Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
einen Pakt geschlossen haben, und an den wirst du dich gefälligst halten. Philippe darf auf keinen Fall etwas davon erfahren. Außerdem ist unser Verhältnis im Moment etwas angespannt, also ist jetzt ganz bestimmt nicht der richtige Zeitpunkt, ihm alles auf die Nase zu binden. Joséphine, ich
flehe dich an, denk doch auch mal an mich … Soll ich mich vor dir auf die Knie werfen?«
Joséphine zuckte mit den Schultern. »Gib mir die Crème fraîche. Ich rühre noch einen Becher unter. Du glaubst gar nicht, wie viel so ein ein Meter neunzig großer Teenager verdrückt! Ich fülle den Kühlschrank, er räumt ihn leer, ich fülle wieder auf, er räumt ihn wieder leer!«
Mit flehender Kleinmädchenmiene reichte Iris ihr den Becher Crème fraîche.
»Knick und Knock knackten den knurrigen Knuck, eh …«
»Hör auf, Iris. Ich habe Nein gesagt.«
»Nur noch einmal, Jo, danach komme ich allein klar. Ich lerne, selbst zu schreiben, ich sehe dir dabei zu, ich arbeite mit dir zusammen … Was kostet dich das schon? Sechs Monate deines Lebens, aber für mich wäre es die Rettung!«
»Nein, Iris.«
»Du bist wirklich undankbar! Ich habe nichts für mich selbst behalten, alles habe ich dir gegeben, dein Leben hat sich von Grund auf verändert, du hast dich von Grund auf verändert …«
»Ach, dir ist es also auch aufgefallen?«
Hortense steckte den Kopf zur Küchentür herein.
»Können wir los, Iris? Ich habe heute Abend noch eine Menge zu tun … Ich möchte nicht zu spät zurückkommen.«
Iris sah Joséphine ein letztes Mal an und faltete die Hände wie eine Nonne im Gebet, doch Joséphine schüttelte entschlossen den Kopf.
»Ehrlich, Jo«, sagte Iris und stand auf, »das ist wirklich nicht nett von dir.«
Jetzt also das schlechte Gewissen, dachte Joséphine. Sie will mir Schuldgefühle einreden. Sie versucht es mit allen Mitteln. Sie wischte ihre Hände an der Schürze ab, beschloss, noch eine Packung Speckwürfel über ihre Quiche zu verteilen, und schob das Ganze in den Ofen. Kochen entspannt mich. Die kleinen Dinge des Lebens entspannen mich. Das ist es, was Iris fehlt. Sie ist nur durch Oberflächlichkeiten mit dem Leben verbunden, sie hat keine echten Wurzeln, daher verliert sie beim geringsten Ärgernis den Halt. Ich sollte ihr lieber beibringen, eine Quiche zu backen! Das würde dieses Karussell in ihrem Kopf endlich zum Stehen bringen.
Durch das Küchenfenster beobachtete sie, wie ihre Schwester und ihre Tochter in Iris’ Smart stiegen.
»Hast du dich mit Maman gestritten?«, fragte Hortense ihre Tante, während sie den Sicherheitsgurt anlegte.
»Ich habe sie gebeten, mir ein bisschen bei meinem nächsten Buch zu helfen, aber sie will nicht…« Plötzlich kam ihr ein Gedanke. »Kannst du sie nicht dazu überreden? Sie liebt dich über alles. Wenn du sie fragst, sagt sie vielleicht Ja …«
»Okay, ich rede heute Abend mit ihr.«
Nachdem Hortense kontrolliert hatte, ob ihr Sicherheitsgurt auch richtig saß und nicht ihre brandneue Bluse von Equipment zerdrückte, wandte sie sich wieder ihrer Tante zu.
»Du hast ja recht, sie könnte dir wirklich helfen, nach allem, was du in den letzten Jahren für uns getan hast!«
Iris seufzte und sah sie mit Leidensmiene an.
»Ach, weißt du, je mehr man den Menschen hilft, desto weniger wissen sie es zu schätzen.«
»Wo wollen wir denn einkaufen gehen?«
»Keine Ahnung: Prada? Miu Miu? Colette?«
»Was genau suchst du überhaupt?«
»Ich habe nächsten Dienstag ein Fotoshooting für die Gala , und ich möchte abgerissen, superschick und stylish zugleich aussehen!«
Hortense dachte nach.
»Dann fahren wir in die Galeries Lafayette«, erklärte sie nach einer Weile. »Da gibt es eine ganze Etage mit neuen Designern. Ich gehe oft dahin. Es ist interessant. Kann ich am Dienstag mit zu dem Shooting kommen? Wer weiß, vielleicht lerne ich ja ein paar Modejournalisten kennen …«
»Kein Problem …«
»Darf ich auch Gary mitbringen? Dann kann er mich auf seinem Roller mitnehmen …«
»Sicher. Ich hinterlege eure Namen am Eingang des Studios.«
Abends kam Hortense mit zahllosen Tüten voller Kleider nach Hause, die ihre Tante ihr zum Dank dafür geschenkt hatte, dass sie ihr den ganzen Nachmittag gewidmet hatte. Sie fragte ihre Mutter, warum sie Iris nicht ein wenig zur Hand gehen wolle.
»Sie hat uns in den letzten Jahren so oft geholfen.«
»Das geht dich nichts an, Hortense. Das ist eine Sache zwischen Iris und mir …«
»Also ehrlich,
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