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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
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schon immer eine reine
Zeitverschwendung und wird es auch in Zukunft sein.“
    „Das ist eine Frechheit!“ Ketùn lehnte sich auf
seinem Pferd nach vorne.
    Doch Bao drückte ihn mit seinem linken Arm zurück.
„Halte dich zurück. Er besitzt Immunität.“
    Doch der Jüngere warf den Kopf leicht in den
Nacken und schnaubte durch die Nase. „Parlamentäre verhalten sich ehrenhaft,
was man von diesem Kerl nicht behaupten kann!“
    Der Gesandte von Xia lächelte beim Anblick seines
aufgebrachten Gegenübers und sprach gelassen weiter. „Es freut meinen Kanzler,
dass Ihr Euch auf den weiten Weg gemacht habt, um an diesem Treffen
teilzunehmen, aber wie Ihr seht, hat es nur Eure kostbare Zeit verschwendet,
die Ihr besser in Eurem Lager eingesetzt hättet.“
    Ketùn wurde zornig. „Was redet Ihr da für ein
wirres Zeug, Mann?“
    Doch Bao hatte es verstanden. Er hatte aufmerksam
zugehört und war mit jedem Wort unruhiger geworden. Ein fürchterliches Gefühl
beschlich ihn und am Ende glaubte er sich bestätigt.
    „Sie wollten Min-Tao!“ Noch während er es
aussprach, riss er an den Zügeln seines Pferdes, machte eine Wendung und ritt,
so schnell es ging, zurück zum Lager.
    Das Gefolge des Parlamentärs hatte die Schwerter gezogen,
weil sie mit einem Angriff gerechnet hatten und sahen verdutzt dem davonreitenden
Heerführer der Song hinterher.
    Auch Ketùn begriff nicht sofort, von wem Bao gesprochen
hatte, und es dauerte eine Weile, bis er sich den Sachverhalt zusammengereimt
hatte. Er ritt auf den Sprecher der Gegner zu und blieb so nah es ging, neben
ihm stehen. Mit bösem Blick und zornesblitzenden Augen raunte er den Mann an:
„Ihr könnt froh sein, dass Ihr unter dem Schutze der Parlamentärflagge reitet,
sonst hätte ich Euch auf der Stelle getötet. Wenn Ihr der Frau auch nur ein
Haar krümmt, so betrachtet mich als Euren schlimmsten Albtraum, der nicht eher
ruhen wird, bis dass das Blut Eurer Eingeweide an meinem Schwert klebt!“
    Dann kehrte auch er den Männern aus Xia den Rücken
zu und folgte, gemeinsam mit seinen Kameraden, im Galopp seinem Freund, der
bereits nicht mehr zu sehen war.
     
    Bao ritt ohne Pause und kam spät in der Nacht im Lager
an. Das Blut noch immer voller Adrenalin, sprang er vom Pferd und rannte in
sein Zelt. Niemand war dort zu finden. Nur wild durcheinander liegende Tücher
lagen da. „Das muss nichts heißen“, sprach er sich Mut zu, „vielleicht ist sie
bei den Ärzten.“ Er rannte in das Lager der Mediziner und suchte nach seiner
Geliebten. Doch auch dort war sie nicht zu finden. Keiner hatte sie während der
letzten Tage gesehen oder gehört. Alle hatten angenommen, sie blieb in ihrem
Zelt – wie er sie gebeten hatte.
    Bao sah sich wild um. Er atmete stoßweise aus und
fuhr sich mit den Händen durchs Haar. Was sollte er tun? Wo sollte er mit der
Suche beginnen? Mit Sicherheit hatten sie sie in das feindliche Lager gebracht.
Es war vielleicht dumm gewesen, sofort den ganzen Weg zurückzureiten. Bao
ärgerte sich, dass er in dieser Angelegenheit offensichtlich nicht seinen sonst
so kühlen Kopf bewahren konnte. Wäre es ein kriegerisches Manöver gewesen, hätte
er sofort gewusst, was zu tun war. So aber folgte er diffusen Gefühlen, die ihn
übermannt hatten.
     
    Mittlerweile war Ketùn bei ihm angekommen und erkannte,
dass Shao-Ma – oder wie auch immer sie hieß – nicht mehr da war. „Willst du mir
jetzt vielleicht endlich sagen, wer sie ist?“
    Bao sah seinen Freund an und ließ resigniert die
Schultern fallen. Er holte tief Luft, als ob er Mut einatmen wollte, und
erzählte Ketùn in groben Zügen die ganze Wahrheit; erzählte ihm von Min-Tao,
wie sie sich kennen gelernt hatten, wie sie es zu verdrängen versucht hatten
und letzten Endes nicht stark genug gewesen waren; erzählte ihm von den Jahren
der Trennung und wie sie sich wieder gefunden hatten. Über Shao schwieg er sich
allerdings aus. Diesen Aspekt seines Lebens wollte er mit niemandem teilen.
    Dann griff er nach seinem Schwert und reichte es
Ketùn mit den Worten: „Hier! Stich zu, wenn du es für richtig hältst.“ Er
klopfte sich auf die Brust, wo das Herz rasend schlug. „Ich bin ein Verräter
und habe die Ehre meines Kaisers und des Landes beschmutzt.“
    Ketùn sah seinen Freund an, blickte auf das
Schwert und man sah, wie die Neuigkeiten in ihm arbeiteten. Er wirkte einige
Zeit wie hin- und hergerissen, und wer seine Gefühle zu Shao-Ma kannte, der
wusste, dass er in dieser Angelegenheit

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