Die Geliebte des Koenigs
tot zur Welt.“
Jesslyn schluckte heftig. Wie schrecklich, die Ehefrau und das Neugeborene auf einen Schlag zu verlieren und mit drei kleinen Kindern zurückzubleiben. „Das tut mir sehr leid.“
„Sie hat ihrem Körper einfach keine Chance gelassen, sich zwischen den Schwangerschaften zu erholen. Nach jedem Kind wollte sie es gleich wieder versuchen. Und immer wieder … Es war verrückt. Es …“ Er brach ab und fuhr sich mit der Hand über die Augen. „Es hat sie schließlich umgebracht.“
Wenn Jesslyn an Sharifs wunderschöne, adelige Frau denken musste, hatte sie immer Eifersucht verspürt. Vor allem, nachdem sie zufällig ein Bild von Prinzessin Zulima in einer Hochglanzillustrierten gesehen hatte. Doch in diesem Moment schlug dieses Gefühl in aufrichtiges Mitleid um. „Aber warum habt ihr es derart überstürzt?“, fragte sie spontan. „Ihr wart jung und hättet euch Zeit lassen können mit weiteren Kindern. Immerhin hattet ihr bereits die Mädchen.“
Die Mädchen!
Damit habe ich mir meine Frage wahrscheinlich schon selbst beantwortet, schoss es ihr durch den Kopf.
Sharif braucht Söhne, wenn er König von Sadad ist , hörte sie die Stimme seiner Mutter sagen. Er braucht Thronerben, die Sie ihm nicht schenken können, oder?
Es hatte sie fast umgebracht, diese abschätzigen Worte aus Königin Reynas Mund zu hören.
„Trotz allem warst du aber glücklich mit deiner Frau, nicht wahr?“, fragte Jesslyn leise. „Du hast es nie bereut, sie zu heiraten …“
Sharif runzelte die Stirn. „War das eine Frage oder eine Feststellung?“
„Ich bin nicht sicher, vielleicht beides.“
Als Sharif langsam den Kopf schüttelte, hielt sie unwillkürlich den Atem an. „Wahrscheinlich hätten wir nie hier in den Palast ziehen dürfen. Wahrscheinlich hätten wir uns lieber ein eigenes Heim schaffen sollen.“
„War es denn hier schwierig für Zulima?“
„Für uns beide.“ Er zuckte müde die Schultern. „Aber sie hat sich nie beklagt.“
Wie die Kinder, dachte Jesslyn und fühlte ein seltsames Unbehagen in sich aufsteigen. „Es hört sich an, als sei sie ein besonders liebenswerter Mensch gewesen. Ich hätte mich wirklich gefreut, sie kennenzulernen.“
Sharif lachte bitter auf und fuhr sich durchs Haar. „Nein, hättest du nicht. Zulima war schön, aristokratisch und sehr wohlerzogen. Aber sie war nicht freundlich und herzlich. Sie hatte nichts übrig für Menschen, die nicht wie sie …“
„Aus einem Königshaus stammten?“, vollendete Jesslyn den Satz für ihn.
„Bedeutend, einflussreich waren“, versuchte er abzuschwächen. „In dieser Hinsicht waren meine Mutter und sie sich sehr ähnlich.“
„Dann haben sie sich gut verstanden?“
„Zulima hat meine Mutter gehasst.“
„Weil sie sich in alles einmischte?“
„Weil sie nicht gebürtig aus einem Königshaus stammte.“ Sharif verschränkte die Arme vor der Brust. „Unter diesen Umständen war die Atmosphäre immer unbehaglich, immer spannungsgeladen. Immer wieder gab es Streit, ein Drama löste das nächste ab … Ich habe es gehasst! Jedem ging es so!“
Unwillkürlich zuckte Jesslyn zusammen. Was sollte sie darauf erwidern? „Vielleicht verhalten sich die Mädchen deshalb so befremdlich, wenn sie hier im Palast sind. Möglicherweise denken sie an diese leidvolle Zeit zurück.“
„Aber müssten sie in diesem Fall nicht in England glücklich sein und sich ins Internat zurücksehnen?“ Er schüttelte den Kopf. „Sobald du die drei kennengelernt hast, weißt du, wovon ich rede“, prophezeite er. „Kinder in dem Alter sollten eigentlich lachen und kichern. Doch sie lachen nicht. Und sie reden kaum – und wenn, dann nur miteinander.“
Nein, das war tatsächlich nicht normal für Kinder in dem Alter. „Was ist mit Zuneigung? Wo holen sie sich ihre Streicheleinheiten? Wo suchen sie Trost, wenn sie einen Albtraum hatten oder sich das Knie aufgeschlagen haben?“
„Ihre Nanny versucht dann, für sie da zu sein“, erwiderte er unsicher.
„Und was ist mit dir? Warum kommen sie nicht zu dir?“
„Ich weiß es nicht.“
„Aber du bist doch kein Monster! Du redest mit so viel Liebe von den Mädchen …“
„Ja, im Reden bin ich nicht schlecht, oder?“, unterbrach er sie bitter. Plötzlich neigte er lauschend den Kopf. „Sie sind da. Die Kinder sind angekommen …“
Die Begrüßung verlief noch viel angespannter und mühsamer, als Jesslyn es sich vorgestellt hatte. Die Schultern gestrafft und den Kopf
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