Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
Engländer, Italiener und Spanier, die es ebenfalls auf das Unternehmen abgesehen hatten, auf der Ziellinie abgefangen. Sein Bluff war aufgegangen, und er hatte den gesamten Einsatz eingestrichen. Jetzt war er am Drücker. Es war ihm gelungen, Henriette aus seinem Konzern zu verdrängen, und er hatte eine große Wohnung gleich neben dem Büro gemietet, wo Josiane und Junior wohnen sollten. In einem schönen Haus mit Concierge, Gegensprechanlage, hohen Decken, gebohnertem Parkett wie in Versailles und Spiegeln über den Kaminen. Nur beste Gesellschaft: alter Adel, ein Premierminister, ein Mitglied der Académie Française und die Mätresse eines bekannten Industriellen. Er war zuversichtlich. Josiane würde zurückkommen. Es lief wie geschmiert, wie geschmiert. Wenn er morgens ins Büro kam, schlich er auf Zehenspitzen die Treppe hinauf, steckte mit geschlossenen Augen den Kopf durch die Türöffnung und sagte sich: Mein kleines Zuckerschneckchen ist wieder da! Mit ihrem dicken Bauch und ihren wilden blonden Locken! Sie sitzt hinter ihrem Schreibtisch, hat das Telefon zwischen Wange und Schulter geklemmt und sagt: »Beweg deinen Arsch, Marcel, Monsieur Dingsbums hat angerufen, und Monsieur Weißnichtwer wartet auf seine Lieferung, los, mach hin.« Und ich werd gar nichts sagen, ich werd einfach die Hand in meine Tasche stecken und ihr die Schlüssel für die komplett renovierte Wohnung auf den Tisch legen, damit sie vorgeht und auf mich wartet. Damit sie sich entspannt und alle viere von sich streckt, damit sie blutige T-Bone-Steaks und Lammkeulen futtert und Junior ein dickes, pausbackiges Baby wird, ein kleiner Schreihals, der Bäume ausreißen könnte. Damit sie es sich den ganzen Tag auf dem großen Bett in unserem Schlafzimmer gemütlich macht, Geleefrüchte isst, fetten Lachs und grüne Bohnen fürs Chlorophyll. Im Schlafzimmer fehlen nur noch die Vorhänge … Ich sag Ginette, sie soll sich darum kümmern.
Leichtfüßig und frisch stieg er die Stufen hinauf. Er hatte sein Training wieder aufgenommen und fühlte sich munter wie ein Fischlein im Gebirgsbach. Und ich werde mich auf sie stürzen, die Arme um sie schlingen, sie von oben bis unten ablecken, sie herausputzen, ihr die Zehen massieren, sie einpudern, sie …
Sie war da. Feierlich thronte sie hinter ihrem Schreibtisch. Mit vorgewölbten Bauch und stechendem Blick.
»Wie geht’s dir, Marcel?«
»Du bist da? Bist du das wirklich?«, stotterte er.
»Die heilige Jungfrau Maria persönlich und das kleine Würmchen schön warm eingepackt in meinem Bauch …«
Er fiel vor ihr auf die Knie, legte den Kopf in ihren Schoß und sagte leise: »Du bist wieder da … Du bist zurückgekommen …«
Sie legte eine Hand auf seinen Kopf, roch sein Eau de Toilette.
»Du hast mir gefehlt, Marcel …«
»Oh, Choupette, wenn du wüsstest …«
»Ich weiß. Ich hab Chaval bei George in der Bar getroffen …«
Sie erzählte ihm alles: von ihrer Flucht in ein Luxushotel, den sechs Wochen, in denen sie die teuersten Gerichte auf der Karte verdrückt hatte, dem großen weichen Bett, dem Zimmer, dessen Teppich so flauschig war, dass sie keine Strümpfe zu tragen brauchte, dem Zimmerservice und den Dienern, den Dutzenden von Dienern, die Schlange standen, sobald sie auf einen goldenen Kopf drückte.
»Luxus ist was Schönes, Marcel. Wirklich was Schönes, aber nach einer Weile hat man genug davon. Es ist immer gleich, immer super, immer kuschelig, aber wenn du mich fragst, da fehlen die Ecken und Kanten, kein Wunder, dass die feinen Pinkel Depressionen kriegen … Und als ich eines Tages wieder rauf in mein Fünfhundert-Euro-Zimmer will, da seh ich Chaval, der sich an der Bar einen hinter die Binde kippt. Fix und fertig, weil er wegen der kleinen Hortense nicht mehr klar denken kann. Er hat mir von deinem Coup erzählt, und da war mir alles klar! Wieso du so lange gezögert hast mit dem Zahnstocher, mit mir, mit meiner Situation … Mir war klar, dass du mich liebst, mein dickes Bärchen, und dass du ein ganzes Imperium für Junior aufbaust. Mir blieb für einen Moment das Herz stehen, und dann hab ich mir gesagt: Ich muss zurück zu Marcel …«
»Oh, Choupette! Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich auf dich gewartet hab …«
»Das Einzige, was mich ärgert«, entgegnete sie in verändertem Ton, »ist, dass du mir nicht vertraut hast, dass du mir nicht ein Sterbenswörtchen verraten hast …«
Marcel wollte gerade antworten, als sie ihm mit ihrer
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