Die Geisterseherin (German Edition)
Kinoshita's Suche nach Q'nqüra und der fünfte Tag, in dem er nicht bei sich zuhause aufwachte. Allerdings war es das bequemste Bett während dieser Reise, nicht ganz so weich, wie das in Sapporo, dafür aber war das Zimmer angenehmer temperiert und das Bett saugte ihn beim Aufstehen auch nicht so stark in seine Kissen zurück. Kinoshita, der trotz seiner Aufregung und der Tatsache, dass er den Abend zuvor schon wieder über den ganzen Daten gebrütet hatte, die er vor und während der Reise zusammengesammelt hatte, recht gut geschlafen. Sein Rücken würde wohl noch ein paar Wochen protestieren, bevor er bemerkte, dass er in der Zukunft kein Auto mehr fahren würde, aber ansonsten ging es ihm recht gut. Auch der Blick in den Spiegel wurde ihm von einem munteren Ex-Kommissar versüßt, dem er jedoch erst einmal ein stoppelfreies Kinn verpassen musste, bevor er seine Sachen zusammen packte – er hatte den Inhalt seiner Aktentasche über den ganzen Tisch ausgebreitet – und hinunter in die Lounge des Hotels lief. Von dort aus gab es eine gläserne Tür, die in den Speisesaal führte, der bis zum Mittagessen, welches kostenpflichtig war, ein kostenloses Frühstücks-Buffet für seine Gäste anbot. Yumi Hamada, Kinoshita hatte noch ein paar Probleme den Namen Yuki Yutaka in seinem Gedächtnis mit diesem neuen zu überschreiben, saß bereits an einem der Tische. Allerdings schien sie noch nicht lange hier zu sein, denn sie hatte ihr Brötchen gerade erst aufgeschnitten und überlegte jetzt anscheinend, welche der Marmeladen, Nuss-Nugat-Cremen oder Käse- und Wurstsorten der ungewöhnlich großen Buffet-Auswahl sie darauf packen sollte. Kinoshita nahm sich ebenfalls einen Teller, packte ein Brötchen und einige Scheiben Wurst und Käse darauf, da er nicht unbedingt jemand war, der gerne Süßes zum Frühstück aß, und setzte sich zu Yumi dazu, die sich inzwischen für eine Hagebutten-Marmelade entschieden hatte.
„Guten Morgen, Yumi. Gut geschlafen?“
„Morgen... ja, wie ein Stein.“
Sie lachte und biss dann herzhaft in ihr Brötchen hinein, während Kinoshita begann seines aufzuschneiden.
Er musste zugeben, dass ihn der Unterschied von dem Bild, dass er von Yuki Yutaka hatte und der realen Person, die jetzt vor ihm saß, immer wieder aus der Bahn geworfen hatte. Er hatte es akzeptiert, ja... er hatte auch keine Zweifel daran, dass dies wirklich Yuki Yutaka war. Aber trotzdem fand er sich immer wieder sprachlos, wenn er näher darüber nachdachte.
Ein Umstand, welcher auf der Fahrt von Sapporo hierher mehrfach passiert war, meist dann, wenn er nicht das Steuer in der Hand hatte. „Kann ich Sie mal etwas fragen, Yumi?“
Er hatte als Polizist vielleicht ein halbes Dutzend ähnliche Fälle gehabt, in denen vermisste Personen später als Personen mit einem anderen Geschlecht identifiziert wurden. Die meisten dieser Geschichten teilten Gemeinsamkeiten mit Yuki's Geschichte. Es waren meist Jungs gewesen, die von zuhause abhauten, weil sie so, wie sie sich fühlten entweder nicht akzeptiert wurden oder sie zu feige waren, etwas zu sagen. Der größte Teil dieser Geschichten war zudem von langen Leidenswegen geprägt gewesen.
„Sicher, aber machen wir doch ein Spiel daraus. Ich beantworte ihre Frage und sie erzählen mir dafür etwas, bevor sie eine erneute Frage stellen wollen. Es gibt da nämlich auch ein paar Dinge, die ich gerne wissen würde.“
„Gut, einverstanden.
Er fasste seinen Mut zusammen und warf die Bedenken, die er hatte, über den Haufen. Jene Bedenken, die ihm sagten, dass Leute, wie Yumi, die folgende Frage eventuell nicht gerne hörten.
„Ich frage mich die ganze Zeit... und ich entschuldige mich, wenn die Frage für Sie zu privat ist... wie viele Operationen braucht man heutzutage, um so auszusehen, wie Sie?“
Kinoshita hielt den Atem an und erwartete nach dem kurzen, verdutzt wirkenden Gesichtsausdruck, einen großen Anschiss, doch stattdessen begann Yumi nur laut zu lachen.
„Warum interessieren Sie sich dafür, Herr Kinoshita? Haben Sie versteckte Neigungen?“
Er schüttelte vehement den Kopf.
„Nein... ich bin nur von Natur aus neugierig.“
„Gut... es wäre für Sie eh zu spät... zumindest wäre das Ergebnis nicht sonderlich... beeindruckend.“
Sie begann zu grinsen und hielt dann zwei Finger in die Höhe. „Man braucht genau zwei Operationen, wenn man so viel Glück hat, wie ich. Die meisten haben aber wesentlich mehr.“
„Wirklich?“
„Ja... Sehen sie, ich hatte das Glück,
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