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Die gelehrige Schuelerin

Die gelehrige Schuelerin

Titel: Die gelehrige Schuelerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ira Miller
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mehr.Deine Worte…« Plötzlich lehnte sie sich lachend zurück und sagte ohne irgendwelche Hemmungen: »Als ich jung war, habe ich mit Clara rumgespielt.«
    Es war mehr, als sich wohl zu fühlen. Selbethingabe. Ich spürte, dass ich zu einer Gefühlsebene hinaufschwebte, die ich schon lange nicht mehr erlebt hatte. Mein Bekenntnis zu Annie war aber nicht etwas, das sie von mir erwartete. Ich hatte das Bedürfnis, ihr mein ganzes Vertrauen zu geben. Ich fühlte eine freiwillige Verpflichtung, sie zu sehen, ihr zuzuhören, gut zu ihr zu sein.
    Obwohl ich nicht das Gefühl hatte, irgendetwas für Annie tun zu
müssen,
hatte ich den Wunsch, alles zu tun. Ich stand in ihrer Schuld. Am nächsten Morgen machte ich uns das Frühstück, das wir im Bett aßen. Wir hatten keine Lust,
Unsere Welt
zu verlassen. Von einem Teller pickten wir die Rühreier mit den Fingern, mampften zermatschte Brötchen mit Marmelade und verspritzten noch mehr Orangensaft. Danach heiße Haferflockensuppe. Wie bei einer richtigen Orgie. Wir fingen gleich noch mal von vorne an.

10. Kapitel
Offene Wunden
    Geben Sie mir Recht?
    Es ist so einfach, einem Menschen richtig nahe zu kommen, wenn man das braucht.
    Am ersten Wochenende der Weihnachtsferien überredete meine Liebste ihre Mutter dazu, sie mit der Schule auf einen Skiausflug fahren zu lassen. Sie
fuhr
zum Skilaufen. Mit mir.
    Ich war besonders nervös, weil es diesmal mehr als nur eine Nacht dauern würde, und weil wir wieder in einem Motel übernachten würden, was mir noch unerlaubter vorkam. Ich wollte, dass sie den Bus nach Salem nehme. Dort traf ich sie an der Ecke der Bushaltestelle. Sie gab mir den Schlüssel zu einem Schließfach, und ich holte ihren Rucksack bei der Busstation ab. Dann sammelte ich sie auf. Annie quittierte meine Nervosität mit einem Lachen, das mir das Gefühl gab, sie würde wohl alles mitmachen, was ich von ihr verlangte, doch sähe sie diese Unmenge von Vorsichtsmaßnahmen nicht ganz ein. Während der Fahrt erzählte ich ihr, dass ich ein Skigebiet ganz am anderen Ende des Staates gewählt hätte.
    Das Wetter war mild, und die Sonne schien überraschend warm und hell. Kein Schnee am Boden, aber ich hatte gehört, dass er in den Bergen zwölf Fuß hoch liegen sollte. Annie starrte mich an.
    »Irgendetwas nicht in Ordnung?«, fragte ich.
    »Nein. Ich beobachte dich bloß.«
    »Habe ich fettige Haare? Einen Pickel? Popel aus der Nase hängen?« Ich lachte, als ich mir die Nase rieb.
    »Popel! Wenn doch nur deine Schüler hier wären!«
    »Jeder Mensch hat Popel in der Nase. Sogar Lehrer!«
    »Aber ihre sind hässlicher … außer deinen. Deine sind schön.«
    »Danke.«
    »Ich hab Spaß daran, dir zuzusehen.«
    »Scharf?«
    »Ich fühle mich hauptsächlich klein. So, als ob ich ganz in deiner Gewalt wäre. Ich weiß nicht, woher das so plötzlich kommt.«
    »Weil ich fahre.«
    »Wieso?«
    »Ich weiß nicht, es ist einfach so. Der Fahrer hat Macht. Der Beifahrer ist machtlos. Vielleicht ist es, dass man Leben und Tod in der Hand hat. Vielleicht, weil du jetzt von mir dirigiert wirst. Von meinen Händen am Steuer, dem rechten Fuß auf dem Gaspedal. Du bist hilflos.«
    »Und scharf!« Sie lachte. »Wo fährst du sonst noch auf diese Machtmasche ab?«
    »Schule.«
    »Hätt ich nie erraten. Da bist du ganz anders. Sagst uns immer, was wir tun sollen. Hältst die Stunden in Schwung. Wirst niemals böse, aber kannst jemanden an seinen Platz verweisen, wenn er dir dumm kommt. Du hast dann diesen Blick, als könntest du dir überhaupt nicht vorstellen, dass jemand etwas anderes tun könnte, als dir zuzuhören.«
    »Es ist wie Schauspielerei. Ich bin vor jeder Stunde nervös, ein Lampenfieber wie vor dem Auftritt. Dann läutet die Schulglocke und die Vorstellung beginnt. Ich gebe mein Ganzes, um alles deutlich auszudrücken und ständig aufzupassen, was in der Klasse vor sich geht. Ich weiß immer so ziemlich, was jeder tut. In mir ist ein Druck. Jede Stunde ist für mich eine neue Herausforderung, es ganz besonders gutzumachen. Ich kann mich erst entspannen, wenn die Stunde um ist. Ich bemühe mich, eine Autorität zu sein, weil man damit offenbar die besten Ergebnisse erzielt. Und die Schüler würden mir leider überhaupt nicht zuhören, wenn sie meine Autorität nicht respektieren könnten.«
    »Weißt du, dass ich nach deinen Stunden viel erschöpfter war als nach jeder anderen? Ich wusste, dass ich niemals ganz abschalten durfte, aus Angst, plötzlich stündest du mit

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