Die Geliebte des Koenigs
ihrem ganzen Leben hatte sie außer etwas Modeschmuck, einer antiken Kamee von ihrer Großmutter und den geerbten Ringen ihrer Mutter nie etwas wirklich Wertvolles besessen.
„Ich fühle mich damit nicht wohl, Sharif.“
„Aber du siehst entzückend aus. Einfach atemberaubend. Wie ein Schatz.“
Zwar war das ein Kompliment, doch Jesslyn nahm die Schärfe in seiner Stimme durchaus wahr, die unausgesprochene Wut, die in seinen Worten mitschwang.
„Vielleicht sollten wir jetzt lieber zum Essen gehen“, schlug sie tonlos vor.
„Ein letztes Geschenk … bitte nimm deine Haare aus dem Nacken.“
Wie in Trance wandte Jesslyn sich um und schob ihr Haar zur Seite. Seine Berührung jagte ihr wohlige Schauer über den Rücken. Sie schloss die Augen. Bilder tauchten vor ihrem inneren Auge auf. Erinnerungen. Sie wollte es nicht … aber sie genoss seine Berührungen, wollte mehr.
Und plötzlich spürte sie seine warmen Lippen auf ihrem empfindlichen Nacken. Ihr stockte der Atem.
„Ja …“, raunte Sharif ihr ins Ohr. „So ist es wirklich perfekt.“
Er machte einen Schritt zurück, und reichte Jesslyn die Hand, als sie sich umdrehte. „Dinner, laeela …“
Sie aßen draußen. Am anderen Ende des Innenhofes wartete in einem elfenbeinfarbenen Zelt, das durch einen filigranen Kristalllüster erhellt wurde, ein festlich gedeckter Tisch auf sie. Auf dem Tisch standen drei Kerzenleuchter. Das kostbare chinesische Porzellan schimmerte sanft im flackernden Kerzenschein. In einer flachen Schale mit Wasser schwammen weiße Rosenblüten und Lilien. Durch den betörenden Duft der Blumen fühlte Jesslyn sich schwindelig.
Oder lag es eher daran, dass Sharif sie so eindringlich betrachtete, dass sie das Gefühl hatte, nicht mehr richtig atmen zu können?
Zu Beginn des Dinners wurden einige köstliche Vorspeisen serviert – von mit Feta und Kapern gefüllten Peperonischoten, über Artischockenherzen mit Ingwer, Honig und Limone, bis zu gerösteten Mandeln und Knoblauchsuppe mit Chili und Trauben. Dann folgten weitere Gänge: würziges Kefta , Fleischbällchen aus Lammfleisch in Ingwer-Zitronen-Sauce, Rindfleisch tajine mit süßen Kartoffeln, scharfe Koftas aus Rindfleisch mit Kichererbsenpüree.
Die Krönung des Festschmauses war eine Auswahl an Desserts. Neben Feigen und Birnen in Honig gab es Sharifs Lieblingsnachspeise: m’hanncha – knusprige Teigröllchen, gefüllt mit süßer Mandelpaste, die mit Zimt und Orangenwasser abgeschmeckt war.
Jesslyn wollte auf den Nachtisch verzichten – sie war zu satt, zu nervös und wollte eigentlich nur noch gehen. Doch Sharif orderte für sie eine Kostprobe von jedem Dessert und starken Kaffee.
Nachdem das Personal sich zurückgezogen hatte, lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück. „Du hast gesagt, Schardscha sei für dich so etwas wie eine Heimat geworden. Aber wie bist du überhaupt darauf gekommen, deinen Wohnsitz in die Vereinigten Arabischen Emirate zu verlegen?“
Jesslyn bewegte sich unbehaglich auf ihrem Sitz. Sie spürte die Perlen der langen Kette auf ihrer Haut. Die Wärme des kostbaren Schmuckstücks war seltsam erregend.
Sie räusperte sich. „Als ich in London an der amerikanischen Schule unterrichtete, hörte ich, dass in Dubai eine neue Schule eröffnet werden sollte. Die Bezahlung war gut und London langweilte mich. Deshalb habe ich mich für ein Jahr beworben, bin dann allerdings nie wieder nach England zurückgekehrt.“
„Wie lange hast du in Dubai unterrichtet, bevor du nach Schardscha umgezogen bist?“
„Nur ein Jahr. Die Privatschule in Schardscha gefiel mir besser. Es gab kleinere Klassen, mehr Lehrer, und die Möglichkeit, sich in der Unterrichtsgestaltung einzubringen. Das gefiel mir.“
Sie verschwieg ihm, was ein weiterer Grund für ihren Umzug nach Dubai gewesen war. Sie vermisste ihre Freundinnen, vermisste Jamila, Aman – und sie vermisste Sharif.
Wie sollte sie ihm erklären, dass sie sich ihnen durch ihren Job in den Vereinigten Arabischen Emiraten näher fühlte? Dass sie sich hier wohler fühlte als sonst wo auf der Welt?
„Aber du hast die Vereinigten Arabischen Emirate vorher nie besucht“, beharrte er.
„Nein, aber … ich habe deine Schwestern so schrecklich vermisst. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, sie hier noch stärker zu spüren. Hier konnte ich mir sogar einbilden, ihnen eines Tages zufällig über den Weg zu laufen … weißt du, was ich damit meine? Einfach um eine Ecke zu biegen, in Jamilas funkelnde Augen
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