Die Geisterseherin (German Edition)
schwebte anschließend wortlos davon, zurück zum Tatort, an dem die Polizisten und die Spurensicherung noch beschäftigt waren.
Mikoto gähnte einmal und beschloss am nächsten Tag die Leute vom Kendo-Club zu fragen, ob sie noch jemanden in der Nähe des Clubs gesehen hatten. Dann lief sie nach Hause, glücklicherweise war ihr Vater bereits zu Bett gegangen, wodurch sie sich eine Menge Stress ersparte. Würde sie ihrem Vater erzählen, dass sie eine Leiche gefunden hatte... sie mochte sich das gar nicht erst ausmalen. Wenn ihr in dieser Nacht etwas den Schlaf rauben würde, dann war es wohl diese Vorstellung...
Derweil... nicht weit von Mikoto's Wohnung entfernt...
Die Polizei von Ichihara arbeitete noch bis spät in den nächsten Morgen hinein, bevor sie von der nächsten Schicht abgelöst wurden. Und selbst dann blieb Kommissar Kinoshita noch in der Wache, dunkle Ringe unter den Augen. Er hatte in den letzten Tagen wahrlich zu selten und zu kurz geschlafen, da er gerade erst einen größeren Fall zum Abschluss gebracht hatte, als man ihm von der Toten in der Schule berichtete.
Jetzt lag vor ihm der Fall von Iori Sawachika, die ersten Ergebnisse der Untersuchungen waren bereits eingetroffen, nachdem der Polizeichef das Labor aus den Federn geklingelt hatte. Bei einem so delikaten Fall, wie einem Tod innerhalb des Schulgebäudes, durfte sich die Polizei keinen einzigen Fehler erlauben und es musste alles sehr schnell gehen. Die Presse würde eh noch für genug Wirbel sorgen. Bis die Leute ihre Zeitungen lasen oder den Fernseher anschalteten, sollten er und sein Team wenigstens etwas eine Spur vorweisen können...
Doch er wurde einfach nicht aus den Akten schlau.
„Verdammt, ich bin wohl wirklich übermüdet.“
Er rieb sich mit der Hand die Augen und gähnte einmal kräftig. Dann beschloss er ein letztes Mal über die Daten zu gehen, welche die Spurensicherung bislang gefunden hatte, bevor er nach Hause ging und einem Kollegen den Fall überließ.
„Das Opfer heißt Iori Sawachika... sie ist 17 Jahre alt und die Tochter von Sachiko und Junta Sawachika. So viel ist sicher...“
Sein Partner, ein Jungspund, dem man ihm erst vor einigen Tagen zugewiesen hatte, war bereits zu ihren Eltern gefahren... Sie taten ihm aufrichtig leid. Iori war ein Einzelkind und der ganze Stolz ihrer Eltern gewesen. Ein Mädchen, dass nicht nur sehr hübsch war, sondern auch sehr gute Noten vorweisen konnte und im Kendo ein Ass war. Es würde nicht einfach für sie werden....
„Aufgefunden wurde sie mit aufgeschnittenem Magen, wie bei einem klassischen Seppuku... das könnte natürlich inszeniert sein...“ Er kratzte sich am Kopf.
„Bei einer solchen Inszenierung kann man ja fast sofort von einem Mord ausgehen. Seppuku als Selbstmord ist einfach zu naheliegend. Man fand zudem eine Menge Fingerabdrücke im Raum, die momentan noch analysiert werden. Auf der Klinge waren allerdings lediglich die Abdrücke des Opfers...“
Er gähnte erneut. Das auf der Klinge keine Abdrücke des Mörders zu finden waren, verwunderte ihn nicht. Die meisten Mörder waren heutzutage schlau genug, um Handschuhe zu nutzen. Die DNAAnalyse stand allerdings noch aus. Die meisten Mörder waren schlau genug, keine Fingerabdrücke zu hinterlassen, aber DNA-Spuren zu vermeiden war ein Ding der Unmöglichkeit.
„Gegen einen Selbstmord spricht vor allem die Aussage von Mikoto Sugisaki, welche die Leiche gefunden hatte.“
Natürlich hatte er auch die Zeugen inzwischen überprüft und herausgefunden, dass beide vor Jahren am gleichen Tag einen Todesfall in der Familie hatten. Aber das machte sie nicht wirklich verdächtig, es schien nur wie ein seltsamer Zufall. Zumal war das eine Mädchen bislang die einzige Person, die sich gegen einen Selbstmord ausgesprochen hatte. Die Eltern waren ja noch nicht vernommen worden und warum sollte ein Mörder als einziger darauf bestehen, dass sein Opfer ermordet wurde?.
Es gab aber auch wirklich nichts, was gegen einen Selbstmord sprach, abgesehen von der Aussage von Mikoto Sugisaki. Und nicht alle Selbstmörder erschienen vorher depressiv...
„Man kann es drehen und wenden, wie man will, es ist und bleibt Selbstmord, wenn die DNA-Analyse nichts anderes ergibt. Die Frage ist somit nur noch: Warum?“
Niemand brachte sich einfach so um. Wäre sie vom Dach gestürzt, dann hätte es auch ein Unfall sein können. Wäre sie überfahren worden, dann hätte der Fahrer unaufmerksam sein können. Aber man schnitt sich nicht versehentlich
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