Die Gelehrten der Scheibenwelt
riesig. Sie sind auch alle schon sicher tot.
Viele kleine Kinder, selbst wenn sie gegen die Standard-Lesestoffe in der Schule resistent sind, können eine lange Liste von Dinosauriernamen aufsagen. Vor Jurassic Park kam ›Velociraptor‹ darunter kaum vor, aber jetzt. Diejenigen von uns, die noch eine Schwäche für den Brontosaurus haben, müssen oft daran erinnert werden, daß dieser gebogene sumpfbewohnende Riese aus albernen Gründen fortan ›Apatosaurus‹ genannt werden muß.* [ * * Der schlimmste Fall ist das Wesen, das einmal Eohippus hieß, ›das Pferd der Morgenröte‹ – ein schöner, poetischer Name für das Tier, das den Stamm für die Familie der Pferde bildet. Es heißt jetzt Hyracotherium, weil ein wenig früher jemand diesen Namen einem Wesen gegeben hatte, das angeblich mit dem Schliefer (Hyrax) verwandt war, und von dem ihm ein einziges fossiles Schulterblatt vorlag. Später stellte sich heraus, daß der Knochen in Wahrheit zu einem Eohippus gehört hatte. Leider muß jeder, der einer Art als erster einen Namen gibt, die Priorität erhalten, und so hat das Pferd der Morgenröte jetzt einen törichten, unpoetischen Namen, in dem ein Fehler festgeschrieben ist.
Den Brontosaurus – ›Donnerechse‹ – haben wir aus einem ähnlichen Grund verloren. Donnerechse – welch ein wunderbarer Name. ›Apatosaurus‹? Das heißt wohl ›von der Gravitation herausgeforderte Echse‹.
Die Moral dieser Geschichte: Wenn gelehrte Komitees älterer Wissenschaftler zusammenkommen, um einen außergewöhnlichen Gegenstand zu erörtern, kann man allemal sicher sein, daß sie eine völlig lächerliche Entscheidung treffen. Ganz anders als die Zauberer der Unsichtbaren Universität natürlich. ] Wir sind so auf die Dinosaurier eingestimmt, daß das Drama ihres plötzlichen Verschwindens unsere Phantasie mehr gefesselt hat als jedes andere Stück Paläontologie. Selbst unser eigener Ursprung zieht weniger Aufmerksamkeit seitens der Medien an.
Wie war das mit dem plötzlichen Aussterben?
Zunächst einmal haben einige wenige Wissenschaftler bestritten, daß es überhaupt plötzlich erfolgte. Die Fossilbelege weisen auf das Ende der Kreidezeit von 65 Millionen Jahren als ›Stichtag‹ hin. Das war auch der Beginn des sogenannten Tertiärs, des Zeitalters der Säugetiere, so daß das Ende der Dinosaurier für gewöhnlich als K-T-Übergang bezeichnet wird. Wenn wir aber das Ende der Kreidezeit als den Moment annehmen, ›wo es passierte‹, dann scheinen viele Arten ihr Ende vorausgesehen zu haben und gleich fünf oder zehn Millionen vorher aus den Fossilbelegen verschwunden zu sein. Sagten Dinosaurier-Liebespaare zueinander vielleicht: »Es hat keinen Sinn, mit der ganzen Fortpflanzung weiterzumachen, Liebes. In zehn Millionen Jahren sterben wir sowieso aus.«? Nein. Wieso als das verschwommene Erlöschen über Millionen Jahre hinweg? Es gibt gute statistische Gründe, warum wir vielleicht nicht bis zum Ende Fossilien finden können, selbst wenn die betreffenden Arten noch am Leben waren.
Und diese Bemerkung in den richtigen Rahmen zu setzen: Was meinen Sie, wie viele Exemplare von Tyrannosaurus rex, dem berühmtesten Dinosaurier, alle Universitäten und Museen der Welt zusammen besitzen? Keine Kopien, sondern Originale, von den Paläontologen aus dem Gestein gegraben?
Hunderte … oder?
Nein. Bis zu Jurassic Park waren es exakt drei, und der Zeitraum, in dem ebendiese Tiere lebten, erstreckt sich über fünf Millionen Jahre. Drei weitere fossile Exemplare von T. rex sind seither gefunden worden, weil Jurassic Park den Dinosauriern eine Menge günstige Publicity verschaffte und es möglich wurde, genug Geld zusammenzutrommeln, um loszugehen und noch ein paar zu suchen. Bei dieser Erfolgsrate wäre die Chance, daß eine künftige Rasse irgendwelche fossilen Humanoiden aus dem ganzen Zeitraum fänden, in dem wir und unsere Vorfahren lebten, vernachlässigbar gering. Wenn also eine Art in einem Zeitraum von fünf Millionen Jahren auf der Erde existierte, kann es durchaus sein, daß keine Fossilien von ihr gefunden wurden – insbesondere wenn sie auf dem Festland lebte, wo selten Fossilien entstehen. Man könnte deshalb meinen, die Fossilbelege seien nicht besonders nützlich, doch gerade das Gegenteil trifft zu. Jedes Fossil, das wir finden, beweist positiv, daß die zugehörige Art tatsächlich existierte; mehr noch, aus einer unvollständigen Stichprobe können wir einen ziemlich genauen Eindruck vom
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