagshitze über die Wiese zu schleppen. Ich sah ihm lächelnd nach und wollte gerade selbst weitergehen, als ein plötzliches Geräusch mich erstarren ließ.
    Hinter der Mauer, keinen Meter von der Stelle entfernt, an der ich stand, krachte es in einem niedrigen Ginsterbusch, und die langen Grashalme neben mir beugten sich und erzitterten, als gemessene Schritte David aus dem Schatten hinaus auf das weite Feld folgten, das wartend in der Sonne dalag.

XXVII
     
    Es war schon ein beeindruckender Sprint, wenn man die Hitze und das Gewicht meiner Einkaufstüten bedachte. Niemand wartete mit einer Stoppuhr in der Hand auf dem Hügel, um meine Zeit zu messen, als ich den Kiesweg hinaufgeflogen kam, aber ich glaube kaum, daß Linford Christie mich in diesem Moment übertroffen hätte.
    Ich muß einen entzückenden Anblick geboten haben, als ich atemlos und mit brennendem Gesicht in die Principia getaumelt kam, aber meine beiden Assistentinnen waren viel zu sehr in ihre Arbeit vertieft, um etwas zu bemerken. Und ich selbst war so unendlich erleichtert, sie zu sehen, daß es mir gar nicht in den Sinn kam, verlegen zu werden. Der schlichte Primärinstinkt, Trost und Sicherheit in der Gemeinschaft zu suchen, funktionierte immer noch bestens, denn schon der Umstand, daß ich unter Menschen war, genügte, um beinahe all meine Furcht zu zerstreuen. Der Geist sollte umgehen, wo er wollte, Hauptsache, ich war nicht allein.
    Ich holte tief Atem. Mein Pulsschlag beruhigte sich.
    Die beiden Studentinnen, die eifrig wie fromme Mönche beim Kopieren der Evangelien über ihre Schreibtische gebeugt dasaßen, hatten immer noch nicht aufgeblickt. Entschlossen stellte ich meine Einkaufstüten ab und ging zu ihnen hinüber, um beim Sortieren und Einordnen der Fundstücke des Tages zu helfen. Es bedurfte schon einer ganz besonderen Einstellung, einer Freude am genauen, sorgfältigen Arbeiten, um diese Aufgabe bewältigen zu können. Jeannie hatte sie, nachdem sie mir einmal zwanzig Minuten lang beim Brüten über Scherben zugesehen hatte, als fykie bezeichnet, und als ich das Wort später in meinem zuverlässigen Schottisch-Wörterbuch nachgeschlagen hatte, fand ich es sehr treffend. Ähnlich wie das Putzen von ziseliertem Silber oder das Malen von Miniaturen war auch die Einordnung von Fundstücken eine Aufgabe, die viel Geduld und Fingerspitzengefühl erforderte – sie war eben fykie .
    Oft dachte ich wehmütig und voller Neid an Kollegen, die jahrhundertealte, versiegelte Gräber aufbrachen, oder an jene Filmhelden, die etwa zwanzig Sekunden im Sand herumkratzten, bevor sie eine wertvolle, mit

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