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Die Gejagte

Die Gejagte

Titel: Die Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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tatsächlich geheim war, machten sie sich jedoch keine Mühe, leise zu sein. Jenny konnte Gelächter und lauten Gesang hören.
    Du meine Güte, sieht aus wie bei einer Burschenschafts-Party, dachte sie. Selbst aus dieser Entfernung konnte sie das Bier riechen.
    »Ich glaube«, bemerkte Audrey, »langsam gefällt mir dieses Spiel.«
    Noch bevor Jenny sie daran hindern konnte, trat sie vor. Der Gesang brach ab. Sieben Gesichter wandten sich den Mädchen zu. Dann hob einer der Jungen ein Trinkhorn über den Kopf und die übrigen johlten.
    Sie alle schienen überrascht, aber erfreut, die Mädchen zu sehen. Weiße, ebenmäßige Zähne blitzten zu einem freundlichen Lächeln auf, und sie luden die Besucherinnen ein, sich dem warmen Feuer zu nähern. Audreys
nackte Beine erregten ebenso anerkennende Aufmerksamkeit wie Dees Leggins.
    »Nein – nein, danke«, wehrte Jenny ab, als einer von ihnen sie davon zu überzeugen versuchte, das Zeug in seinem Horn zu trinken. In das Trinkhorn waren eckige Symbole eingemeißelt, die sie irgendwie nervös machten – sie an irgendetwas erinnerten. »Audrey, was sagen sie?«
    »Ich kann nicht alles verstehen. Sie sprechen ein anderes Deutsch als das, das ich gelernt habe«, antwortete Audrey, die zwischen zwei Bewunderern saß. Ihre kühle Porzellanschönheit bildete einen scharfen Kontrast zu ihren koketten, stachligen Wimpern. »Ich glaube, es ist veraltet. Aber der da sagt, dass du wie Sif bist. Das ist ein Kompliment – Sif war die Gattin des Donnergottes Thor und hatte glänzend goldenes Haar.«
    »Oh bitte, verschon mich!« Dee wich ein Stück zurück, um sich auf einen Felsbrocken zu setzen.
    Sofort kam Bewegung in die deutschen Jungen. Ein paar wollten Dee von dem Steinhaufen wegziehen und schüttelten den Kopf. Aber Dee erlaubte ihnen nicht einmal, sie auch nur anzufassen, und es beschwichtigte sie nicht im Geringsten, dass sie über ihre dunkle Haut staunten. Als einer von ihnen ihr eine Blumengirlande hinhielt, die sie tragen sollte, schnaubte sie nur.
    »Oh, leg sie schon um«, sagte Jenny und schnippte einen kleinen Käfer aus ihrer eigenen Girlande. Langsam fand sie Gefallen an dem Ganzen. Die jungen Männer waren nett, auch wenn sie ein wenig nach Schweiß rochen,
und so ziemlich das Stattlichste, was sie je gesehen hatte. Aber trotz ihrer beeindruckenden Körper trugen ein paar von ihnen Zöpfe im Haar, und sie schienen auch nicht der Meinung zu sein, dass Blumengirlanden nur was für Mädchen waren.
    »Es ist eine Zeremonie, um den Frühling zu begrüßen«, erklärte Audrey, als einer der blonden Jungen »Ostara!« rief und Bier auf den Boden goss. »Ostara ist die Göttin des Frühlings – daher kommt unser Wort ›Ostern‹.«
    Die jungen Männer begannen zu singen.
    »Es geht irgendwie um erneuertes Leben«, erklärte Audrey. »Und da ist noch etwas anderes – etwas, das ich nicht ganz verstehen kann. Sie … bitten … ersuchen … ?«
    Die jungen Männer waren inzwischen auf den Beinen und drängten die Mädchen, sich ebenfalls zu erheben. Sie hatten sich dem riesigen Gesteinshaufen zugewandt.
    »Dokkalfar«, sangen sie.
    »Irgendwas … Dunkles. Ich weiß nicht – oh mein Gott .« Plötzlich klang Audreys Stimme vollkommen anders. Sie versuchte, sich aus dem Kreis zu lösen, aber zwei der Jungen packten sie. »Dunkle Elfen «, rief sie wild. »Das ist es, was sie sagen. Sie sind hierhergekommen, um Gefälligkeiten von den Elfen zu erbitten – und wir sind ihre Gabe.«
    Jenny hatte Audrey noch nie zuvor so gehört – am Rande der Hysterie. »Ihre was ?«, fragte sie scharf. Plötzlich wirkte das Lächeln um sie herum nicht mehr ganz so freundlich.

    »Ihr Geschenk an die Andere Welt. Das Opfer !«, rief Audrey. Sie versuchte wieder wegzukommen, aber es nutzte nichts.
    Wir sind zahlenmäßig unterlegen, auf einen von uns kommen mehr als zwei von ihnen, dachte Jenny. Und sie haben Muskeln. Sie sah Dee an – und eine Schockwelle überlief sie. Dee lachte.
    Eigentlich kicherte sie. Gluckste. »Elfen?«, stieß sie atemlos hervor. »Kleine Feen mit blauen Glöckchen? Kleine Burschen, die auf Eicheln sitzen?«
    »Nein, du Idiot«, zischte Audrey mit zusammengebissenen Zähnen. »Dunkle Elfen – Bewohner der Anderen Welt. Oh, du verstehst nicht …«
    Jenny hörte das Kratzen von Steinen. Einer der großen Gesteinsbrocken vor ihr bewegte sich. Er schwang langsam herum und schob eine Welle aus Erde vor sich her. Ein schwarzes Loch klaffte in dem

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