Die Geisterseherin (German Edition)
Kendo-Club der Schule informieren wollte, schließlich war dies die einzige Schulaktivität, der sie in ihren alten Schulen nachgegangen war. Heute wollte sie aber nicht mehr zurück gehen, zudem hatten die Clubs bereits ihre Tätigkeiten begonnen und sie hatte keine Lust sie beim Training zu stören. Morgen war ja auch noch ein Tag.
Mikoto erreichte eine Kreuzung vor der Innenstadt.
„Ahks...“
Ein stechender Schmerz breitete sich in ihrer Stirn aus, fühlte sich an, wie tausend Nadeln, die in ihre Schläfe stachen. Sie hob eine Hand an die Stirn und fluchte. Ihre Sicht verschwamm leicht. Torkelnd lief sie noch ein paar Schritte weiter, blieb dann aber aber am Straßenrand stehen.
Tok Tok Tok Tok Tok
Das Geräusch der Blindenampel, welche den gefahrlosen Übergang der Straße mit einem monotonen Hämmern bekannt gab, drang wie ein Hammer in ihren Kopf ein.
Dieses Gefühl kannte sie... das war ihr bereits einmal geschehen... sie wusste nur nicht mehr wann. Sie wusste nur, dass ihr dieses Gefühl seltsam vertraut vorkam.
Langsam hob Mikoto den Kopf und ließ ihren Blick über die Menschen kreisen,
Menschen...
Geister...
Mehr Menschen...
Mehr Geister...
Plötzlich blieb ihr Blick an einer braunhaarigen Frau in einem langen blauen Kleid haften. Mensch... Geist? Sie versuchte das Pochen in ihrer Schläfe zu ignorieren und strengte sich mehr an, um die Person genauer durch den Schleier zu erkennen, der sich über ihr Gesichtsfeld gelegt hatte.
Sie konnte es nicht sagen.
Sie wusste nicht, ob sie einen Menschen oder einen Geist sah. Normalerweise war es eindeutig. Geister schwebten meist einen Zentimeter über dem Boden, sie waren blasser... manchmal sogar so bleich, wie die Geister in Filmen. Ihre Bewegungen wirkten falsch, irgendwie überirdisch. Daher waren sie leicht zu erkennen gingen im Regelfall nur bei Unachtsamkeit oder in großen Menschenmengen unter. Aber nicht in diesem Fall. Die Frau stand ganz ruhig da, mitten in der sich hektisch bewegenden Menschenmenge und... sie hatte ihre Augen direkt auf Mikoto fixiert!
„Sie... sieht mich an!“
In dem Moment, in dem Mikoto dies realisierte, schob sich ein Lastwagen über die Straße und zwischen die braunhaarige Frau und Mikoto. Sie verschwand aus Mikoto's Sichtfeld und als der Lastwagen vorbeigefahren war, da war auch von dieser Frau keine Spur mehr zu sehen.
Mikoto schüttelte den Kopf ein paar Mal.
Leise murmelte sie: „Verdammte Hitze, sie bringt mich irgendwann noch einmal um...“
„Und wenn es die Hitze nicht tut, dann sind es die Geister...“ Mikoto's Reaktion auf die plötzliche Stimme, direkt hinter ihr, war verständlich. Natürlich erschrak sie, natürlich wirbelte sie herum... und natürlich erstarrte sie sprichwörtlich zu Eis, als sie eben jene Person hinter sich stehen sah, die sie ein paar Sekunden zuvor noch auf der anderen Straßenseite gesehen hatte.
„Ich habe auf dich gewartet... Mikoto.“, sprach die seltsame Frau zu ihr.
Das diese Welt, in der Mikoto lebte, mehr enthielt, als das, was das bloße Auge erkennen konnte, war ihr ja schon lange klar gewesen. Allerdings wusste sie auch nicht, was sich ihr noch entzog, kannte sie doch bislang nur das normale Leben der ganz normalen Menschen und die Geister, die nur sie als Geisterseherin wahrnehmen konnte. Aber natürlich war dies nicht alles, was dem normalen Menschen an dieser Welt entging. Wie so oft hatte er die Augen vor der Wahrheit verschlossen, wie so oft ignorierte er selbst die Dinge, die sich direkt vor seiner Nase ereigneten.
Der Mensch war ignorant und glaubte nur, was er erklären konnte... aber dummerweise gab es für manche Dinge eben keine normale, wissenschaftlich nachweisbare Erklärung.
Diese Frau, in ihrem langen blauen Kleid, ihre braunen Augen auf Mikoto fixiert... sie war ein Teil von dessen, was der Mensch nicht sehen wollte.
„Möchtest du einen Kaffee, Mikoto?“
Mikoto war der Frau auf ihrer Bitte hin, wenn auch misstrauisch, gefolgt, bis hin zu einem kleinen unaufgeräumten Laden, der über und über mit Büchern sowie einigen Antiquitäten vollgestopft war. Viele der Bücher sahen auch so aus, als wären sie selbst eine Antiquität und Mikoto hätte sich nicht einmal gewundert, wenn es zwischen diesen uralten Schinken sogar ein Exemplar des ersten Drucks der Bibel gegeben hätte, so alt wirkten einige der Schriften.
„Ich nehme schwarzen Tee... ungesüßt.“, antwortete Mikoto schnippisch auf die Frage der Frau in Blau.
Diese stellte die Kaffeekanne wieder weg
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