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Die Gejagte

Die Gejagte

Titel: Die Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Felshaufen. Ein Tunnel, der in die Dunkelheit hinabführte.
    Dees Gelächter erstarb – aber es war zu spät. Die Mädchen wurden in das Loch gestoßen. Jenny versuchte, sich umzudrehen, aber ihre flachen Ballerinas schlitterten über Staub und Kies, und sie spürte, wie sie fiel.

Stein kratzte über Stein und plötzlich war das Mondlicht über ihnen abgeschnitten. Audrey lag zusammengerollt neben Jenny fast am Fuß des Abhangs. Dee war rückwärts in die Öffnung gestoßen worden und lag ganz unten, die Beine höher als ihr Kopf. In diesen ersten Sekunden wunderte sich Jenny, wieso sie die beiden Mädchen überhaupt noch sehen konnte. »Ist alles in Ordnung mit dir, Dee?«, rief sie und schlang dann tröstend die Arme um Audrey.
    Audrey zitterte. Und gab leise, stöhnende Laute von sich.
    »Es tut mir leid, es tut mir so leid …«, sagte Jenny und zog ihre Freundin noch fester an sich.
    »Es ist nicht deine Schuld.« Dee rappelte sich hoch und auf ihrem fein geschnittenen Gesicht stand ein verächtlicher Ausdruck. »Was ist überhaupt ihr Problem?«
    Jenny drehte den Kopf, um Dee anzufahren, aber die Worte erstarben ihr auf der Zunge. Denn jetzt sah sie den Grund, warum sie sich nicht in finsterer Dunkelheit befanden. Um den Fuß des Abhangs erkannte sie einen Halbkreis aus Laternen – und Leute, die die Laternen hielten.
    Dee war verstummt. Die Gesichter um sie herum reflektierten das Laternenlicht.

    Die Elfen waren sehr bleich, sehr schön … und von einer beunruhigenden Eigenartigkeit. Ihre schräg stehenden Augen erinnerten Jenny in gewisser Weise an die der Besucher. Ihre Wangenknochen waren etwas zu hoch und zu scharf. Und sie standen sehr seltsam da.
    Ohne Mitgefühl, an das man appellieren konnte.
    Eine Elfe sagte etwas. Jenny dachte, dass es dieselbe Sprache war, die die jungen Männer gesprochen hatten, aber die Stimme klang flüssiger – und kälter. Es war offensichtlich, dass sie den Mädchen befahl aufzustehen.
    Jenny wollte nicht gehorchen. Sie spürte eine irrationale Angst vor diesen bleichen, schönen Leuten. Doch dann erkannte sie, dass ihre Angst vielleicht gar nicht so irrational war.
    Sie waren wie Tiere – zumindest Teile von ihnen. Sie waren schauerlich verunstaltet.
    Die eine Hand derjenigen Elfe, die gesprochen hatte, war ganz normal, aber die andere sah aus wie der gespaltene Huf einer Kuh. Schwarz und glänzend wie Lackleder. Jenny befürchtete, sich übergeben zu müssen.
    Einer anderen hing ein Schwanz aus den Kniehosen – ein langer, rosiger, nackter Schwanz wie von einer Ratte. Der Schwanz peitschte. Eine Dritte hatte zwei schwellende Hörnchen auf der Stirn. Einer Vierten wuchs glänzendes, dunkles Haar auf dem Hals.
    Jede einzelne Elfe war auf irgendeine Weise entstellt. Und sie waren echt. Nicht wie diese zusammengebastelten Missgeburten in Ripley’s unglaublicher Welt.

    »Audrey, du musst aufstehen«, flüsterte sie und schluckte heftig, um die aufsteigende Galle in ihre Kehle zurückzudrängen. »Audrey, wenn du ihnen nicht folgst, werden sie dich bestimmt dazu zwingen .« Dann folgte sie einer verzweifelten Eingebung und fügte hinzu: »Willst du, dass sie dich so sehen, wie du hier liegst? Ich wette, deine Wimperntusche ist schon total verschmiert.«
    Ein Appell an Audreys Eitelkeit funktionierte einfach immer. Langsam setzte sie sich auf und strich sich über die Wangen.
    »Die Wimperntusche ist wasserfest«, erklärte sie trotzig. Ihre Finger wanderten automatisch zu ihrer Frisur, um die Haarnadeln festzustecken. Und dann sah sie die Elfen.
    Ihre haselnussbraunen Augen weiteten sich, bis rundherum das Weiße sichtbar wurde. Sie starrte die Kuhhand an. Jenny umklammerte fest ihren Arm.
    »Ist es das, was du erwartet hast?«
    Audrey presste die Lippen zusammen und nickte.
    Die Elfe begann erneut, mit scharfer Stimme zu sprechen, und trat vor. Audrey zuckte zurück. Jenny drängte sie zum Aufstehen.
    »Audrey, wir müssen mit ihnen gehen«, flüsterte sie. Sie hatte Angst, dass die Elfen sie anfassen würden, falls Audrey sich weigerte. Und der bloße Gedanke daran, von diesem glänzenden Huf berührt zu werden – oder von der Schwimmflosse, die sie bei einer anderen Elfe sah –, war mehr, als Jenny ertragen konnte. »Bitte, Audrey«, flüsterte sie eindringlich.

    Als sie sich endlich aufgerappelt hatten, war es für die Elfen ein Leichtes, sie zu lenken. Sie brauchten nur den Weg in eine Richtung zu versperren und die Mädchen bewegten sich in die

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