Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die gelehrige Schuelerin

Die gelehrige Schuelerin

Titel: Die gelehrige Schuelerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ira Miller
Vom Netzwerk:
Kaugummipapier einfach aus dem Fenster flattern zu lassen. Damit war der Umweltschutz erfunden.«
    »Nicht schlecht.«
    »Ich weiß noch, wann das Mr. Potato Head Spielzeug auf den Markt gekommen ist. Ich erinnere mich noch daran, wie wir vor dem Unterricht beten mussten. Und ich weiß noch genau, wo ich war, als ich hörte, dass Kennedy erschossen worden war.«
    »Das weiß ich auch noch.«
    »John Kennedy.«
    »Oh!«
    »Ich war Mitglied im Dennis the Menace Fanclub. Und ich erinnere mich noch an die Zeit, als es noch keine Beatles gab.«
    »Heute gibt’s auch keine.«
    »Das ist es, siehst du? In meiner Vorstellung wird die Zukunft immer Beatles haben. Ihre Musik wird es immer geben … Es ist nicht so wichtig, dass ich so viel älter bin als du, es kommt darauf an, dass ich in den sechziger Jahren aufgewachsen bin. Du gehörst in die siebziger. Unser Begriff von Heranwachsen ist völlig verschieden. Wir haben unterschiedliche Kindheitserinnerungen. Als ich aufwuchs, waren die Zeiten turbulent, und vieles hat sich verändert. Die Geschäftswelt und die Regierung haben die immense Macht der Massenmedien entdeckt. Alle Dinge waren plötzlich frühzeitig veraltet. Es gab Attentate. Demonstrationen. Musik bedeutete Leben. Drogen halfen dabei, zu entfliehen. Entfliehen war das Einzige, was Drogen für uns bedeuteten. Die Regierung war total korrupt. Beinahe wäre ich eingezogen worden, hätte eine Waffe in der Hand halten und schießen müssen. Vielleicht hätte ich sogar getötet. Du bist in einer beständigen Zeit aufgewachsen. Heute herrscht Apathie. Das volle Erblühen der Mittelschichten. Liberale Passivität.«
    »Sind die Leute, die während der Sechziger aufgewachsen sind, nicht heute auch ein Teil dieser liberalen Passivität?«, fragte An-nie.
    »Ja. Meine Generation hat sich vollständig mit der Gesellschaft vermischt … Aber wir haben unsere eigenen, ganz besonderen Frustrationen.«
    »Häh?«
    »Meine Eltern und die Eltern meiner Freunde waren während der Depression aufgewachsen. Sie haben echten Hunger, echten Mangel erlebt. Als sie erwachsen wurden, waren die meisten von ihnen zufrieden, nur einen Job zu finden – irgendeinen Job – und die besten waren die, bei denen am meisten bezahlt wurde. Als ich zur Schule ging, sprach jeder von Kreativität und Selbstverwirklichung. Wir hatten die Gabe zu träumen, wir hatten die Chance, uns eine Arbeit, ein Leben vorzustellen, das das Eigentliche, Wesentliche unserer Persönlichkeit zum Ausdruck bringen könnte. Die meisten strauchelten gehörig, nachdem sie das College verlassen hatten. Nur die wenigsten fanden eine Arbeit, die ihnen erlaubte, wirklich zu denken, die ihnen die Möglichkeit gab, etwas von sich selbst in das Geschehen mit einzubringen. Bankangestellter, Mechaniker, Kaufmann, ja sogar Lehrer zu sein, ist sehr frustrierend, wenn man einmal Zen, Nirwana, Musikgötter und LSD-Trips gehabt hat, und dazu noch ein ungeheures Gefühl der Macht, weil du jung warst und zu einer starken Jugendbewegung gehörtest. Nun ist man in die fünfziger Jahre zurückgeworfen. Es herrscht wieder endgültig der Traum, Arzt, Rechtsanwalt zu werden, ein Haus und Familie zu haben, ein wenig Sport zur Abwechslung … all das bewirkt, dass ich mich manchmal sehr viel älter fühle.«
    Annie sah mich überrascht an. Der plötzliche Wortschwall und vor allem meine förmliche Ausdrucksweise hatten sie verwirrt. »Du nimmst alles so ernst«, sagte sie.
    »Das ist noch ein weiterer Unterschied.«
    Eines Nachmittags in meiner Wohnung lachte Annie auf, als ich ihr verkündete, ich wolle zum Abendessen etwas kochen. Es war ein kurzes, unkontrolliertes Auflachen, das sie schnell unterdrückte, als sie sah, dass es mir ernst damit war.
    »Du glaubst wohl, ich kann nicht kochen, was?«, fragte ich.
    »Nein. Das ist es nicht.«
    »Lüg nicht. Du bist eine Chauvinistensau.«
    »Das ist nicht wahr.«
    Ich ging auf sie zu, warf sie aufs Bett und fing an, sie zu kitzeln. »Du hängst noch an den alten Stereotypen fest. Gib’s zu. Du glaubst, Männer könnten nicht kochen – glaubst, sie hätten überhaupt keine Lust dazu.« Inzwischen krümmte sie sich, schrie und lachte.
    »Nein.«
    »Gib’s zu.« Ich kitzelte ihre Seiten und kniff ihr eben überm Knie ins Bein. Dann kraulte ich sie unterm Kinn.
    »Nein!«
    »Eine Frau gehört ins Haus. Ein Mann gehört mit einem Bier in den Schaukelstuhl. Wahr? Gib’s zu. Das denkst du doch.« Ich fing an, ihr Schuhe und Strümpfe

Weitere Kostenlose Bücher