Die Geisterseherin (German Edition)
sie auf dem Weg zur Schule am Morgen ein Plakat von so einer modernen Teenie-Band gesehen hatte... Sie selbst hatte von der Band noch nie gehört, was aber wohl eher daran lag, dass sie kaum Radio hörte. Der ganze J-Pop, der dort lief, war einfach nicht ihr Geschmack.
„Ich habe vor Wochen die Karte gekauft und will unbedingt einen Platz ganz vorne ergattern. Wer weiß, wann die Band noch einmal nach Ichihara kommt, ich kann mir diese Chance einfach nicht entgehen lassen!“, schwärmte sie unentwegt.
„Ah, verstehe. Na, dann wünsche ich dir viel Spaß, Iori. Wenn du diese Woche doch mal einen Trainingspartner brauchst und niemand Zeit findet, dann frag mich einfach.“, schlug Mikoto ihr vor, die insgeheim hoffte, dass sie die Chance bekam mit einer so guten Kendo-Kämpferin trainieren zu können.
Dann verabschiedete sie sich und verließ das Clubgebäude, traditionell den Regeln folgend, mit einer kleinen Verbeugung.
Mikoto lief nicht sofort nach Hause, sondern machte noch einen kleinen Abstecher in die Innenstadt und kaufte sich von ihrem Taschengeld ein hübsches, schwarzes T-Shirt in einem kleinen Laden, welchen sie auf dem Weg zur Schule entdeckt hatte. Zufrieden mit ihrem Fund vertrödelte sie keine weitere Zeit und ging anschließend direkt nach Hause, las dort ihr Buch zu Ende, dass sie bereits während der letzten Tage angefangen hatte und verbrachte dann die Zeit, bis ihr Vater von seinen Forschungen nach Hause kam, mit ihren Hausaufgaben. Außerdem lernte sie ein wenig, um den neuen Stoff besser im Kopf zu behalten, damit sie sich vor den Prüfungen nicht alles wieder erneut eintrichtern musste und sie schmiss das neue TShirt gleich mal in die Wäsche, weil es dann doch etwas nach Chemie roch. Und da sie gerade dabei war, räumte sie die Waschmaschine gleich voll und startete sie.
So genommen, war es ein eher langweiliger Samstag für sie. Nachdem ihr Vater am frühen Abend nach Hause gekommen war und die beiden etwas gegessen hatten, verbrachten sie den Abend noch mit einem alten Klassiker der japanischen Filmgeschichte, der Geschichte von sieben Samurai, welche ein scheinbar armes Dorf vor Banditen beschützten.
Auch der Sonntag verlief zuerst einmal unspektakulär und man konnte schon meinen, dass Mikoto nach ihrem ersten Geist in Ichihara eine Ruhepause vergönnt war. Sie nutzte die Möglichkeit ausschlafen zu können mehr als nur ausgiebig aus und zeigte sich erst kurz vor dem Mittagessen. Dieses war im übrigen Ramen, ein Gericht, dass vor allem im Sommer am Strand liebend gern gegessen wurde, egal ob heiß oder kalt.
Es ging bereits auf Mittag zu, Mikoto und ihr Vater unterhielten sich gerade über die Schule, da ihr Vater wissen wollte, wie Mikoto so in ihrer neuen Klasse zurecht kam, als plötzlich das Telefon klingelte. Ihr Vater nahm den Hörer ab, runzelte dann die Stirn und gab ihn an Mikoto weiter.
„Für dich, Mikoto. Ein Junge mit dem Namen Yuki, wenn ich das richtig verstanden habe.“, sagte er.
„Ah, das ist ein Klassenkamerad von mir.“
Mikoto nahm das Telefon entgegen, etwas verwirrt, da sie nicht erwartet hatte, dass Yuki sie zu Hause anrufen würde. Auf der anderen Seite hatte er es sicherlich auch nicht erwartet, als sie abends plötzlich bei ihm vor der Haustür gestanden hatte.
„Sei gegrüßt.“
„Hallo, Mikoto. Ich bin es, Yuki. Sag mal, hast du heute Abend schon etwas vor oder hast du noch Zeit? Mir ist da etwas eingefallen und ich würde daher gerne dein... Talent ausborgen.“
Mikoto lächelte, als sie antwortete: „Schön, dass du mir glaubst.“ „Bleibt mir ja nichts anderes übrig, nicht? Also, hast du nun Zeit?“ „Sicher, ich bin frei. Wann und wo sollen wir uns treffen?“, fragte sie ihn.
„Kennst du den Supermarkt in der Nähe der Schule?“
„Du meinst den Okuwa-Laden? Ich hab dort schon eingekauft, also ja, ich kenne ihn.“
Der Okuwa-Laden war eben jenes Geschäft, in welchem sie vor ein paar Tagen gemeint hatte den männlichen Yuki zu sehen. „Ja, genau den meinte ich. Treffen wir uns dort um 22 Uhr.“ Mikoto war etwas verwirrt über die Uhrzeit und fragte darum: „Huh? So spät?“
„Ja. Aber keine Angst, wenn alles gut geht, dann bist du vor Mitternacht wieder zu Hause.“
„Hoffe ich doch, schließlich will ich morgen früh fit sein und nicht im Unterricht einschlafen.“, merkte sie an.
„Also kommst du?“
Sie überlegte kurz und sagte dann zu, da sie an diesem Abend eh nichts besseres zu tun hatte, dann verabschiedete sie sich.
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