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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
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Nebenfrauen, angeführt von
Su-Ling, herein. Sie verneigten sich und warteten gespannt, was man von ihnen
wollte.
    Shenzong kam sogleich zum Thema: „Ist es einer von
euch bekannt gewesen, dass Min-Tao ein Verhältnis mit einem anderen Mann gehabt
hat?“
    Su-Ling riss überrascht die Augen auf und trat
einen Schritt nach vorne. „Verehrter Kaiser“, sagte sie laut, „Min-Tao wäre die
letzte gewesen, die so etwas getan hätte. Ihr kanntet sie doch. Sie saß lieber
auf dem Rücken der Pferde, als unter…“
    „Genug! Schweig!“, schrie Shenzong. Er erinnerte
sich zu gut, dass Min-Tao alles andere als eine leidenschaftliche Frau gewesen
war. Der Gedanke, sie könnte Freude mit einem anderen Mann empfunden haben, war
einerseits absurd, andererseits hochgradig beleidigend, sollte das der Fall
gewesen sein. „Habt ihr von einem Verhältnis gewusst, oder nicht?“, wiederholte
er seine Frage barsch.
    Die Frauen schüttelten alle die Köpfe und durften
sich wieder zurückziehen.
    Nun geschah etwas, das Wang Anshi niemals für möglich
gehalten hatte. Suan-Jen, die Ehrwürdige Hauptfrau, die ebenfalls an der
Anhörung teilnahm, trat nach vorne und richtete das Wort an ihren Mann: „Mein
geliebter Kaiser. Euer Kanzler hat Recht. Mi Kejian ist damals unter – für ihn
– entwürdigenden Umständen von Euch gegangen, und ich könnte mir sehr gut
vorstellen, dass er auf Rache aus ist.
    Ich bin kein Freund Wang Anshis, das ist wohl bekannt,
aber ich trete dennoch stets für Gerechtigkeit ein. In diesem Falle ist eine
Überprüfung vor Ort wohl unabdingbar. Dies ist ein Schreiben ohne Zeugen und
Beweise. Mein Kaiser sollte nicht vorschnell urteilen, wenn er nicht alle
Fakten kennt.“
    Wang Anshi warf sich auf den Boden und verbeugte
sich tief.
    Shenzong betrachtete ihn kritisch und schien zu
überlegen.
    „Wir haben kein Lebenszeichen von Min-Tao und auch
keine Anhaltspunkte, dass es sich auch nur ansatzweise so verhält, wie in
diesem Brief behauptet wird.“, sagte er schließlich. „Ihr werdet übermorgen
abreisen, um das Heer und seinen Zustand zu begutachten. Ich gebe Euch den
obersten Kriegsminister mit, der Min-Tao persönlich kannte. Er wird vor Ort
entscheiden können, wie sich die Lage darstellt. Ich hoffe sehr für Euch, dass
die Angelegenheit zu Euren Gunsten ausgeht. Anderenfalls sehe ich mich
gezwungen, Euch Eures Amtes zu entheben. Wisset, dass nur Eure guten Dienste,
die ihr mir geleistet habt, Euch vor dem Tode bewahren werden, sollten sich
diese Anschuldigungen gegen Euch bewahrheiten.“
    Wang Anshi schluckte und verbeugte sich schnell, damit
man seine entgleisten Gesichtszüge nicht sah.
     
    Er hatte keine Möglichkeit gehabt, Suan-Jen zu
danken. Sie war ihm aus dem Weg gegangen und Wang Anshi hatte keine Antwort auf
seine Frage, warum sie ihm geholfen hatte. Er kannte die Frau gut genug, um zu
wissen, dass sie nichts tat, ohne einen eigenen Vorteil zu gewinnen. Doch worin
lag er hier? Was hatte sie davon, wenn sie ihm half? Entweder wusste sie von
dem Verhältnis und war lediglich darauf aus, die vagen Behauptungen mit
Beweisen zu untermauern – aber Min-Tao war tot. Oder sie erwartete seine Gegenleistung
in irgendeiner Form. Hatte es etwas mit Min-Tao zu tun? War sie doch nicht tot?
„Himmel! Diese Frau hat genug Ärger gebracht“, dachte er.
    Schon am nächsten Tag machte er sich auf den Weg
in den Westen. Er hoffte, dass an den Vorwürfen nichts Wahres war, denn es
blieb ihm keine Zeit, eine Vorhut zu schicken, die vielleicht einen Eklat
verhindern konnte.
     
    Viele Meilen westwärts am Ufer des Xi-yang stand
Bao mit seiner Eskorte und beobachtete die ankommende Reiterschaft. Sie
wunderten sich nach wie vor über die offensichtliche Abwesenheit des
gegnerischen Kanzlers.
    „Das gefällt mir nicht“, raunte Ketùn seinem
Heerführer zu und auch die anderen Männer besprachen sich unauffällig.
    „Still. Wir warten ab“, befahl Bao.
    Die Ankömmlinge blieben stehen und einer der
Reiter lenkte sein Pferd auf sie zu. Er zog aus seinem Umhang die gelbe Fahne
der Immunität hervor, schwenkte sie vor den Augen aller herum und verkündete
mit lauten Worten: „Wir sind untröstlich, dass der Kanzler sich außerstande sah
zu kommen. In letzter Sekunde hatte er das Gefühl, in eine mögliche Falle zu
laufen und schickt stattdessen mich in der Funktion eines unantastbaren
Sprechers.“ Süffisant lächelnd blickte er auf die gelbe Fahne. Provozierend
fuhr er fort. „Mit Song zu verhandeln war

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