Die Geisterseherin (German Edition)
machen...
Und Mikoto hatte einen Teil des Currys, ihrer Bemühungen, einfach weggekippt... Vermutlich hatte sie die Ohrfeige verdient gehabt. „Es... es tut mir leid, Mutter... Ich... ich habe es nicht gesehen... nicht kapiert...“
Sie versuchte, eine Entschuldigung zu formulieren, stammelte jedoch nur ein paar zusammenhanglose Fetzen und verstummte schließlich zur Gänze.
„Bist du endlich fertig?“
Ihr Vater unterbrach ihr "Selbstgespräch", wie er es empfand, ungeduldig. Mikoto blickte ihn für einen Moment an und sah, dass er ihren Worten keinen Glauben schenkte.
„Ich bin erst fertig, wenn du anfängst, die Wahrheit zu sehen...“, knurrte sie als Antwort, jedoch wesentlich leiser als zuvor. „Ich will dir jetzt mal etwas sagen, Mikoto...“
Ihr Vater verschränkte die Arme und deutete seiner Tochter an, dass sie sich setzen sollte, was Mikoto jedoch nicht tat. Sie blieb trotzig stehen.
„Gut, dann bleib halt stehen... Hör mal, ich kann sehr gut verstehen, dass du noch immer an deiner Mutter hängst. Wirklich! Als ich ein kleiner Junge war und meine Großmutter starb, die ich wirklich über alles geliebt habe, da habe ich mir auch eingebildet gehabt, dass ich sie nach ihrem Tod noch eine Weile lang habe sehen können. Sie war so real für mich, als wäre sie wirklich noch da.“
Für einen Moment glaubte Mikoto ihren Ohren nicht trauen zu können! Ihr Vater... war mal ein Geisterseher?
Natürlich hatte jeder Mensch von Geburt an diese Gabe, doch Vernunft und Erziehung ließen ihr Gehirn irgendwann die Dinge ausblenden, die es für sie nicht gab. Der Gedanke daran, dass ihr Vater, ein Mensch, der als Wissenschaftler nur glaubte, was er selbst erforscht hatte, einmal diese übernatürlichen Sachen hatte sehen können, war schon fast absurd.
„Selbst heute erinnere ich mich noch gut an meine Fantasien, so real erschienen sie mir damals...“
„Vater... wenn du ein Senken-Sha warst, dann muss es dir doch leicht fallen, mir zu glauben!“
„Senken-Sha? Nennst du dich so? Ihr Jugendlichen immer mit eurer Internetsprache... dafür bin ich wohl wirklich zu alt... Außerdem... ich glaube dir ja, wenn du sagst, dass du sie siehst...“
Er seufzte laut.
„Die Fantasie des Menschen ist ein mächtiges Werkzeug, Mikoto. Das ist etwas, das ich während meiner Studien der Träume erkannt habe. Du meinst, dass du sie wirklich sehen könntest... und das Gehirn projiziert diese Vorstellung in deine Welt. Du vermisst deine Mutter, genauso, wie ich sie vermisse und dieser Umstand lässt sie für dich immer und immer wieder auferstehen. Aber sie ist nicht da... selbst, wenn du sie in diesem Moment siehst... sie ist nicht da.“
„Sag ihr das doch ins Gesicht, sie steht direkt neben dir.“, knurrte sie trotzig und zeigte dabei in die Richtung des Geistes ihrer Mutter. „Du meinst hier?“
Unerwartet holte er aus, Oyuki gab einen kurzen Schrei von sich – doch der Schlag ging ins Leere.
Er traf nichts, sondern ging durch Oyuki einfach hindurch. Ihr Schrei war nur ein Schreckensschrei gewesen... den ihr Vater nicht einmal hören konnte.
„Siehst du? Hier ist nichts... nur Luft. Und darum...“
Er wandte sich wieder seiner Tochter zu.
„Darum will ich, dass du endlich aufhörst. Vergiss niemals deine Mutter, aber schließe sie tief in deinem Herzen ein... und lass sie tot sein. Konzentriere dich endlich auf die Lebenden, Mikoto, das Leben ist einfach zu kurz, um es so zu verschwenden.“
Er pausierte kurz und fügte dann mit Nachdruck hinzu:
„Vor allem auf dein eigenes Leben solltest du dich wieder mehr konzentrieren...“
Aber so leicht wollte Mikoto noch nicht aufgeben. Sie hatte noch nicht alle Trümpfe ausgespielt.
„Verdammt, Vater! Ruf doch einfach Q'nqüra an und frag sie!“, rief sie verzweifelt.
„Das werde ich nicht tun... denn ich weiß, dass sie nur deine Psychiaterin ist. Ich selbst habe sie schließlich angeheuert. Auch wenn ich inzwischen denke, dass sie ihren Beruf wohl verfehlt hat.“ In dem Moment fiel Mikoto das Q-Symbol ein, das sie ja stets um den Hals trug und mit einer fließenden Bewegung, riss sie das Symbol von ihrem Hals, triumphierend lächelnd.
Sie war sich sicher, dass die Beschwörung ihres Schwertes etwas war, dass nicht einmal ihr Vater ignorieren konnte!
„Ich werde dir beweisen, dass es in dieser Welt übernatürliche Dinge gibt! Erscheine, mein Schwert!“, rief sie triumphierend, mit einem siegessicheren Lächeln im Gesicht.
Sie hob den Anhänger in die Luft... doch nichts
Weitere Kostenlose Bücher