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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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alten Zimtzicke meinen Kopf versprechen. Verglichen mit diesem Vertrag bin ich nicht viel wert. Und dann ist alles futsch. Chef, Chaval, König Knete! Sie verdrücken sich, und ich sitz wieder ohne einen Cent auf der Straße, wie immer. Bei diesem Gedanken wurde ihr ganz mulmig, und sie spürte, wie die Beine ihr den Dienst versagten. Sie ließ sich gegen Chaval sinken.
    »Aber du liebst mich doch ein bisschen, oder?«, fragte sie, und ihre Stimme bettelte um Zärtlichkeit.
    »Ob ich dich liebe, meine Schöne? Zweifelst du etwa daran? Ich fass es nicht. Bist du verrückt? Komm her, ich beweise es dir hier und jetzt.«
    Er schob eine Hand unter ihren Hintern und packte ihn.
    »Aber … wenn doch noch was schiefgeht, durch irgendeinen blöden Zufall, durch Pech, bleibst du dann trotzdem mit mir zusammen?«
    »Wie kommst du denn darauf? Hat er was über mich gesagt? Was Negatives? Los, red schon …«
    »Nein, aber ich hab Angst. Es kann doch immer was dazwischenkommen …«
    Sie spürte, wie König Knete drohend ein Messer hob, um ihr damit die Kehle durchzuschneiden. Sie zitterte am ganzen Leib, und eine große Leere breitete sich in ihrem Inneren aus. Sie schloss die
Augen und presste sich an ihn. Er wich ein Stück zurück, aber als er sah, dass sie ganz blass geworden war, fasste er sie um die Taille und stützte sie. Kraftlos lehnte sie sich an ihn und flüsterte: »Nur ein paar Worte, sag mir was Liebes, ich hab solche Angst, verstehst du, ich hab solche Angst …« Er wurde allmählich wütend. Versteh einer die Frauen!, dachte er. Vor einer Minute hat sie mich noch abblitzen lassen, und jetzt soll ich sie trösten. Verlegen hielt er sie an sich gedrückt, trug sie beinahe, denn er spürte, dass sie selbst keine Kraft mehr hatte und sich ganz auf ihn verließ. So schwach, so zittrig. Geistesabwesend streichelte er ihr Haar. Er wagte nicht, sie zu fragen, ob der Alte seine Beförderung unterschrieben hatte, aber der Gedanke ließ ihm keine Ruhe, und so hielt er sie fest wie ein sperriges Paket, das man nirgendwo ablegen kann. Er wusste nicht recht, was er tun sollte: Sie gegen den Kaffeeautomaten lehnen? Auf einen Stuhl setzen? Aber hier gab es keinen Stuhl… Das hab ich jetzt davon, dass ich meine Zukunft in die Hände von so ’nem Weibsstück gelegt habe, schimpfte er im Stillen. Er hatte nur noch einen Wunsch: diese Frau loszuwerden. Vögeln, okay, aber kein Getue danach. Keine Liebesschwüre, keine tränenreichen Küsse. Sobald man ihnen zu nahe kommt, erfasst einen der abgestandene Muff der Zuneigung.
    »Komm schon, Josy, reiß dich zusammen! Gleich erwischt uns tatsächlich noch jemand. Los, du ruinierst noch alles!«
    Sie löste sich von ihm und trat mit rot geweinten Augen schwankend einen Schritt zurück. Putzte sich die Nase, entschuldigte sich … Aber es war zu spät.
    Vor dem Aufzug warteten Henriette und Marcel Grobz und starrten sie wortlos an. Henriette mit zusammengekniffenen Lippen, das Gesicht unter dem großen Hut verzerrt. Marcel abgespannt, matt, die Miene von einem Kummer gezeichnet, der seine Wangen zittern ließ.
    Henriette Grobz wandte als Erste den Blick ab. Dann packte sie Marcel beim Jackett und zog ihn in den Aufzug. Gleich nachdem sich die Türen geschlossen hatten, ließ sie ihrer boshaften Freude freien Lauf: »Siehst du, ich habe dir ja gesagt, dieses Mädchen ist ein Flittchen! Wenn ich nur daran denke, welchen Ton sie mir gegenüber angeschlagen hat. Und du hast sie auch noch verteidigt. Manchmal bist du aber auch wirklich zu naiv, mein lieber Marcel …«
    Marcel Grobz fixierte den Teppichboden der Aufzugkabine, zählte die von Zigarettenasche hineingebrannten Löcher und kämpfte gegen die Tränen, die ihm die Kehle zuschnürten.
     
    Der Brief trug eine bunte Marke, die vor über einer Woche abgestempelt worden war. Er war an Hortense und Zoé Cortès adressiert. Jo erkannte Antoines Schrift, aber sie widerstand dem Drang, den Umschlag zu öffnen. Sie legte ihn auf den Küchentisch zwischen Papiere und Bücher, umkreiste ihn immer wieder, hielt ihn sich vor die Augen und versuchte, etwas zu erkennen, Fotos vielleicht, einen Scheck … Vergebens. Sie musste warten, bis die Mädchen aus der Schule zurückkamen.
    Hortense bemerkte den Umschlag als Erste und griff danach. Zoé sprang an ihr hoch und schrie: »Ich auch! Ich auch! Ich will den Brief auch haben.« Joséphine wies die beiden an, sich hinzusetzen, und bat Hortense, den Brief laut vorzulesen. Dann nahm sie

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