Die Geisterseherin (German Edition)
Sie jedoch nicht antreffen... In der Stadt schien auch einiges los zu sein... das reinste Chaos.“
Q'nqüra lächelte gequält. Das war der Abend gewesen, als Iori's Buch verbrannt war und ihren Laden so zu geräuchert hatte, dass die Nachbarn die Feuerwehr riefen.
„Ich habe noch nicht sehr oft mit Mikoto arbeiten können, hoffe aber dennoch Ihnen helfen zu können.“
„Ja... also... ach, verdammt. Wo sind nur meine Manieren? Wollen Sie einen Kaffee oder vielleicht Tee?“
Q'nqüra winkte ab und Yujiro, der aufgesprungen war und in die Küche eilen wollte, ließ sich wieder auf die Couch nieder. „Ich mache mir einfach unheimlich große Sorgen um Mikoto.“, sagte er schließlich nach einer kurzen Pause. „Es ist noch nie passiert, dass sie so... unzuverlässig wurde. Sie kommt plötzlich später nach Hause, vergisst viele ihrer Pflichten, die sie sogar während der Blütezeit ihrer Pubertät erledigte... und den einen Abend wurde sie sogar von einem Polizisten nach Hause gebracht! Das Schlimmste daran ist, dass sie mir nicht sagt, was los ist... dabei bin ich doch ihr Vater. Sie hat geheult, dass hat sie seit Jahren nicht mehr getan und wenn ich sie anschaue, dann sehe ich tiefe Wunden in ihrer Seele... frische Wunden, die sie quälen und sie erfolglos versucht zu verstecken.“ Q'nqüra überlegte kurz und fragte ihn dann: „Sie wissen, dass ihre Tochter die Leiche einer Schulfreundin gefunden hat?“
„Freundin?“, fragte Yujiro überrascht. „Was? Ich wusste, dass sie das Mädchen kannte, Mikoto selbst hatte gesagt, dass sie es aus dem Kendo-Club kennen würde, aber ich wusste nicht, dass sie mit ihr befreundet war... verdammt, wieso sagt sie denn nichts?“ Q'nqüra lenkte ein wenig ein: „Keine festen Freunde in dem Sinne, aber die beiden verstanden sich sehr gut, obwohl sie sich erst getroffen hatten. Vermutlich wären sie sogar irgendwann wirklich gute Freundinnen geworden. Sie müssen einfach verstehen, dass Mikoto der Tod dieser Person sehr mitgenommen hat, in einer gewissen Weise sogar mehr, als der Tod ihrer eigenen Mutter.“
Q'nqüra machte eine kurze Atempause, bevor sie weitersprach. „Ich bin in keiner Hinsicht dazu befugt Ihnen alles über Mikoto zu erzählen, es wäre ihr gegenüber sehr unfair. Ich kann Ihnen daher jetzt nur einen kleinen Tipp geben... seien Sie da und hören Sie zu, wenn Mikoto sich Ihnen anvertraut. Der einzige Grund für ihr Wegbleiben, ist die Angst davor, wie Sie reagieren könnten. Mikoto hat einfach höllische Angst davor, dass sie schon wieder die Stadt wechseln muss, aber sie weiß auch, dass sie Ihnen nicht ewig alles verschweigen kann. Also hören Sie ihr gut zu, wenn sie anfängt zu reden... und bedenken Sie, dass Ihre Tochter nicht lügen kann. Außerdem... bleiben Sie in Ichihara. Eine Sache, die Mikoto seit Jahren fehlt ist eine wirkliche Heimat.“
Yujiro dachte kurz über diese Worte nach, dann fragte er Q'nqüra noch wegen einer Sache um Rat: „Sie hat am Telefon gefragt, ob wir ans Meer fahren könnten, damit sie endlich wieder zur Ruhe kommt... was meinen Sie dazu? Ist es wirklich angebracht? Ich kann verstehen, dass sie ein paar Tage Auszeit braucht... aber auf der anderen Seite sollte ich sie für ihr unentschuldigtes Fernbleiben eigentlich bestrafen.“ „Fahren Sie, aber nicht alleine. Laden Sie Mikoto's Freunde ein, sorgen Sie dafür, dass Mikoto wirklich mal abschalten kann, von all dem, was ihr in letzter Zeit widerfuhr. Dann wird sie sicherlich sich schon bald wieder mehr öffnen. Vielleicht sogar dort schon... und wenn nicht, dann spätestens, wenn sie wieder hier sind.“
Q'nqüra erhob sich lächelnd.
„Wer weiß, vielleicht erfahren Sie ja auch dann das größte Geheimnis Ihrer Tochter?“
Q'nqüra nahm ihre kurze Sommerjacke vom Kleiderständer, der im Flur stand und verabschiedete sich, ließ den total fassungslosen, besorgten Vater alleine zurück.
„Das größte Geheimnis meiner Tochter?“, fragte er in den leeren Raum hinein.
Sein Blick glitt zu einem Bild, dass an der Wand hing und Mikoto im zarten Alter von sechs Jahren zeigte, zusammen mit ihrer Mutter. Damals, als die Welt noch in Ordnung war...
„Ihr größtes Geheimnis...?“, fragte er noch einmal, dann lief er zurück ins Wohnzimmer und setzte sich auf die Couch, in Gedanken spulte er immer wieder diesen einen Satz ab.
Was war es, fragte er sich, dass sie es ihm verschweigen musste...?
Wider Erwarten schlief Mikoto in dieser Nacht sehr gut. Yuki's Vater war kurz nach
Weitere Kostenlose Bücher