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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
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einen Groll gegen Bao hegte. Er griff
nach dem Schwert und hielt es in der Hand. Venen an seinen Schläfen traten
hervor und die Muskeln an seinem Kiefer zuckten wild, während seine Faust den
Schaft des Schwertes umklammerte. Nach einer Weile aber warf er es zu Boden und
sah Bao fest in die Augen.
    „Ich habe sie kennen lernen dürfen und ich kann
deine Gefühle verstehen“, sagte er. „Es steht mir nicht zu, über dich zu
urteilen, denn ich weiß nicht, ob ich nicht genauso gehandelt hätte. Wir beide
haben Seite an Seite gekämpft und ich war dir stets zu Diensten. Ich bin es
auch in Zukunft und biete dir meine Hilfe an, deine Frau zu befreien. Sag mir,
was du tun willst!“
    Beide Männer schluckten schwer, bevor sie sich in
die Arme fielen. Bao klopfte Ketùn immer wieder auf den Rücken und dankte dem
Himmel für einen so treuen Freund. Dann schaute er ihm ins Gesicht und sagte:
„Komm! Wir ziehen noch heute in den Kampf!“

34   Es IST… GENUG (1)
     
    Im Lager der Xia, 6. Mondmonat 1076
     
    „Kanzler! Die Song sind auf dem Weg hierher! Sind
die diplomatischen Verhandlungen fehlgeschlagen?“ Ein Offizier, der
offensichtlich nicht in alles eingeweiht war, kam in Mi Kejians Zelt gerannt
und berichtete aufgeregt von den Neuigkeiten, die die Späher ihm soeben
eröffnet hatten.
    „Mit den Song zu verhandeln bringt nichts“,
wiederholte sich der Kanzler. „Das war schon immer meine Rede!“ Und mit einer
gewissen inneren Zufriedenheit fügte er hinzu: „Sie kommen also!“
    „Es sind um ein Vielfaches mehr als wir, Kanzler!
Wie sollen wir einer solchen Übermacht entgegentreten?“
    „Das soll nicht mein Problem sein, nicht wahr?“,
fragte er mit freundlicher Stimme seinen perplexen Offizier, der nicht wusste,
wie er auf diesen Kommentar reagieren oder was er antworten sollte. Wortlos
drehte er sich um und verließ das Zelt seines Anführers.
     
    Ketùn hielt sich neben Bao im Dickicht des Waldes
versteckt. „Da rennen sie gen Osten. Fast tun sie mir schon leid. Sie werden es
nicht leicht haben, gegen unsere Männer zu kämpfen. Wir haben die Übermacht,
auch wenn wir nur einen Teil geschickt haben.“
    „Das soll jetzt nicht unsere Sorge sein. Wenn wir
die Xia noch mehr schwächen, als sie es ohnehin schon sind, dann kann der Weg
bis zur Einheit nicht mehr allzu weit sein. Jetzt aber müssen wir sehen, dass
wir Min-Tao finden!“
     
    ***
    Wütend lag ich, an Händen und Füßen gefesselt, am
Boden eines Zeltes. Meine Augen waren verbunden und in meinem Mund steckte ein
zusammengeknülltes Tuch, das nach Schweiß und Erde schmeckte. Ich musste mich
gut konzentrieren, um mich nicht zu übergeben. Die ganze Zeit suchte ich
fieberhaft nach einer Möglichkeit, fliehen zu können, doch die Fesseln waren zu
eng und ich konnte mich kaum bewegen, wenn ich nicht meine Haut blutig scheuern
wollte. Mein Körper lag unbequem verdreht am Boden und meine Muskeln begannen
schon zu schmerzen. Blind lauschte ich auf die Geräuschkulisse außerhalb des
Zeltes. Der Tumult, der im Lager ausgebrochen war, blieb nicht unbemerkt und
ich hoffte inständig, dass Rettung nahen möge. Aber es kam niemand und im Lager
wurde es wieder still. Keiner schien sich um mich zu kümmern.
    Schließlich hörte ich doch Schritte und ein
Luftzug wehte mir ins Gesicht, als sich der Zelteingang öffnete. Jemand –
offensichtlich ein Mann – griff grob nach mir und zerrte mich auf die Beine.
Ich spürte kaltes Eisen an den Füßen und merkte, dass er mir die Fußfesseln aufschnitt.
Dass er mir dabei in die Haut schnitt, kümmerte ihn offensichtlich nicht, und
ich wimmerte vor Schmerz.
    „Hab dich nicht so, Weib!“, höhnte der Mann und ich
erkannte die Stimme. Es war dieser verfluchte Mi Kejian. Er zerrte mich hinter
sich her, und schließlich spürte ich den Körper eines Pferdes. Hände hoben mich
in einen Sattel. Dann stieg jemand hinter mir auf und presste sich grob an
mich.
    „Wage es ja nicht, dich vom Pferd fallen zu
lassen, Weib!“ Also saß Kejian hinter mir. Aber warum war es im Lager so still?
Wohin brachte er mich?
     
    Das Pferd setzte sich in Bewegung und ich wäre
beinahe tatsächlich vom Pferd gefallen, wenn dieser widerliche Mann mich nicht
so fest an sich gedrückt gehalten hätte. Die Augen waren mir nach wie vor
verbunden, der Knebel schien immer größer und größer zu werden, und auch die
Hände konnte ich nicht bewegen. Es war sehr unbequem; mein Gesäß schlief
allmählich ein und meldete sich mit einem

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