Die Geisterseherin (German Edition)
relativ schnell, wer, in Anbetracht der neuen Daten, hinter ihm her sein könnte. Mikoto erklärte ihm darum jetzt kurz und bündig, was geschehen war, wie sie dem Geist versprach zu helfen und versagte, dass er zur Stufe 3 geworden war und dass nur Mikoto dem Kommissar jetzt noch helfen konnte.
„Ich nehme kein Geld für meinen Schutz, ich bin niemand, der andere ausnutzt und dafür Märchen erzählt, nur so zu ihrer Information. Außerdem habe ich Ihnen mein Geheimnis verraten und wenn sie meinem Vater davon erzählen, dann endet für mich das sehr böse... Sie müssen mir in der Sache einfach glauben. Ganz abgesehen davon... ich helfe Ihnen natürlich auch, weil Iori's Zustand auch meine Schuld ist.“
Kommissar Kinoshita stand auf und lachte, ein Lachen, dass eher verzweifelt klang.
„Seit mehr als dreißig Jahren bin ich nun Polizist...“ murmelte er leise. „Ich habe Yakuza-Bosse geschnappt und auch schon ein Attentat auf mich überlebt... ich hatte ruhige Tage, in denen nur Kätzchen verschwanden und aufregende Tage, mit Mördern und Schießereien, wie in einem Hollywood-Streifen... aber ich hätte niemals gedacht, dass sich mal eine Tote gegen mich wenden würde... und dann auch noch das Opfer...“
Er lachte erneut dieses verzweifelte Lachen.
„Sie glauben mir?“
Er holte seine Beretta M93r aus dem Hosenbund und betrachtete sie, als würde er sich an etwas erinnern.
„Die Logik von uns Menschen ist doch wirklich lachhaft, findest du nicht?“, sinnierte er schließlich vor sich hin.
„Wie meinen?“
„Als wir den Autopsiebericht von Iori Sawachika bekamen, dachten wir alle, dass er fehlerhaft sein müsste und ließen ihn – mit dem gleichen Ergebnis – wiederholen. Aber egal, wie oft wir dies taten, wir bekamen vom Labor immer das gleiche Ergebnis und niemand von uns hat auch nur ein einziges Mal daran gedacht, dass es echt sein könnte.“
Mikoto runzelte die Stirn und fragte neugierig: „Warum? Was war das Ergebnis?“
„Meine Großmutter hat mir mal vor langer, langer Zeit eine Geschichte erzählt, eine Geschichte über einen Mann, dessen Zeit abgelaufen war und der dies einfach nicht bemerkte. Er lebte weiter, als wäre er noch am Leben und auch die anderen Menschen bemerkten anfangs nicht, dass er in Wirklichkeit tot war. Erst, als das Fleisch durch die Verwesung zu stinken anfing, bemerkten die Menschen, dass etwas nicht stimmte... und an den Rest der Geschichte kann ich mich leider nicht mehr erinnern...“
„Zeit abgelaufen... Gestank?“
Und plötzlich fiel Mikoto etwas Fundamentales auf, dass sie bis jetzt übersehen hatte.
„Hier stinkt es.“, hatte Steve zu ihr gesagt.
„Ich hielt es einfach nicht mehr dort aus, der Gestank machte mich wahnsinnig.“
Sie erinnerte sich an Steves Aussagen, der mehrfach betont hatte, wie sehr es im Clubraum gestunken hatte. Aber Mikoto konnte sich nicht daran erinnern, dass dem so war. Alles, was sie gerochen hatte, war der Geruch des Schweißes, den die hart trainierenden Jugendlichen ausströmten.
Außerdem... war Iori damals wirklich tot gewesen? So sehr sich Mikoto auch anstrengte... sie konnte sich nicht erinnern an ihr irgendetwas gesehen zu haben, was darauf hinwies. Und der Rest des Clubs agierte doch normal mit ihr!
Der Kommissar lächelte müde und fuhr fort. „Laut Bericht starb sie bereits am Freitag Abend, so gegen 18 Uhr, doch ihr habt sie am Samstag noch gesehen... meine Großmutter hat immer davon erzählt, dass sie die Geister der gestorbenen Dorfbewohner sehen könnte, doch niemand hat der alten Frau jemals geglaubt... wenn ich jetzt darüber nachdenke, dann... dann erwähnte sie auch einmal dieses Wort... Senken-Sha.“
Mikoto rammte ihr Schwert in den Boden.
„Interessant...“, sagte sie. „Obwohl ich am Samstag noch Iori gesehen habe, konnte ich ihren Tod nicht erkennen. Sie sah für mich normal aus, so wie jeder andere normale Mensch. Das könnte mir und Iori sogar helfen, denn sie hatte lediglich die Zeit zwischen unserem letzten Training und ihrem Leichenfund vergessen... aber vielleicht erinnert sie sich ja daran, was....“
Mikoto rümpfte die Nase, als ein bestialischer Gestank vom Wind zu ihr herüber getragen wurde.
„Bäh, scheint so, als hätte hier jemand Müll hin gekippt. Die Menschen sind doch echte Schweine.“, schimpfte sie laut. Wie es schien, hatten sie wahrlich einen schlechten Ort ausgewählt. Der Wind musste sich nur einmal drehen um diesen eigentlich doch ganz hübschen, vom Wald eingegrenzten Ort
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