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Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Titel: Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Funke
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Uniformierten zu. Der Wachmann stellt sich in Positur und schmettert ein kräftiges „Habt acht!“ in den Saal. Die Gefangenen springen von ihren Sitzen, die am Fenster gestanden und geraucht haben, fahren herum, eine Hand auf dem Rücken, die Skatspieler stecken hastig die Karten weg. Wer noch eine Mütze auf dem Kopf hat, reißt sie herunter.
    „Guten Abend, Herr Inspektor!“, dröhnt es im Chor. Auch May und Dittrich sind von ihrer Bank hochgeschnellt. Mit einer Art erwartungsvoller Spannung stehen alle. Nach dem Begrüßungsgebrüll herrscht jetzt Schweigen. Der Wachtmeister ruft „Rührt euch!“, salutiert dem Inspektor und verlässt, nicht ohne an der Tür noch einmal die Hacken seiner gewichsten Stiefel zusammenzuknallen, den Saal.
    Na, meine Herren, guten Abend! sagt Göhler schmunzelnd, da wollen wir mal mit der heutigen Probe beginnen. Nehmen Sie Ihre Instrumente und stellen Sie sich auf. Ah, da ist ja unser Neuer! ruft er lächelnd und komm auf May zu. Wo haben Sie denn das Instrument? May nimmt Haltung an. Ich habe es noch nicht aus dem Kasten genommen, wollte warten, bis Sie mir die Erlaubnis dazu geben.
    Erlaubnis? Göhler scheint irritiert, dann lächelt er und sagt: Brav, May! Das ist sehr brav. Na, dann holen Sie Ihr Althorn!
    Mit Ihrer gütigen Zustimmung, ergebenst!
    May verbeugt sich und geht an den Tisch mit den Instrumenten. Vorsichtig, mit einer gewissen Scheu nimmt er das goldglänzende Instrument aus dem samtbeschlagenen Kasten und tritt vor den Korpschef. Der hakt die Daumen hinter die Revers seiner Anzugjacke:
    Spielen Sie uns mal was vor, May! Wir wollen hören, wie Sie das Instrument beherrschen. May erbleicht und senkt beschämt den Kopf. Ich muss erst noch ein wenig üben, Herr Göhler. Ich habe noch nie auf einem Althorn … Aber Sie haben mir doch gesagt Mann, dass Sie auf allen Blasinstrumenten zu Hause sind? Ja, gewiss, Herr Göhler, aber auf einem Althorn eben noch nicht. Das ist ein wenig speziell. Wissen Sie, die Töne liegen ganz anders …
    So? Na, gut, May. Dann hören Sie heute erst einmal zu. Vielleicht können Sie uns beim Arrangement und der Instrumentierung einen Rat geben. Sie sagten doch, dass Sie da Bescheid wissen … Oder stimmt das auch nicht? Göhler runzelt die Stirn. Oh ja doch, natürlich, verehrter Herr Göhler, beim Arrangieren kenne ich mich aus. Vielen Dank. Ich werde dann in den nächsten Tagen, wenn Sie erlauben, nach Feierabend auf dem Althorn üben. So lange, bis ich es fehlerfrei spielen kann. Und zum Arrangement überlege ich mir was, ergebenst, wenn Sie gestatten.
    Ja, ja schon gut, May, treten Sie zurück ins Glied. So machen wir es … und jetzt, meine Herren, beginnen wir. Womit wollen wir heute anfangen? Ah, ich weiß! Wir beginnen mit einem Marsch. Dem Präsentiermarsch am besten, ja dem Präsentiermarsch der 68iger-Gardedragoner. Schlagen Sie die Notenhefte auf! Seite 14 und 15. Fertig! Achten Sie auf meinen Takt. Achtung! Und eins, zwei, drei, vier…
    May wirft seinem Freund Dittrich einen prüfenden Blick zu. Der hat die Tuba umgeschnallt, bläst eine paar tonlose Probeschnaufer in das Mundstück, dann schaut er auf, lächelt zu May herüber. Gut gemacht! sagen seine Augen. Hast dich ordentlich aus der Affäre gezogen, mein Kleiner.
    May lächelt zurück. Ja, sie würden gute Freunde werden. Freunde fürs Leben …
    Du starrst vor dich hin, Karl? Die Suppe wird ganz kalt. Woran dachtest du?
    May schaute über den Tisch zu seiner Frau und lächelte. Ich hab an meinen alten Maxe Dittrich gedacht, weil der doch morgen kommen will, ein lieber Kerl, du irrst, wenn du ihm misstraust. Hab ihn nur lieb. Glaub mir, er verdient es ganz und gar.
    Klara antwortete nicht darauf. Sie wandte sich zu den Mädchen um, gab einen Wink. Das Birnenkompott wurde serviert. Es war mit Sahne verfeinert und duftete köstlich nach Zimt. Oh, mein absolutes Lieblingsgericht. Wie lieb von dir, Klara. May nahm den kleinen Löffel und spitzte die Lippen.
    Sie aßen schweigend. Nach einer Weile, die Mädchen hatten sich nach einem Kopfnicken der Hausherrin zurückgezogen, fragte Klara, indem sie langsam die Sahne mit dem Löffel in der Schale verteilte. Karl, was war das nun mit dem Brief von Schneider? Du wolltest mir sagen …
    Ach ja, der liebe Schneider, auch so ein reizender Bursche. Er bedankt sich für die Bücher, die ich ihm geschickt habe, und er dankt mir noch einmal für meinen Besuch und meine Aufmerksamkeit, ach und er hat, stell dir vor, auch schon im

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