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Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Titel: Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Funke
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die neunjährige Dora, sind durch die Schritte auf dem Gartenweg und vorm Haus sowie das laute Reden angelockt, eilig herbeigelaufen, haben die Haustür weit geöffnet. Ein Schwall des Küchengeruchs, der Duft des garen Mittagessens kitzelt die Nasen. Oh! ruft May, ich rieche es – mein Lieblingsgericht! Er bleibt stehen wie ein Staatsgast, wenn er die Nationalhymne hört, lächelt selbstgefällig, rückt am Kneifer.
    Dora, die Neunjährige, fliegt May an den Hals: Ach Onkel May, das ist prima, dass du hier nach St. Märgen gekommen bist. Liest du uns wieder etwas vor wie beim letzten Mal? Du weißt, ich höre dich sooo gerne lesen. Diesmal aber bitte aus dem „Schwarzen Mustang“. Bitte! Und vielen Dank für den Kartengruß aus Prag! Ich hab alles alleine lesen können, konnte deine Schrift gut entziffern. Stürmisch küsst sie den Angekommenen. Oh, Pardon! Sie erschrickt über ihre eigene Begeisterung, knickst, gibt Emma die Hand, sagt ein wenig verlegen. Guten Tag, Frau May! Auch Eva begrüßt die Gäste. Doch aus irgendeinem Grund zieht sie ein unwilliges Gesicht. Etwas scheint ihr nicht zu passen. Noch auf den Fotos, die nach dem Essen im Garten mit dem neuen Fotoapparat gemacht werden, sieht sie missmutig und ärgerlich aus. Zieh nicht so ein Gesicht! sagt der Vater, doch da ist es schon passiert. Das Bild ist im Kasten. Den Grund für Evas Ärger kennt nur Paula Fehsenfeld, die Mutter, doch sie schweigt, jetzt vor den Gästen wird man sich nicht streiten. Nimm dich zusammen! flüstert sie, was sollen die Mays denken.
    Die Hausherrin bittet zu Tisch. Sie hätte keine Mühen gescheut, sagt sie, es gäbe das Lieblingsgericht des Ehrengastes, wenn auch, sie lächelt, wirft einen Seitenblick auf Emma, mit kleinen Schwarzwälder Variationen. Sie weiß, warum sie zu Emma geblickt hat. Die gilt als Meisterköchin, hält sich etwas darauf zugute, ihren Karl in allen Lebenslagen zu bekochen. Keine hält den Vergleich mit ihr. Und so verwundert nicht, dass sie in ihrem breitesten Sächsisch über den Tisch entgegnet, sie verwende für das Hühnerfleisch beim Kochen immer viel Sellerie und mindestens zwei Esslöffel ausgepressten Knoblauch, auch Thymian und Majoran gehöre dazu. Karl liebe es würzig und mit vielen Kräutern.
    Da hätten die Männer etwas gemeinsam, entgegnet Paula Fehsenfeld, auch ihr Ernst wolle die Brühe kräftig, allerdings Knoblauch vertrage er mit dem Magen schlecht, sie nehme deshalb Bärlauch, dessen Würzkraft häufig unterschätzt werde.
    Emma will etwas entgegnen, da schneidet ihr Karl das Wort ab. Schon gut, Mausel, wir sind hier nicht auf einem Kochkurs.
    Nicht auf einem Kochkurs, hi, hi … Die Mädchen kichern. Sie können Frau Emma nicht besonders leiden, es gefällt ihnen, wenn sie gemaßregelt wird.
    Das Wichtigste ist, fährt May fort, es schmeckt ganz wunderbar, vielen lieben Dank an die Hausherrin. Ein köstliches Mahl! Und die schwäbischen Nudeln. Wirklich hervorragend.
    Emma starrt empört auf ihren Teller. Man sieht, sie ärgert sich, will noch etwas entgegnen und es passt ihr nicht, jetzt nicht zu Wort zu kommen. Was versteht die Fehsenfeld’sche schon von den Geheimnissen der Sächsischen Hühnersuppe. Und ihr Karl, natürlich, der demütigt sie vor allen Ohren. Heute Abend, vor dem Schlafengehen, wird sie ihm ihren Standpunkt klarmachen. Da wird er sie anhören müssen.
    Nach dem Essen. Man macht eine Runde im Garten, umrundet das Haus. Jetzt die Fotografien! Bitte Papa! ruft Dora, die Jüngste. Man will ein Andenken in Bildern. Fehsenfeld, der alles Technische liebt, holt den Apparat aus dem Haus, er möchte selber fotografieren. Dazu braucht man keinen amtlichen Berufsfotografen. Er kennt die Einstellungen der Optik, des Selbstauslösers, baut das Stativ auf, wirft sich das Tuch über den Kopf. Also los: Aufstellung der Familie, im Hintergrund die Tannen und das Haus, Aufstellung der Töchter, dann der Gäste, schließlich gemischt – May mit den Töchtern des Verlegers, die beiden Frauen, Emma und Paula, vor dem Haus, sich bei den Händen haltend, dann Fehsenfeld und sein Autor, der Verleger mit Hund und Drilling in seiner Jagdjoppe. Es werden schöne Bilder werden …
    Danach: Die Männer ziehen sich zum Rauchen in die Bibliothek zurück. Sie ist nicht groß, auch nicht sehr umfangreich, er hat sie erst vor ein paar Monaten eingerichtet. Nicht einmal von seinem May hat er alle herausgegebenen Bände drinstehen. Dafür, May sieht es sofort, den kürzlich erschienenen

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