Die Geisterseherin (German Edition)
Leih mir mal deine Autoschlüssel, du kannst meinen Wagen heute Abend nehmen.“, rief er seinem Partner zu und schmiss ihm die Schlüssel für seinen teuren Mercedes entgegen, der ohne zu murren... nein, sogar freudestrahlend, ihm seine Schlüssel gab. Es war besser, wenn er nicht in einem Polizeiwagen oder gar in seinem eigenen Wagen durch die Gegend fuhr. Der etwas ältere Wagen des Kollegen kam ihm da gerade recht – und dieser freute sich, da er an jenem Abend noch ein Mädchen groß ausführen wollte und daher schon den ganzen Tag überlegt hatte, ob er sich ein teureres Automobil leasen sollte, um das Mädchen zu beeindrucken. Anschließend steckte Kommissar Kinoshita noch seine Waffe in den Hosenbund, eine alte Beretta M93r, die er von seinem Vater geerbt hatte. Im Gegensatz zu seinen Kollegen, benutzte er stets diese Waffe und keine aus dem Polizeiarsenal... sie war schon eine Art Glücksbringer für ihn geworden.
Als er alles hatte verließ er im Eilschritt die Wache, seinen Blick immer wachsam auf die Umgebung gerichtet.
Bevor er das Auto seines Kollegen aufschloss, ein alter Toyota in Metallic Blau, ließ er seinen Blick noch einmal über die anliegenden Wohnblocks kreisen.
Alles war ruhig, er konnte nichts verdächtiges erkennen.
Darum stieg er ein und fuhr sofort los.
Mikoto rannte den kompletten Weg von der Schule zum Supermarkt. Mit dem Auto würde Kommissar Kinoshita nur wenige Minuten brauchen, daher musste sie sich beeilen. Schließlich traf sie aber doch früher ein und ging erschöpft in die Knie. Rennen bei dieser Hitze war nicht gerade das Angenehmste, zumindest neigte sich die Sonne langsam aber sicher dem Horizont entgegen. Bald würde es wieder etwas kühler werden.
„Oh man, was für ein Tag...“, jammerte sie.
Ihr fiel ein, dass zu Hause noch ihr Vater auf sie wartete, der sicherlich ein paar Worte mit ihr wechseln wollte, weil sie ihm verschwiegen hatte, dass sie am Vorabend eine Leiche gefunden hatte... Wenn sie Pech hatte, dann organisierte er schon den nächsten Umzug, als würde das alle Probleme dieser Welt auflösen. Und jetzt machte sie sogar noch alles schlimmer, in dem sie erneut zu spät nach Hause kam... aber sie hatte einfach keine andere Wahl. Außerdem hatte sie gerade weitaus wichtigere Probleme!
Neben ihr hielt ein alter blauer Wagen und Mikoto erkannte den Kommissar durch die Scheibe.
Sie riss die Tür auf und sprang in den Wagen, schmiss die Tür noch in der gleichen Bewegung wieder zu und wies den Polizisten an loszufahren. Dabei warf sie einen prüfenden Blick aus dem Fenster, ließ ihn über die Menschen und Geister wandern, doch den blondierten Schopf von Iori konnte sie glücklicherweise nicht entdecken.
„Das Beste ist, wenn sie erst einmal untertauchen. Gibt es einen Ort, an dem sie niemand finden kann?“, fragte sie den Kommissar. Der Polizist bog ohne Zögern in eine größere Straße ein, die aus der Stadt heraus führte.
„Ein Freund von mir besitzt ein Haus, es liegt ein gutes Stück außerhalb der Stadt. Niemand außer ihm weiß, dass ich einen Schlüssel für Notfälle habe, nicht einmal meine Frau.“
„Das ist perfekt.“
Mikoto atmete erleichtert auf. Außerhalb der Stadt, das klang ruhig und ablegen. Dort würde es niemanden auffallen, wenn sie gegen einen Geist kämpfte. Sie musste es nur noch hinbekommen, dass der Geist dort auftauchte und der Kommissar außerhalb der Schusslinie stand. Vielleicht konnte sie ihn in ein Zimmer sperren und den Geist erledigen, bevor dieser begriff, dass der Kommissar in dem Zimmer war... das war zumindest mal ein Ansatz für einen Plan.
„Man könnte eine Falle stellen... durchsickern lassen, dass Sie dort sind und sie dann erwarten...“, murmelte sie.
Der Wagen verließ die Stadt und jagte nun, in einem viel zu hohen Tempo, über eine Landstraße hinweg.
„Es dauert ein paar Minuten, bis wir dort sind. In dieser Zeit würde ich gerne hören, wer versucht mich umzubringen und warum. Hat es etwas mit dem Selbstmord-Fall von Iori Sawachika zu tun?“ Mikoto nickte, bemerkte aber dann, dass der Kommissar sie gar nicht sehen konnte, wenn er nicht gerade nach ihr im Rückspiegel schaute und wiederholte ihre Zustimmung akustisch noch einmal. Mikoto war aus reiner Gewohnheit hinten eingestiegen, so wie sie es früher getan hatte, wenn sie mit ihrer Familie irgendwo hin fuhr... „Ja, es geht um den Fall. Sehen Sie... es gibt da jemanden, welche über den Ausgang des Falles nicht gerade erfreut ist. Sie glaubt nicht
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