Die gelehrige Schuelerin
vor.
»Angezogen?«
»Die Mäntel können wir ja ausziehen.«
Wir kicherten nervös. Die unangenehme Spannung von der Fahrt kehrte zurück.
Dann lagen wir getrennt unter der Decke und starrten in die Luft. Im Zimmer war es dunkel, weil die Rollläden heruntergelassen waren und wir das Licht nicht angemacht hatten.
Die Erregung, die mich am Strand erfasst hatte, war verflogen. Eher spürte ich die Erschütterung, dass ich jetzt tatsächlich mit einer Schülerin im Bett lag. Ich musste daran denken, wie Annie mir einmal eine Hausarbeit zu spät abgeliefert und dabei versucht hatte, mir weiszumachen, dass ihr Hund die eine Seite des Originals aufgefressen und ihre Katze auf den Rest gepisst hätte. Es war einfach lächerlich. Ein Lehrer, angezogen im Bett zusammen mit einer Schülerin in einem leeren Motel in einer gottverlassenen Stadt. Ich wollte mich nicht noch schlechter fühlen als ich ohnehin schon tat. Ob Annie wohl beleidigt gewesen wäre, wenn ich ihr jetzt vorgeschlagen hätte, wieder nach Hause zu fahren?
»Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, wie du bist«, sagte sie.
»Warum nicht?«
»Du wechselst so oft die Farbe … wie ein Chamäleon. Du bist stark, schwach, ehrlich, unaufrichtig, wundervoll, gemein …«
»Wenn ein Chamäleon von braun nach grün wechselt, was ist dann seine richtige Farbe?«, fragte ich jetzt etwas entspannter, weil auch Annie lockerer war.
»Ich weiß nicht. Vielleicht ist ein Chamäleon sowohl braun als auch grün.«
»Dann bin ich vermutlich auch all diese Dinge. Es hängt davon ab, mit wem ich wann, wo, wie zusammen bin. Ich kann genauso gut der nette junge Mann sein, der der alten Dame über die Straße hilft, wie ich die Kellnerin um ein Trinkgeld betrügen kann, wenn ich mich mies fühle. Es kommt immer darauf an.«
»Meine Mutter hält mich manchmal für ein kleines Mädchen. Und manchmal bin ich das auch, wenn ich so mit ihr zusammen bin, sie um Geld frage und mich immer über etwas bei ihr beklage. Wenn ich mit Mom über die Straße gehe, passe ich viel weniger auf, als wenn ich allein bin. Aber mit dir zusammen fühle ich mich älter. Als ob ich jemand anderes wäre. Ich weiß nicht genau. Ich bin gern mit Clara zusammen, aber ich möchte eigentlich viel lieber jemanden haben, der erwachsen ist, einen Mann, der weiß, wie ich bin. Auf der ganzen Schule gibt es nicht einen Jungen, mit dem ich mich auch nur im Entferntesten erwachsen fühlen kann.«
Sie war kein Kind mehr. Sie brauchte jemanden. Sie vertraute mir. Schon lange hatte ich das nicht mehr erlebt.
Wir rückten näher aneinander und küssten uns lange. Dann tasteten wir mit den Lippen das Gesicht des anderen ab, Ohren, Nacken, Hals, so zärtlich! Meine Hand streichelte ihren Körper durch den Stoff ihrer Kleider. In diesem Augenblick machte ich mir keine Sorgen, ob ich sie auch richtig berührte. Es war anders als sonst.
Zärtlich reagierte sie auf meine Umarmung, als ob sie sich danach gesehnt hätte. Sie küsste mich wieder.
Ihre Hände glitten über meinen ganzen Körper. Sie brauchten ihn.
Ich gab mich ihrer Berührung hin, öffnete mich für sie und hatte das Gefühl, mit einem Menschen in eine Umarmung eingeschlossen zu sein, der mir viel bedeutete.
Langsam zog ich sie aus. »Welches Verhütungsmittel nimmst du?«, fragte ich besorgt, entschlossen, sie nicht weiter zu berühren, wenn sie keine Vorkehrungen getroffen hätte. Ich selbst hatte es nicht fertig gebracht, mir vorsätzlich Präservative zu kaufen und mir damit einzugestehen, dass ich wirklich vorhätte, mit ihr zu schlafen.
»Ein Diaphragma. Es ist schon drin.«
Ich war entsetzt. War sie so sicher gewesen, dass das hier geschehen würde? Oder hatte sie einen anderen Liebhaber?
Bevor ich jedoch etwas sagen konnte, zog sie mich an sich und küsste mich. Stück für Stück entfernte sie meine Kleider.
Ich spürte ihr Verlangen an ihrem ganzen Körper. Sie hatte eine weiche, straffe Haut. Ihre kleinen Brüste passten genau in meinen Mund. All die schrecklichen Monate, in denen ich über
Playboy
masturbiert und mir gewünscht hatte, dass diese Mädchen aus den Seiten herausstiegen und mich umarmen würden, damit ich ihre Wärme spüren könnte und mich nicht mehr nur über ihren Bildern entleeren müsste, waren wie weggeblasen. Annies lebendige Erscheinung füllte meinen Geist aus. Überall spürte ich ihre runden Kurven. Ich wollte jedes Detail ihres Körpers entdecken. Sie war ganz anders als die inhaltslosen Fotos, an die ich
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