Die Geliebte des Koenigs
Schule!“
„Wir alle hassen sie“, gestand Saba. „Und wir hassen das Internat in England. Trotzdem müssen wir wieder hingehen.“
„Aber manchmal ist es sogar in England besser als hier …“, sagte Jinan und blickte ihre beiden Schwestern an.
Jetzt wird es langsam interessant, dachte Jesslyn und setzte sich wieder zu den Kindern auf den Boden. „Und wann ist es im Internat besser als zu Hause?“
Plötzlich waren alle drei wieder still und verschlossen. Schweigend blickten sie Jesslyn aus großen, ernsten Augen an, als hüteten sie ein dunkles, bedrückendes Geheimnis.
„Nun, ich denke, wir probieren es einfach doch mal mit einem Spiel. Und das erste geht so …“ Als sie es den Kindern demonstrierte, entlockte sie zumindest Takia ein leises Lachen.
Draußen vor der Tür stand Sharif und hörte zu, wie Jesslyn sich bemühte, seine Töchter in ihr Spiel mit einzubeziehen. Er war sich nicht sicher, ob es ihr gelingen würde, bis er Takias Lachen hörte.
Sein Herz zog sich schmerzvoll zusammen.
Er hatte dieses Lachen so lange nicht gehört.
Was war nur mit seinen Kindern geschehen? Und was mit ihm?
Er hatte versucht, mit ihrer Direktorin zu reden, aber es war nichts dabei herausgekommen. Und auch die neue Nanny war nicht an sie herangekommen. Bis auf ein höfliches Guten Morgen oder Gute Nacht sprachen seine Kinder nicht mit ihm.
Aber Jesslyn würde es schaffen, den Dingen auf den Grund zu gehen, dessen war er sich sicher. Mit diesem guten Gefühl im Magen lief er nach draußen, zu seiner wartenden Limousine.
Er wollte gerade einsteigen, als seine Mutter wie aus dem Nichts neben ihm auftauchte. „Du wolltest also einfach verschwinden, ohne dich von mir zu verabschieden?“, fragte sie kalt. Sie baute sich vor ihm auf und straffte die Schultern.
Sharifs Miene verdüsterte sich. „Wage es nicht noch einmal, meine Töchter ohne meine Erlaubnis aus der Stadt zu bringen.“
„Wir waren nur im Sommerhaus.“
„Hör mir genau zu, Mutter“, forderte er mit gefährlich leiser Stimme. „Entziehst du mir noch ein einziges Mal meine Kinder, bist du hier nicht mehr erwünscht. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“
„Du hast kein Recht, so mit mir zu reden!“, fauchte sie aufgebracht.
Sharif lächelte dünn. „Ich habe jedes Recht, wenn du mich öffentlich derart brüskierst.“
„Das habe ich nie getan.“
„Das gesamte Personal wusste, dass ich die Kinder gestern zur Teezeit ihrer neuen Lehrerin vorstellen wollte.“
„Der Verkehr …“
„Du verfügst über einen eigenen Helikopter, Mutter.“
Königin Reyna machte eine ungeduldige Handbewegung. „Wenn du derart darauf erpicht bist, plötzlich alles selbst in die Hand zu nehmen, warum fährst du dann jetzt weg?“
„Du weißt doch, dass ich einen wichtigen Termin in Paris habe. Und du weißt auch, dass ich nur den gestrigen Tag hatte, um mit den drei Kleinen zusammen zu sein“, brachte er mühsam beherrscht hervor.
„Ich kann unmöglich deinen Kalender im Kopf haben“, gab sie schnippisch zurück.
„Ich werde eine Extraausführung für dich machen, Mutter!“
„Mach das lieber für deine Kinder! Ich befürchte, sonst kann es passieren, dass dich deine Töchter eines Tages gar nicht mehr erkennen.“
Wortlos starrte er seine Mutter an, doch sie hielt seinem Blick unbeeindruckt stand. Dann wandte sich Sharif mit einem Ruck ab und stieg in seinen Wagen. „Am Wochenende bin ich zurück. Sag den Kindern, sie können mich jederzeit anrufen.“
Königin Reyna hob ihr Kinn. „Ruf du sie doch an.“
Sharif funkelte sie aufgebracht an. „Ich werde es versuchen, Mutter. Trotzdem muss sie dann jemand suchen und ans Telefon holen.“
Am späten Nachmittag brachte Jesslyn die Mädchen in einen Seitenflügel des Palastes, wo sie von ihrer Nanny, Mrs Frishman erwartet wurden. Jesslyns erster Eindruck von ihr fiel nicht sehr positiv aus. Die ältere Dame stammte aus der deutschsprachigen Schweiz und war extra für den Sommer engagiert worden.
„Ich sehe euch dann beim Abendessen wieder“, verabschiedete sich Jesslyn. „Dann könnt ihr mir erzählen, was ihr den restlichen Nachmittag über angestellt habt …“
„Die Kinder essen mit ihrer Großmutter zu Abend“, unterbrach Mrs Frishman sie scharf.
„Na, bestens.“ Die Mädchen blickten sie an. In ihren Augen konnte sie ihr Unbehagen lesen. Und auch ihr war mit einem Mal beklommen zumute. Was verschwiegen diese Kinder ihr?
Offensichtlich konnten sie noch nicht mit ihr
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