Die Geisterseherin (German Edition)
Wahl zu haben. Wenn alles vorbei war, dann würde sie diese Zusammenarbeit sofort beenden und wieder ihr eigenes Ding drehen.
So sah ihr Plan jedenfalls aus.
Es hatte sie sehr überrascht, als sie bemerkte, dass Shinji im gleichen Gebäudekomplex, wie Yuki, wohnte. Da es schon sehr spät war und Mikoto bereits seit mehreren Stunden zu Hause sein sollte, beschloss sie daher bei Yuki zu klingeln und zu fragen, ob sie bei ihm übernachten konnte.
Ihr Vater hatte bereits am Vorabend geschimpft, weil sie so spät nach Hause gekommen war und gedroht, wenn sie noch einmal so spät zurück käme, dann gäbe es mächtig Ärger. Wenn sie aber bei Yuki schlief, dann konnte er ja behaupten, dass sie schon viel früher bei ihm gewesen wäre... zumindest hoffte Mikoto das.
Als sie klingelte, öffnete Yuki als Megumi die Tür und war für einen Moment sehr verblüfft, als er sie sah.
„Hey, Yuki... ich war gerade zufällig in der Nähe und... sag mal, hast du zufällig noch ein Bett frei...?“, fragte sie ihn mit einem gequältem Lächeln.
„Uhm... lange nicht gesehen, Mikoto.“, antwortete er ihr. „Wie schön, dass du vorher Bescheid gegeben hast...“
Mikoto lächelte über die sarkastische Bemerkung.
„Bitte, ich... ich will nicht nach Hause.“, bat sie ihn.
„Okay... ich frage Mutter. Komm erst einmal rein.“
Mikoto trat ein und Yuki verschwand, nach einem sorgenvollen Blick, in der Küche. Zumindest er schien den Anblick von Iori's Leiche inzwischen einigermaßen überwunden zu haben. Was Mikoto aber nie erfahren würde, war die Tatsache, dass Yuki sein Leben lang noch von dieser Nacht träumen sollte. Nicht jede Nacht... aber immer wieder. „Maaaamaaa!“, konnte sie ihn rufen hören.
Kurz darauf kam er wieder.
„Sie sieht Freunde von Megumi immer gerne...“
Er lächelte dabei gequält.
„Du kannst das Gästezimmer nutzen, Sayuri kommt erst morgen. Ich bezweifle allerdings, dass ich dir eines von meinen Nachthemden leihen kann... du bist ein ganzes Stück größer...“
„Ein T-Shirt reicht mir auch.“, wehrte Mikoto ab.
„Nun, davon sollten eigentlich genug da sein. Komm, lass uns nach oben gehen.“
Mikoto folgte Yuki in dessen Zimmer, dass nicht wirklich, wie Yuki's Zimmer aussah... hier und da gab es Hinweise darauf, dass es ein normales Jungenzimmer war, aber durch die ganze MegumiGeschichte gab es mindestens genauso viele Hinweise darauf, dass dies ein Mädchenzimmer sein könnte.
Es war ein etwas seltsam anmutender Mischmasch an typisch männlichen und typisch weiblichen Sachen. So standen in einem Regal diverse ältere Modellflugzeuge und Figuren, die Yuki wohl in seiner Freizeit zusammengebastelt hatte, während auf dem Nachtschränkchen und dem Bett wiederum einige Plüschtiere und Schmuckstücke verteilt lagen. Mikoto entdeckte sogar einen Lippenstift in einem der Regale, obwohl sie Yuki noch nie mit einem gesehen hatte.
„Wieder mal ein Megumi-Tag?“, fragte sie Yuki und deutete dabei auf das Kleid, dass er trug.
„Es ging eigentlich... aber das ist ja jetzt auch egal... erzähle mir lieber, was du hier machst? Du warst schon gestern den ganzen Tag total komisch drauf, man bekam kaum eine Antwort aus dir heraus. Und heute hast du dauernd auf diesen Jungen geschaut... hast du dich etwa verliebt?“
„Schön wäre es...“
Mikoto setzte sich seufzend nieder.
„Ich habe jetzt in kürzester Zeit mehrere Tode gesehen...“, fing sie an zu erzählen. „Erst Iori's Leiche, dann der Tod ihres Geistes vor meinen Augen... und heute hat ein Junge vor mir ein Mädchen umgebracht... durch all diese Dinge kam ich in letzter Zeit jeden Tag zu spät nach Hause... und statt Trost bekomme ich immer nur einen Anschiss.“
Yuki sog scharf die Luft ein, als er Mikoto's Erzählung lauschte. „Du hast einen Mord mit angesehen... ach du heilige... Ich glaube, da kann ich verstehen, wie du dich fühlst... mich hat schon Iori's Leiche total aus der Bahn geworfen... und die war bereits tot, als wir sie sahen!“
„Ehrlich gesagt...“ Mikoto schlang ihre Arme um die Beine. „Im Moment wünsche ich mir nichts mehr, als ein paar ruhige Tage ohne Schnickschnack, Geistern oder sonstigem... einfach nur Ruhe und Entspannung... Am liebsten würde ich mich einfach auf den Boden legen, die Füße an mich ziehen, die Augen schließen und die Welt für ein paar Tage vergessen...“
„Hmm...“ Yuki überlegte scheinbar angestrengt, dann schlug er vor: „Wir könnten ja mal mit einigen Klassenkameraden ins Freibad gehen oder
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